Marcus Willaschek, Kant. Die Revolution des Denkens

marcus willaschek, kant„Immanuel Kant ist der bedeutendste Philosoph der Neuzeit, die Kritik der reinen Vernunft ein Meilenstein der Geistesgeschichte. Seit Platon und Aristoteles hat niemand über so viele und unterschiedliche Themen tiefer und innovativer nachgedacht als Kant. Er «zermalmte» die traditionelle Metaphysik – und begründete eine neue. Er erklärte die Entstehung unseres Planetensystems und formulierte den kategorischen Imperativ. Er war Wegbereiter des Kosmopolitismus und der modernen Idee der Menschenwürde.“ (S. 13)

Immanuel Kant zählt zu den wichtigsten Philosophen der Neuzeit, der in seinem Denken den Versuch unternommen hat, die Philosophie auf neue, gesicherte Beine zu stellen. Dabei hat er sich mit einer breiten Vielfalt an Themen auseinandergesetzt, von der Metaphysik bis hin zur Entstehung der Planetensysteme. Dabei hat er Vorstellungen formuliert, die heute noch das gesellschaftliche Denken bewegt, wie die bahnbrechenden Ideen von Kosmopolitismus und Menschenwürde.

In sechs Kapiteln setzt sich Marcus Willaschek sowohl mit dem Denken als auch dem Leben Kants anschaulich auseinander, wobei er großen Wert darauf legt, Kant aus seiner Zeit heraus zu verstehen. 30 Essays werden in sechs thematisch strukturierte Kapitel unterteilt, die nicht chronologisch angeordnet sind. Beginnend mit dem Themenbereich „Politik und Geschichte“ folgen „Moral und Vernunft“, „Vernunftwesen in Gesellschaft“, „Der Mensch als Teil der Nauter“, „Metaphysische Erkenntnis und ihre Grenzen“ sowie eine Zusammenfassung und Wirkungsgeschichte seines Denkens.

Zunächst werden die drei Revolutionen im Leben Kants vorgestellt: die Revolution der Gesinnung, die Revolution der Denkart und die Französische Revolution. Dabei werden auch erste Einblicke in das Leben, den Charakter und das Denken Kants gegeben. Anschließend wird im 1. Teil „Politik und Geschichte innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ zunächst seine Schriften „Der ewige Frieden“ und „Idee zu einer allgemeinen Geschichte der Menschheit“ aber auch Kants freundschaftliche Konkurrenzverhältnis zum überragenden Philosophen dieser Zeit, Moses Mendelsohn näher beleuchtet. Weitere Themen sind Kants Antwort auf die Frage: „Was ist Aufklärung?“ und seine Ideen zur Pädagogik, Erziehung und Schulbildung.

Teil 2 „Die Moral der Vernunft“ setzt sich zunächst mit dem Begriff der Vernunft wie er im Empirismus und Rationalismus aber auch in Religion und Aufklärung verwendet wird. Dabei kommen auch Kants Mutter und seine Erziehung zur Sprache. Weitere Themen sind Kants kategorischer Imperativ und seine praktischen Grenzen sowie die Formulierung von Verbindlichkeiten in seiner Schrift „Metaphysik der Sitten“ und Kants Bildungsweg im Schatten von Rousseaus Denken sowie Kants Ideen zu Glück, Utilitarismus, Gott und Unsterblichkeit oder Gedanken zum Fortschritt.

Teil 3 „Vernunftwesen in Gesellschaft“ zeichnet Kants Haltung gegenüber der Französischen Revolution nach aber auch seine persönlichen Verhältnisse in Königsberg, sein Vermögen und Einkommen, seine Gedanken über Religion sowie die gesellschaftlichen Verhältnisse im Preußen des 18. Jahrhunderts. Teil 4 „Der Mensch als Teil der Natur“ setzt sich mit Kants Vorstellungen über die Natur des Menschen auseinander. Dabei werden seine Ideen über Humor, ebenso behandelt wie seien Aussagen über bewusste und unbewusste Vorstellungen, Unsterblichkeit und Angst vor dem Tod. Weitere Themen stellen Kant als Naturwissenschaftler vor, der sich mit Naturgesetzen, Kosmologie und dem Wesen von Natur und der Stellung von Tieren beschäftigt hat.

Der 5. Teil „Metaphysische Erkenntnis und ihre Grenzen“ stellt Kants Denken in seinem zentralen Werk „Kritik der reinen Vernunft“ vor. Dabei geht er der Frage nach, ob Metaphysik möglich ist, wobei zunächst festgestellt wird, in welchem Rahme Urteile vernünftig sind. Dazu werden Urteile a priori/a posteriori, analytische/synthetische Urteile näher untersucht und synthetische Urteile a priori als Grundlage für wissenschaftlichen Fortschritt definiert. Ziel war es die Philosophie auf eine neue Grundlage zu stellen, auf der die Ungereimtheiten von Rationalismus und Empirismus bereinigt sind. Weitere Abschnitte setzen sich mit seinen Ideen über Willensfreiheit, seiner Religionskritik, seiner Widerlegung der Gottesbeweise und den Reaktionen der Zeitgenossen auf seine Schriften auseinander. Ein abschließender Teil lässt das Denken und Leben Kants in den Nachwirkungen und seiner Bedeutung für die Gegenwart ausklingen.

Marcus Willaschek gelingt ein ebenso lesenswertes wie informatives Sachbuch über einen der größten Philosophen der Neuzeit, dessen Darstellung sowohl im gesamten als auch als einzelne Kapitel gelesen werden können. Die geschickte Verquickung von biographischen Elementen und der Darstellung seines Denkens binden Kants Ideen immer in den jeweiligen Zeithorizont ein, wodurch das revolutionäre vieler seiner Betrachtungsweisen besonders deutlich zum Ausdruck kommt.

Ein überaus empfehlenswertes Sachbuch, dem es gelingt, die durchaus komplexe Philosophie und das Denken Kants auch einem weniger fachkundigen Publikum verständlich und anschaulich zu vermitteln.

Marcus Willaschek, Kant. Die Revolution des Denkens
München: C.H. Beck Verlag 2023, 430 Seiten, 30,00 €, ISBN 978-3-406-80743-5

 

Weiterführende Links:
C.H. Beck Verlag: Marcus Willaschek, Kant. Die Revolution des Denkens
Wikipedia: Marcus Willaschek

 

Andreas Markt-Huter, 04-03-2024

Bibliographie

AutorIn

Marcus Willaschek

Buchtitel

Kant. Die Revolution des Denkens

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2023

Verlag

C.H. Beck Verlag

Seitenzahl

430

Preis in EUR

30,00

ISBN

978-3-406-80743-5

Kurzbiographie AutorIn

Marcus Willaschek ist ein international führender Kant-Experte und Professor für Philosophie der Neuzeit an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Als Vorsitzender der Kant-Kommission der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften ist er mitverantwortlich für die Akademieausgabe der Schriften Kants.