Serge Haroche, Licht - Eine Geschichte

serge haroche, licht - eine geschichte„Dieses Buch verbindet die Geschichte des Lichts mit meinen persönlichen Erfahrungen in der Forschung. Es ist in zwei etwa gleich große Partien unterteilt: Drei Kapitel – das erste und die beiden letzten – behandeln die vergangenen fünfzig Jahre. Sie beschreiben meine eigenen Forschungen und die Arbeiten meiner Zeitgenossen, an deren Entdeckungen ich teilhaben konnte.“ (S. 16)

Die Geschichte der Erforschung des Lichts ist auch eine Geschichte der Entwicklung der Physik als Wissenschaft und geht zurück bis in die Zeit der Anfänge wissenschaftlichen Denkens und Forschens in der Neuzeit.

Serge Haroche verwebt seine persönlichen biographischen Erfahrungen auf seinem Weg als Forscher und Wissenschaftler mit der Geschichte der Physik im Allgemeinen und der Erforschung des Lichts im Speziellen. Damit gelingt es ihm, den Leserinnen und Lesern seine persönliche Begeisterung und Faszination für die Physik und das wissenschaftliche Arbeiten zu vermitteln und weiterzugeben.

Im Kapitel „Der Beginn einer Berufung“ schildert Haroche seinen persönlichen Werdegang und seine Begeisterung für die Mathematik, Astronomie und moderne Physik mit ihren präzisen Messungen und ihren großartigen komplexen Theorien, wie der Relativitätstheorie und Quantenphysik.

Die folgenden Kapitel lassen die wesentlichen Entwicklungsschritte der Erforschung des Lichts Revue passieren wie z.B. Galileo Galileis Entwicklung eines Fernrohrs, seinen Pendelversuchen und seiner Grundannahme, dass Licht wie der Schall eine endliche Geschwindigkeit haben muss. Von nicht geringerer Bedeutung erwies sich Christiaan Huygens Konstruktion einer Pendeluhr, mit der erstmals ein präzises Instrument zur Zeitmessung zur Verfügung stand, was die Tür zur modernen experimentellen Physik weit aufgestoßen hat.

Die Vermessungen der Welt, des Weltraums und des Lichts werden im Laufe der Jahrhunderte mit der Entwicklung zunehmend genauerer Messinstrumente immer präziser, was unmittelbaren Einfluss auf die theoretische Betrachtung des Lichts und des Wesens von Licht nach sich zieht. Erste Berechnungen zur Geschwindigkeit des Lichts im 17. und 18. Jahrhundert waren noch recht ungenau, doch zeigten sie bereits die großen Dimensionen auf, mit denen zu rechnen ist. Die Fortschritte der Physik dieser Zeit wirken sich auf die Entdeckungen und Erfindungen dieser Zeit aus und sind auf engste mit Namen wie Richer, Cassini, Descartes, Fermat, Newton u.a. verbunden.

Das Kapitel „Betrachtungen im Faradayschen Labor“ zeigt den rasanten Fortschritt der Wissenschaft im 19. Jahrhundert auf, der sowohl in bahnbrechenden physikalischen Theorien als auch in bis dahin ungeahnten technischen Entwicklungen zum Ausdruck kommt. Der altehrwürdigen Teilchentheorie des Lichts von Isaac Newton stellt Augustin Fresnel seine Wellentheorie gegenüber, die durch zahlreiche Experimente immer stärker untermauert wird. Die Berechnung der Lichtgeschwindigkeit kann immer genauer bestimmt werden und die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Magnetismus und zur Elektrizität beeinflussen auch das Verständnis vom Licht.

In Kapitel „Lord Kelvins Wolken“ wird aufgezeigt, wie neue physikalische Erkenntnisse neue Probleme aufwerfen, wie z.B. das theoretische Medium für die Übertragung des Lichts, den Äther, der sich trotz aller Versuche nicht anweisen hat lassen und mit Einsteins Relativitätstheorie endgültig aus der Welt der Physik entsorgt werden konnte. Neben der Relativitätstheorie stellt die komplexe Quantenphysik, die im Kapitel „Licht erhellt die seltsame Quantenwelt“ näher beschrieben wird, die Erforschung des Lichts im 20. Jahrhundert auf eine völlig neue Ebene.

Mit den Kapiteln „Laser, Photonen und Riesenatome“ und „Schrödingers Katze zähmen“ bewegt sich die Darstellung in die Gegenwart und Forschungstätigkeit Haroches selbst, wobei er immer wieder auf eigene Erfahrungen und Tätigkeiten verweisen kann. Auch in dieser letzten Periode verstärken sich theoretische Grundlagen und technische Entwicklungen gegenseitig, wie z.B. die Entwicklung von Lasertechnik, Laserkühlung, Radiographie und Quantencomputer sowie die Entwicklung der Hohlraum-Quantenelektrodynamik, der Radiographie des Quantenfelds oder der Quantenmetrologie und Lichtuhren.

Serge Haroche zeichnet eine sehr persönliche Geschichte der Physik und der Erforschung des Lichts von den wissenschaftlichen Anfängen im 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Dabei gelingt es ihm komplexe physikalische Phänomene verständlich und in ihrer historischen Entwicklung zu erklären. Dass er dabei immer wieder die Gelegenheit nützt, seine persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen einzubringen, schafft einen angenehm emotionalen Zugang zu den komplexen Themenbereichen.

Ein überaus lesenswertes Sachbuch zur Geschichte der Erforschung des Lichts, die Großteils auch eine Geschichte der Physik selbst darstellt. Der persönliche Zugang zum Thema zeigt die Begeisterung und die Denkweise von Wissenschaftlern und dürfte alle physikbegeisterte Leserinnen und Leser zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema motivieren.

Serge Haroche, Licht. Eine Geschichte, übers. v. Ursula Held [Orig. Titel: La Lumière révelée. De la lunette de Galilée à l’etrangeté quantique]
Stuttgart: Klett-Cotta Verlag 2022, 464 Seiten, 36,00 €, ISBN 978-3-608-98495-8

 

Weiterführende Links:
Klett-Cotta Verlag: Serge Haroche, Licht. Eine Geschichte
Wikipedia: Serge Haroche

 

Andreas Markt-Huter, 12-09-2022

Bibliographie

AutorIn

Serge Haroche

Buchtitel

Licht. Eine Geschichte

Originaltitel

La Lumière révelée. De la lunette de Galilée à l’etrangeté quantique

Erscheinungsort

Stuttgart

Erscheinungsjahr

2022

Verlag

Klett-Cotta Verlag

Übersetzung

Ursula Held

Seitenzahl

464

Preis in EUR

36,00

ISBN

978-3-608-98495-8

Kurzbiographie AutorIn

Serge Haroche wurde in Casablanca geboren und erhielt 2012 den Nobelpreis für Physik für die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie. Der Experimentalphysiker ist Mitglied der französischen Akademie der Wissenschaften und unterrichtet am Collège de France in Paris, wo er am Laboratoire Kastler Brossel Grundlagenforschung der Quantenphysik betreibt.