Österreichische Leseoffensiven - Ein Blick in die Bundesländer

Die Testergebnisse der letzten beiden PISA-Untersuchungen zur Lesekompetenz unserer jugendlichen Schülerinnen und Schüler hat in den letzten Jahren in so manchen Bundesländern zu verstärkten Bemühungen im Bereich der Leseförderung geführt.

Wien

In den Wiener Schulen wurde im April 2011 erstmals eine flächendeckende Erhebung zur Feststellung der Lesekompetenz aller Schülerinnen und Schüler der 4. und 8. Schulstufe durchgeführt. Mit der Durchführung der Tests wurde das Bifie-Institut betraut, die auch für die Durchführung der PISA-Tests in Österreich verantwortlich sind. Mit diesen individuellen Ergebnissen soll es möglich sein, die Schülerinnen und Schüler gezielt zu fördern. Ende Februar 2012 soll der Wiener Lesetest in die zweite Runde.

Zwar hat das Ergebnis des Tests keine Auswirkungen auf die Noten der jeweiligen Kinder, wohl aber werden nach dem Schulwechsel im Herbst die neuen Lehrerinnen und Lehrer über mögliche Leseschwächen informiert. Für die geplante Startwoche Lesen wurden die Lehrer, die eigens dafür geschult um individuelle Probleme beim Lesen besser diagnostizieren können. Die allerschlechtesten Schülerinnen und Schüler, das waren im Jahr 2011 ca. 200 SchülerInnen, absolvierten einen sogenannten Crashkurs in Lesen. Dazu werden sie einige Wochen aus der Klasse genommen, um sich ganz auf die Verbesserung ihrer Lesekompetenz zu konzentrieren. Für ca. 3.700 Schülerinnen und Schüler gab es Intensivkurse zum Lesen.


Das Projekt LesepatInnen wird an den Wiener Volksschulen durchgeführt und soll leseschwache Schülerinnen und Schüler unterstützen. Quelle: Stadtschulrat für Wien

Als große Stärken des Lesetests streicht der Stadtschulrat für Wien hervor, dass alle Schülerinnen und Schüler der 4. und 8. Schulstufe flächendeckend getestet werden. Bei den 5.000 leseschwächsten SchülerInnen des 1. Tests wird nach 5 Monaten Förderung nachgetestet, um den Grad der Verbesserung zu ermitteln. Zu den weiteren Stärken des Tests gehört, das die Lesefähigkeit genau und individuell ermittelt werden könne und alle SchülerInnen ihr persönliches Testergebnis erfahren.

Der Wiener Lesetest findet jedoch nicht ungeteilte Zustimmung. Der Bildungsexperte Stefan Hopmann kritisiert, dass die Testergebnisse nur bei einigen Schülern deren tatsächliche Lesekompetenz widerspiegle, während bei allen anderen falsche Ergebnisse an Schüler, Eltern, Lehrer, Direktoren, Schulinspektoren und weiterführende Schulen weitergegeben werden.  
(Wiener Zeitung: Der Wiener Lesetest ist ein generelles Missverständnis)

Hopmann bezeichnet den Lesetest daher sogar als ethisch nicht vertretbar, weil Schüler abgestempelt werden. (Wiener Zeitung: Lesetest ethisch nicht vertretbar)

Eine weitere Maßnahme zur Leseförderung ist das Projekt LesepatInnen, das an den Wiener Volkschulen durchgeführt wird. Knapp 700 LesepatInnen unterstützen derzeit Wiener Kinder beim Lesen lernen. Mit dieser Initiative sollen leseschwache Schülerinnen und Schüler unterstützt werden. Dazu kommen Seniorinnen und Senioren ehrenamtlich an die Schulen, um mit den Kindern das Lesen zu üben. Damit erhält jedes Volksschulkind 25 Minuten Intensivbetreuung beim Lesen. Projekt LesepatInnen ist Riesenerfolg: 695 PatInnen bereits im Einsatz!
Stadtschulrat für Wien: Projekt LesepatInnen ist Riesenerfolg: 695 PatInnen bereits im Einsatz!

Vorarlberg

In Österreichs westlichstem Bundesland in Vorarlberg steht die kindergerechte Vermittlung der Grundkompetenzen Reden, Lesen, Schreiben und Rechnen im Mittelpunkt der Vorarlberger Bildungspolitik. Hier wird der Schwerpunkt der Maßnahmen beim Übergang vom Kindergarten in die Volksschule gelegt.
Vgl.: Der Standard: Lesen, Schreiben, Rechnen - Vorarlberg will sich auf Volksschulen konzentrieren

Im Leseaktionsplan der Vorarlberger-Landesregierung, der im März 2011 vorgestellt worden war heißt es:

Der Leseaktionsplan stellt das Lesen und die moderne Leseförderung altersgerecht sowie für Mädchen und Buben umfassend in den Mittelpunkt.


In Vorarlberg wird den Öffentlichen Bibliotheken eine wichtige Rolle bei der Leseförderung beigemessen. Quelle: Vorarlberg Online

Neben den bereits bestehenden Maßnahmen wie z.B.

  • Information und Mitwirkung der Eltern
  • Förderung der Lesefreude bei Kindern, Erstlesen
  • Landeskoordinator Lesen
  • Überprüfung der Lesefähigkeit
  • Beobachten, Erkennen und Fördern von Leseschwächen
  • Lesewettbewerbe (zB. Selektissima)

Die weiter vertieft werden sollen sind neue Maßnahmen-Schwerpunkte wie:

  • Bücherpaket für Kleinkinder durch Kinder in die Mitte in Vorbereitung
  • Moderne Lesematerialen für Schulen und Bibliotheken
  • Lesen für Mädchen und Buben,
  • Lesen für Migrantenkinder,
  • Lesen mit neuen Medien
  • Lesebeauftragte an allen Schulen
  • Mehr Lesepaten, Leseomas, Leseopas
  • Leseaktionen in Kindergärten, Volksschulen und Büchereien
  • Lesepass/Leseabzeichen als Anreiz; Wettbewerbe, Lesebravo
  • Spezielle Leseschwerpunkte in der Aus- und Fortbildung (BAKIP/PH)

Als weitere Maßnahme unterstützt die Vorarlberger Landesregierung die öffentlichen Bibliotheken und unterstreicht damit die Bedeutung der Büchereien als unverzichtbare Partner im Rahmen der Leseoffensive Lust auf Lesen.
Vorarlberg Online: Unverzichtbare Partner in Sachen Leseoffensive

Steiermark

In der Steiermark wird den Öffentlichen Bibliotheken im Bereich der Leseförderung eine zentrale Rolle beigemessen. Im Herbst 2008 wird auf Initiative und mit Unterstützung des Bildungsressorts der Steiermärkischen Landesregierung und des Lesezentrums Steiermark die Leseoffensive Steiermark ins Leben gerufen.


Die Leseoffensive Steiermark verfolgt das Ziel, Kinder zum zu Lesen motivieren, die Freude an Büchern zu fördern und Eltern für das Vorlesen und Erzählen zu begeistern. Quelle: Leseoffensive Steiermark

Ziel dieser Einrichtung, in der Bibliotheken und Initiativen im Bereich der Leseförderung zusammenarbeiten ist es, Kinder zum zu Lesen motivieren, die Freude an Büchern zu fördern und Eltern für das Vorlesen und Erzählen zu begeistern. Besonders Eltern und PädagogInnen sollen an die Bedeutung der frühzeitigen Leseförderung als wichtiger Bestandteil der Erziehungsarbeit erinnert werden. Steirerinnen und Steirer aller Altersstufen sollen für das Lesen begeistert und ihnen die Angebote der regionalen Bibliotheken näher gebracht werden.

Aktionen im Rahmen der Leseoffensive Steiermark sind die Geburtstagsbuchaktion, wo 5.000 steirische Kinder zu ihrem 2. Geburtstag ein ausgewähltes Spielbilderbuch erhalten haben. Als weitere Aktion verteilen seit Herbst 2009 die Bibliotheken an steirische LeseanfängerInnen das Erstlesebuch Der Piratenhund und andere Tiergeschichten, einen Stickerbogen und ein Lese-Logbuch, in dem Titel und Autor der gelesenen Bücher sowie eine Bewertung der Lektüre festgehalten werden können.
Land Steiermark - Referat Familie: Leseoffensive Steiermark - Bücher verbinden Menschen

 

Andreas Markt-Huter, 30-01-2012

 


Weiterführende Links:
Lesepartnerinnen
Leseoffensive Steiermark

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