Niall Kishtainy u.a., Das Wirtschaftsbuch

„Aber gewappnet mit den Prinzipien der Wirtschaftswissenschaft, wie sie in diesem Buch dargestellt sind, werden Sie verstehen, wie wir in die heutige Situation gelangt sind. Und vielleicht beginnt sich dann ein erster Ausweg abzuzeichnen …“ (15)

Auch wenn wir alltäglich mit Meldungen und Informationen aus dem Bereich der Wirtschaft konfrontiert sind, bleiben die Mechanismen und Richtlinien auf denen die Wirtschaft basiert oder ausgerichtet wird, für die meisten Menschen schwer verständlich. „Das Wirtschaftsbuch“ versucht hinter die Kulissen des Wirtschaftsgetriebes zu blicken und erläutert und erklärt wichtige Begriffe und Zusammenhänge der Wirtschaftswissenschaft.

Bereits in der Einleitung wird auf die verschiedenen Zugänge und Denkansätze zum Thema Wirtschaft hingewiesen, wobei kurze Aphorismen bekannter Ökonomen diese unterschiedlichen Betrachtungsweisen pointiert auf den Punkt bringen. So erklärte die britische Ökonomin Joan Robinson:

Der Sinn und Zweck des Studiums der Wirtschaftswissenschaften besteht darin … zu lernen, wie man es vermeidet, von Wirtschaftswissenschaftlern übers Ohr gehauen zu werden. (15)

Anhand von sechs Kapiteln recht unterschiedlichen Umfangs werden die Entwicklung und Grundsätze der Wirtschaftswissenschaften im historischen Ablauf vorgestellt. Das 1. und kürzeste Kapitel „Die Anfänge des Welthandels – 400 v. Chr. – 1770 n. Chr.“ umfasst gleichzeitig den größten Zeitraum, nämlich mehr als 2000 Jahre. Allein daraus wird ersichtlich, dass sich unser Wirtschaftsleben vor allem in jüngerer Zeit maßgeblich zu ändern begonnen hat. Fragen die bereits von der Antike bis in die Neuzeit diskutiert wurden, sind u.a. „Eigentum als Privatbesitz“, „Was ist ein gerechter Preis“, „Sinn und Funktion des Geldes“, „Verhältnis von Protektionismus und Handel“ u.a.

Kapitel „Das Zeitalter der Vernunft 1770 – 1820“ beschäftigt sich mit den großen politischen aber auch wirtschaftlichen Umbrüchen in dieser bewegten Zeit, die sich durch eine Abkehr von der merkantilistischen Sicht des Wirtschaftens auszeichnet. Die zunehmende industrielle Produktion, die in Europa einsetzte, erforderte neue Zugänge und Märkte für den wachsenden Handel. Es entsteht die Idee der freien Marktwirtschaft, des ökonomischen Menschen aber auch Ideen über den Wert der Arbeit, über Steuergerechtigkeit und Angebot und Nachfrage.

Im Kapitel „Industrielle und wirtschaftliche Revolutionen 1820 – 1929“ werden bereits die veränderten Wirtschaftsstrukturen deutlich.

Der Schwerpunkt verlagerte sich von den Kaufleuten, die Handel mit den Waren treiben, auf die Produzenten, die Eigentümer des Kapitals. Der Kapitalismus brachte eine neue Art des wirtschaftlichen Denkens und neue soziale und politische Fragestellungen mit sich. (88)

Zu den großen Themen dieses Abschnittes gehören: Wettbewerb, Produktionszahlen, Wirtschaftsblasen, Arbeit und Klassengesellschaft, wirtschaftliches Gleichgewicht, Tarifverhandlungen u.a.

Kapitel „Krisen und Krieg 1929 – 1945“ zeigt wie das Vertrauen in die traditionellen Wirtschaftslehren vor dem Hintergrund der politischen und wirtschaftlichen Krisen verloren geht und neue ökonomische Ansätze gefordert werden. Vor die allem die Weltwirtschaftskrise in den 30-iger Jahren des 20. Jahrhunderts stellt das Vertrauen in die Fähigkeit des freien Marktes, Stabilität und Wachstum zu sichern, in Frage. Vor allem aus gesellschaftspolitischen Interessen werden staatliche Eingriff zur Lenkung der Wirtschaft erforderlich, wie z.B. Rosevelts“New Deal“ Programm, zur Überwindung der Wirtschaftskrise in Amerika.

Das Kapitel „Die Wirtschaft nach dem Krieg 1945 – 1970“ zeigt die wirtschaftliche Entwicklung in der Phase des Wiederaufbaus nach den Zerstörungen des Krieges. Mit der Gründung der Vereinten Nationen und Institutionen wie dem Internationalen Währungsfond, der Internationalen Bank für Wiederaufbau und dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen wird versucht nach den Auseinandersetzungen wirtschaftlich wieder enger zusammen zu rücken.

Während zu Beginn Keynes‘ Ideen die Errichtung von Wohlfahrtsstaaten forcierten, trat bald die Wiederbelebung des freien Marktes auf den Plan. Die Fortschritte in der Kommunikationstechnologie eröffnen die beginnende Globalisierung. Zu den wichtigsten Denkern dieser Zeit zählen: John Maynard Keynes, Maurice Allais, Milton Friedman, Robert Lucas, Andrew Oswald, Paul Prebisch u.a.

Kapitel „Zeitgenössische Wirtschaft 1970 bis heute“ schlägt schließlich die Brücke in die Gegenwart, wobei die Wende zu einer konservativen Politik in den USA und Großbritannien, den Glauben an die Selbstregulierungskraft der Märkte stärkte. Es werden aber auch schon kritische Zweifel an der Nachhaltigkeit des Monetarismus und der Markliberalisierung formuliert.

Ehemalige Entwicklungsländer wie China, Indien, Brasilien u.a. gewinnen zunehmend an Bedeutung in der Weltwirtschaft. Theorien entstehen, die Investments für nahezu risikolose Investitionen versprechen, oder das Verhalten von Menschen und Regierungen aus ökonomischer Sicht untersuchen und verarbeiten. Aber auch die Bedeutung sozialer Netzwerke, von Bildung, Klimawandel, Wirtschaft und Geschlecht, Schuldenerlässen oder das globale Ungleichgewicht der Sparguthaben werden inhaltlich erläutert.

Niall Kishtainys „Wirtschaftsbuch“ lässt kein Thema unbeantwortet und zeigt auf, wie sich die wirtschaftlichen Notwendigkeiten und Theorien abhängig von ihrer Zeit entwickeln und verändern. Der chronologischen Ausrichtung steht gleichzeitig eine thematische Gliederung gegenüber, die einen raschen und grundlegenden Einblick in die wesentlichsten wirtschaftlichen Fragen, Probleme und Theorien einer jeweiligen Epoche bieten.

Anhand konkreter Beispiele werden komplexe Themen, sowie die unterschiedlichsten Positionen und ihre Prämissen verständlich erläutert. „Das Wirtschaftsbuch“ erweist sich als herausragender Führer durch die Welt der Wirtschaft und ihrer Theorien, der nicht nur Leserinnen und Lesern die sich neu für das Thema „Wirtschaft“ interessieren empfohlen werden kann.

Niall Kishtainy u.a., Das Wirtschaftsbuch. Wichtige Theorien einfach erklärt, ill. v. , übers. v. Ute Mareik [Orig. Titel: The Economics Book. Big Ideas Simply Explained]
München: Dorling Kindersley 2013, 352 Seiten, 25,70 €, ISBN 978-3-8310-2386-8

 

Weiterführender Link:
Dorling Kindersley: Niall Kishtainy u.a., Das Wirtschaftsbuch

 

Andreas Markt-Huter, 01-04-2014

Bibliographie

AutorIn

Niall Kishtainy u.a

Buchtitel

Das Wirtschaftsbuch

Originaltitel

The Economics Book. Big Ideas Simply Explained

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2013

Verlag

Dorling Kindersley

Reihe

Wichtige Theorien einfach erklärt

Illustration

James Graham

Übersetzung

Ute Mareik

Seitenzahl

352

Preis in EUR

25,70

ISBN

978-3-8310-2386-8

Kurzbiographie AutorIn

Dr. Niall Kishtainy ist Lehrer an der London School of Economics. Früher war für internationale Wirtschaftsentwicklung in Afrika und im Nahen Osten sowie als Regierungsökonom und Journalist tätig.