Peter Paul Wiplinger, Lebenswege

Buch-CoverEine Erinnerung lässt sich vielleicht sammeln und ordnen, sie bricht aber immer wieder aus und geht ihre eigenen Wege.

Peter Paul Wiplinger tut der Erinnerung daher keinen Zwang an, er lässt sie gewähren wie ein Stück Zeitgeschichte, pflegt sie als Archivar eines ganzen Jahrhunderts, kümmert sich um seine Familiengeschichte, um Bilder, die an der Kippe zum Verlorengehen sind. Und ab und zu widmet er sich augenzwinkernd der Dokumentation seines eigenen Lebens.

?Und eigentlich weiß ich bis heute nicht, ob ich mein Leben richtig gelebt habe; ob das, was man mein Leben nennt, überhaupt mein Leben ist. (135)

Im Sinne einer vitalen Chronik wird alles zusammengetragen und jede Begebenheit darf sich ihren Platz in der Erinnerung selbst wählen. Es geht weit zurück zu den Vorfahren im oberösterreichischen Haslach, der Vater des Autors war dort Bürgermeister und hat fotografiert. Anhand dieser Bilder und der eigenen Sammlung wird die Geschichte präsentiert, zum Teil in faszinierenden Nuancen, wenn etwa Andachtsbildchen die stille Geschichte einer ruhig gehaltenen Seele erzählen.

Im zweiten Teil geht es um die biographischen Stationen Peter Paul Wiplingers. Aus Tiroler Sicht sticht hier der Aufenthalt als Freigänger in Hall hervor, der Kampf um einen Kostplatz, die Reibereien mit den Zuchtmeistern rundum und die ersten freien Tanzschritte ins Erwachsenenleben. Dennoch lässt der Autor keinen Zweifel aufkommen, was er von der Tirolerei hält: Eine abweisende Insidergesellschaft, kaum aufgeklärt und latent präpotent -?bisch a Oasch (123).

Der dritte Teil ist diversen Freunden und Zeitgenossen gewidmet. Am berührendsten die Darstellung des Freundes Franzi, der aus heiterem Himmel heraus ins Priesterseminar abgehauen ist, vermutlich weil er schon eine Todesahnung hatte. Er ist dann auch gleich gestorben.

Wie kann eine Chronik eines umtriebigen, philosophisch stets auf voller Flamme brodelnden Lebens eigentlich abgeschlossen werden? Peter Paul Wiplinger erzählt von einer Katze aus Moskau, die er vielleicht gar nicht richtig kennen lernen durfte, von der aber schon seit langer Zeit ein Bild über seinem Schreibtisch hängt.

?Lebenswege sind ein umfangreicher Steinbruch für Geschichten aus entlegenen Zeiten und Gegenden, gleichzeitig schafft es Peter Paul Wiplinger, eine eigene Literaturform dafür zu finden, wobei das Erinnerungsmaterial durch eine disziplinierte und dennoch freizügige Hand zum Glänzen gebracht wird.

Peter Paul Wiplinger: Lebenswege. Geschichten aus der Erinnerung. Fotos.
Grünbach: Steinmaßl 2011. 285 Seiten. EUR 24,50. ISBN 978-3-902427-78-6.

 

Weiterführende Links:
Buchverlag Franz Steinmaßl: Peter Paul Wiplinger, Lebenswege
Wikipedia: Peter Paul Wiplinger

 

Helmuth Schönauer, 30-09-2011

Bibliographie

AutorIn

Peter Paul Wiplinger

Buchtitel

Lebenswege

Erscheinungsort

Grünbach

Erscheinungsjahr

2011

Verlag

Steinmaßl

Seitenzahl

285

Preis in EUR

EUR 24,50

ISBN

978-3-902427-78-6

Kurzbiographie AutorIn

Peter Paul Wiplinger, geb. 1939 in Haslach, Gymnasium in Hall in Tirol, lebt in Wien.