Stadtgemeinde Bozen (Hg.), BZ‘18-‘45: Ein Denkmal, eine Stadt, zwei Diktaturen

Titelbild: Bozen - Ein Denkmal, eine Stadt, zwei DiktaturenDas Siegesdenkmal steht zwar in Bozen, beschäftigt aber wie jedes gute Denkmal das ganze Land, in diesem Falle ganz Tirol. Das Siegesdenkmal ist wie jedes gute Denkmal ständig vom Abriss bedroht und bringt dadurch ständig einen Diskurs auf die Beine. Abermals ein Beweis, dass es ein gutes Denkmal ist. Das Siegesdenkmal ist zur Zeit Anlass und Ort für eine denkwürdige Ausstellung, in der Macht, Herrschaft, Kultur, Baugeschichte und Gebrauch von Geschichte denkwürdig zum Ausdruck gebracht sind.

Das Denkmal wird zwischen 1926 und 1928 nach einem Entwurf des bedeutenden italienischen Architekten Marcello Piacentini errichtet. Benito Mussolini widmet es dem „italienischen Sieg“, und Inschriften von Barbaren, denen man Sprache und Schrift bringen muss, zeugen davon, dass hier auf freier Wiese zwischen Bozen und Gries jetzt ein anderer Wind weht. Das Denkmal darf auch nicht für sich alleine stehend analysiert werden, man muss sich immer den ganzen Stadtteil hinzu denken, wie ja auch der Architekt das Denkmal nur als Eintrittskarte für seine Bautätigkeit im ganzen Viertel gesehen hat.

Der Katalog widmet sich der Ausstellung, die rund um das Fundament herum aufgebaut ist, und worin auch ähnliche Bauten in ähnlicher politischer Preislage gezeigt werden.

Ein Denkmal-ABC deutet an, dass es bei einem solchen Ding um weit mehr geht als um Pfeiler und Bögen, da gibt es etwa Altar, Krypta, Colonnen, Hermen und Inschriften. Alles wird sauber dechiffriert und man staunt, was für Botschaften sich in so einem Gemäuer unterbringen lassen.

Ein historischer Abriss zeigt ohne Denkmal-Abriss, was mit Südtirol alles passiert ist, als der erste Weltkrieg aus ist. Wie sich relativ rasch und logistisch einwandfrei eine Verwaltung durchsetzt, die allumfassend ist. Zur Neuordnung, wie sie nach jedem Krieg zu geschehen hat, kommt jetzt eine Umordnung dazu in Sprache, Politik und Kultur. Das Denkmal ist dabei eine sichtbare Verankerung dieser neuen Ideen. Wollte man heutzutage ein Siegesdenkmal bauen, würde man wahrscheinlich einen Kreisverkehr wählen, der durch seine offene Geschlossenheit alles über unsere Gesellschaft sagt.

Auch der Reflex, das Siegesdenkmal immer wieder abzureißen, zeigt den Zustand einer Gesellschaft. Dabei hat gerade das Siegesdenkmal die Kraft, alle Diktaturen und selbstverspielten Autonomien bestens zu begleiten.

In Innsbruck wollten zu Silvester 2016 Putschisten des guten Geschmacks und jeglichen Feingefühls eine plumpe Wallnöfer-Bronze vor dem Landhaus aufstellen. Vielleicht hat die gelungene Diskussion um das Bozner Denkmal dazu beigetragen, dass die Freunde der Demokratie genug Selbstbewusstsein und Argumente vorgebracht haben, um diese Nacht- und Nebelbüste vom verbal vollgestopften Landhausplatz fernzuhalten.

Stadtgemeinde Bozen (Hg.), BZ‘18-‘45: Ein Denkmal, eine Stadt, zwei Diktaturen. Fotos
Bozen: folio Verlag 2016, 159 Seiten, 9,90 €, ISBN 978-3-85256-713-6


Weiterführende Links:
Stadtgemeinde Bozen (Hg.), BZ‘18-‘45
Wikipedia: Siegesdenkmal Bozen

 

Helmuth Schönauer, 29-01-2017

Bibliographie

Buchtitel

BZ‘18-‘45: Ein Denkmal, eine Stadt, zwei Diktaturen. Fotos

Erscheinungsort

Bozen

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

Folio Verlag

Herausgeber

Stadtgemeinde Bozen

Seitenzahl

159

Preis in EUR

9,90

ISBN

978-3-85256-713-6