Kerstin Hensel, Falscher Hase
Die größte Aufregung eines Beamten ist sicher der Antritt der Pension. Der Roman "Falscher Hase" setzt denn auch mit einem Supersatz ein, der durchaus das Zeug zur Weltliteratur hat: "Kommissar Paffrath hat es ausgestanden. (5)
Jetzt geht der Kommissar also in Pension, hat sein Leben nichts anderes getan als diesen blöden faschierten Braten gegessen, den falschen Hasen eben. Und stets gehorsam Dienst geleistet, wie sein Vater, nur dass dieser Brände gelöscht hat während der Nazizeit. Und der junge Heini hat Fälle gelöst hat, quer durch alle Regimes.
Heinrich und Heini Paffrath legen so ein gewöhnliches Leben hin, dass es fast schon wieder aufregend ist. Biedermeier in deutscher Gründlichkeit, zeitlose Pflichterfüllung.
Freilich gibt es kleine Aufregungen, ein schwerer Sud zum Pensionsantritt, eine Fahrt auf dem Moped, die permanente Verspottung als Heini. Einmal dreht sich das Krawattenkarussell, Krawatten kaufen kann aufregend sein. Und auch der Schreibname ist ziemlich aufregend: "Paff" für blankes Staunen und der "Rath" für den gewöhnlichen Beamtenrang schlechthin.
Puffrath liegt frechen Lesern auf der Zunge, aber die Autorin hat es dann doch mit der mäßigen Verunglimpfung belassen. Irgendwie macht der Roman schweinemüde, weil alles bekannt ist. Wir haben die Nazis wieder, die Nachkriegsgeneration, das Elend mit der DDR und dann das unsägliche Jahr 1989, wo alle Biographien vor Gewöhnlichkeit zusammenbrechen.
Aufregung bei jeder Bestellung, gibt es einmal keinen falschen Hasen? Einmal ist er ausverkauft (217), aber da ist man als Leser schon zusammengebrochen.
Als Leser bleibt man ziemlich belämmert über, der Humor stellt sich nicht ein, es berlinert ordentlich in der Ferne, die Geschichte Deutschlands ist eine Tragödie, die von Heinrichs und Heinis ohne Bodenhaftung durch die Gegend getragen wird.
Geschichte wird ziemlich fad, wenn sie faden Typen übertragen wird. Da sieht man erst, wie wichtig die Sissys und Schmuse-Grassers für eine ordentliche Geschichte sind, zumindest für eine österreichische.
Kerstin Hensel: Falscher Hase. Roman.
München: Luchterhand Literaturverlag 2005. 220 Seiten. EUR 19,90. ISBN 3-630-87206-9.
Helmuth Schönauer, 06-06-2005