Heinrich Klier, Silber für die braune Göttin

Buch-CoverBestseller aus vergangenen Zeiten vermitteln bei der aktuellen Lektüre dieses spannende Knacksen, wenn die Patina durch heftigen Lichteinfall aus der Gegenwart aufspringt. Heinrich Kliers Bestseller aus dem Jahre 1964 liest sich nach vierzig Jahren wie eine Gebrauchsanweisung zur Eroberung der Alpen.

In der Hülle dieser Eroberungsgeschichte stecken kaum getarnt ein Gebirgs-, Abenteurer- Indio-, Liebes- und Schürfroman. So gut wie alles, was die damalige Fiktionslehre herzugeben vermochte, ist in diesem „Silber für die braune Göttin“ eingeschmolzen.

Der Südtiroler Pablo Juval, der gerade noch einen Einsatz an der Dolomitenfront dertan hat, ist als Abenteurer in den Kordilleren gelandet. Wo immer er hinkommt, machen ihm die Frauen durch Zuneigung Probleme, dabei hat er Tag und Nacht nichts anderes im Sinn, als seine Lebensgeilheit zu zähmen und in pure Energie für das höchstmögliche Gebirge umzuwandeln.

Jetzt wird ihm eine verschlüsselte Nachricht aus der Inka-Zeit in die Hände gespielt, es gibt sagenhafte Erzvorkommen, man braucht nur zuzupacken.

Bald einmal steht Pablo im Gelände, das völlig sinnlos, weil unerschlossen ist. Seit Jahrtausenden gehen Indios in Schluchten, wo man piff puff mit einer einzigen Sprengung jeweils einen geraden Weg auf den Bergschultern anlegen könnte. Mit jedem Lidschlag eröffnen sich ungeahnt glatte Hänge, in die sich wunderbare Kehren einkerben ließen. Und erst das Wasser! Völlig pervers und sinnentleert rinnt es zu Boden, wo man doch nur ein Schaufelrad aufstellen müßte und hätte Energie in Mega- und Gigawatt!

Da heißt es anpacken, Tagelöhner anheuern und Erz fördern, bis die Kohle stimmt.

Aber über diesem Paradies für Pioniere schweben auch Flüche. Das Gelände tut nicht so, wie man es gerne hätte, unerklärbare Unglücke gehen vielleicht auf Tabus und verborgene Flüche zurück. Und erst die Frauen, diese braune Göttin wird nicht nur im Klappentext ein „Mischblut“ genannt, diese Frau ist nicht nur erbgenetisch ein Rätsel, vermag sie doch Kinder in die Welt zu setzen, die Jahre später als Ebenbild vergangener Zeiten beim Vatern auftauchen.

Mit dem Abstand von Jahrzehnten gelesen ist dieser Roman auch heute noch ein echter Schmöker-Genuss. Ständig werden Esel gesattelt und abgetritten, Indios tauchen an jeder Ecke auf und tun genau das, was für den Roman notwendig ist.

Auf jeder Seite gibt es eine Bergtourenbeschreibung ohne Ziel, offensichtlich hat der Autor, der zur damaligen Zeit bereits heftig an Bergführern gearbeitet hat, einen Großteil seiner Führerabfälle in das Manuskript des Romans geklebt. Den eleganten Zwischespeicher für das Vermausen solcher Aufgaben gab es damals noch nicht.

Der Roman erzählt mit beiden Händen, wie alles ein Roman ist. Aus heutiger Sicht sind die Bilder sehr grell und winnetou-mäßig in edle Züge gelegt. Der Sprachgebrauch in der Fiktion hat sich also gewaltig verändert, stellt man mit Erstaunen fest. Jetzt kann man sich ausmalen, wie dereinst Bestseller der Gegenwart wirken werden.

Und mit einem Auge kann man während der Lektüre dieses Romans zum Greifen nahe sehen, wie das Stubai erschlossen und Kohle für die Touristik-Göttin geflossen ist. Ein wunderbarer Mythos, der das harte Alltagsgeschäft in der Wirtschaft silberperlend zu aphrodisieren vermag.

 

Heinrich Klier: Silber für die braune Göttin. Roman aus Peru.
Wien: Kremayr & Scheriau 1964. 411 Seiten.

 

Helmuth Schönauer, 28-12-2005

Bibliographie

AutorIn

Heinrich Klier

Buchtitel

Silber für die braune Göttin

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

1964

Verlag

Kremayr & Scheriau

Seitenzahl

411

Kurzbiographie AutorIn

Heinrich Klier, geb. 1926 in Zirl, lebt in Innsbruck.