Milovan Djilas, Der Krieg der Partisanen

„Es ist weitaus schwieriger und beschwerlicher, über eine historische Tragödie zu berichten, als sie hervorzurufen oder an ihr teilzunehmen.“ (9) Dieser erste Satz des Partisanen-Buches hat die Kraft eines ganzen Studiums.

Als Milovan Djilas in den 1970er Jahren seine literarischen Lebenserinnerungen über den Krieg der Partisanen vorlegt, muss er dies in englischer Übersetzung im westlichen Ausland tun, zu Hause im Tito-Land ist er nämlich längst in Ungnade gefallen. Das zeigt ja auch das Hauptproblem des Partisanentums: Wer ist ein Echter und wer muss liquidiert werden?

Das Buch setzt 1941 ein, als Jugoslawien vor allem in deutsche und italienische Verwaltungsteile zerlegt ist. Widerstand kommt aus Teilen des ehemaligen Königreichs, das offensichtlich schnell aufgegeben hat und von der kommunistischen Partei.

Milovan Djilas bricht sofort in seine direkte Heimat Montenegro auf, um den Widerstand zu organisieren. „In Montenegro werden seit Menschengedenken Ideen in reinster Form verwirklicht, nämlich als Gewalt.“ (14) Die Sache gelingt nicht, und seither haftet dem Autor immer der Makel des Zweiten an, vor allem wenn er Tito gegenübertreten muss.

In der Folge werden die Ereignisse aus durchaus subjektiver Sicht beschrieben, wobei der Erzähler ständig in Bewegung ist. Partisanentum heißt nämlich, immer in Bewegung zu sein, weil der Partisan nur jenen Boden besitzt, auf dem er gerade steht.

Aber sogar der Ausdruck Partisan ist nicht selbstverständlich, er ist dem Sowjet-Wesen entnommen, der Autor hätte lieber von Guerilleros gesprochen, zumal viele Kämpfer auch schon im Spanischen Bürgerkrieg gewesen sind.

Selbst eine unorthodox kämpfende Armee wie die Partisanische hat oft klassische Probleme. Wie lassen sich die Kämpfer verwalten und motivieren, wer ist der Feind, wer ist ein Kollaborateur? Der Feind lässt sich gerade in Jugoslawien nicht genau ausmachen, weil die großserbischen Tschetniks meist mit den Deutschen kollaborieren.

Berührend sind immer jene Szenen, wenn sich die Bevölkerung einer Widerstandsgruppe anschließt, von dieser aber liquidiert wird, weil es gerade die falsche ist. Überhaupt wird über Leichen gegangen, auch sprachlich. Der Autor ist vor allem für die Motivation und Bildung zuständig, dabei bedient er sich der Jugo-Prawda „Borba“, worin es ständig um Motivation geht. Persönlich schätzt er die Lage nüchtern ein.

Das Leben verlor jeden Sinn außer dem des Überlebens. (200)

Als der große Krieg in Europa vorbei ist, bekommt der Erzähler einen Jeep, um die Propaganda besser betreiben zu können, Tito wird Marschall und kriegt eine neue Uniform, damit er seine Position gegenüber Stalin und Churchill besser darlegen kann. Die beiden schauen einander kurz an und reden von fifty-fifty, sie werden Jugoslawien teilen. Also ist der Kampf noch nicht zu Ende, für Partisanen scheint es nie ein Nachher zu geben.

Natürlich wird der gewiefte Historiker auch andere Quellen lesen, für den normalen Leser aber gilt die Parole: mit einem musst du anfangen. Und Milovan Djilas ist nicht der schlechteste Einstieg in eine Epoche, die sich tatsächlich kaum beschreiben lässt.

Milovan Djilas, Der Krieg der Partisanen. A. d. Serbokroat. von Branko Pejakovic, mit einem Vorwort von John. K. Cox
Klagenfurt: Sisyphus Verlag 2016, 600 Seiten, 20,80 €, ISBN 978-3-901960-92-5

 

Weiterführende Links:
Sisyphus Verlag: Milovan Djilas, Der Krieg der Partisanen
Wikipedia: Milovan Djilas

 

Helmuth Schönauer, 02-01-2017

Bibliographie

AutorIn

Milovan Djilas

Buchtitel

Der Krieg der Partisanen

Erscheinungsort

Klagenfurt

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

Sisyphus Verlag

Übersetzung

Branko Pejakovic

Seitenzahl

600

Preis in EUR

20,80

ISBN

978-3-901960-92-5

Kurzbiographie AutorIn

Milovan Djilas, geb. 1911 in Montenegro, starb 1995 in Belgrad.