franzobel, einsteins hirnIn Österreich kommen manche erst dann mit Bildung in Kontakt, wenn ihnen bei der Autopsie das Hirn entnommen und die Kopfhöhle mit der Kronenzeitung ausgestopft wird.

Diesen Witz greift Franzobel schelmisch auf, wenn er überlegt, wie man Bildung, Gott und die Welt als Genie-Streich haptisch machen könnte für einen Roman. Der Autor bedient sich dabei der prognostizierenden Faktenmethode, indem er zuerst einen Plot fiktiv entwirft und anschließend die darin vorkommenden Fixpunkte analog abreist, bis daraus eine Art Tatsachenroman formuliert werden kann.

heinz pachernegg, auf reisenDer Tourismus ist an die Erfindung der Fotografie gekoppelt. Wo es nämlich nichts zu fotografieren gibt, hat es auch keinen Sinn, hinzufahren. Umgekehrt muss ein Fotograf ständig mit touristischer Geste unterwegs sein, will er seinen Pixelspeicher am Jahresende voll haben.

Heinz A. Pachernegg ist als Berufsfotograf und Fotoessayist viel „auf Reisen“ und kommt daher dem berühmten Beatnik-Motto „on the road“ sehr nahe, wonach Menschen, Wörter und Bilder ständig zu sich selbst unterwegs sind. Das Zusammenschmelzen dieser drei Bewegungskörper geschieht in der Pareidolie, wie Andrea Wolfmayr in ihrem Einleitungsessay bemerkt. Pareidolie bezeichnet das Phänomen, in Dingen und Mustern vermeintliche Gesichter und vertraute Wesen oder Gegenstände zu erkennen.

serge haroche, licht - eine geschichte„Dieses Buch verbindet die Geschichte des Lichts mit meinen persönlichen Erfahrungen in der Forschung. Es ist in zwei etwa gleich große Partien unterteilt: Drei Kapitel – das erste und die beiden letzten – behandeln die vergangenen fünfzig Jahre. Sie beschreiben meine eigenen Forschungen und die Arbeiten meiner Zeitgenossen, an deren Entdeckungen ich teilhaben konnte.“ (S. 16)

Die Geschichte der Erforschung des Lichts ist auch eine Geschichte der Entwicklung der Physik als Wissenschaft und geht zurück bis in die Zeit der Anfänge wissenschaftlichen Denkens und Forschens in der Neuzeit.

bernhard hüttenegger, rockallWas für ein entlegener Ort. Rockall ist ein Felsen im Nord-Atlantik, der mit knapp achthundert Quadratmetern vielleicht so groß ist wie ein passables Penthouse. Freilich präsentiert sich der Felsen als so steil, dass man als Mensch darauf kaum richtig stehen oder im Biwak liegen kann.

Bernhard Hüttenegger nimmt diesen realen Felsen, der vor allem bei Survival-Wettbewerben Furore gemacht hat, um darauf eine Parabel vom Verlöschen des Lebens abzusetzen.

patricia brooks, bukarest bistroFür eine Reise durch die Geographie braucht es ähnliche Stützpunkte wie für eine Reise durch das weite Land der Poesie. Einmal sind es Karawansereien, Biwak-Boxen oder Bistros, die das reisende „Wir“ versorgen, dann sind es wieder Wolkenballen, Sträucher und Licht, aus denen sich die Gedichte speisen.

Patricia Brooks setzt für ihre Reise das „Bukarest Bistro“ in Szene und in den Titel. Darunter finden sechzig Gedichte Unterschlupf und berichten von einer imaginierten Welt auf mehreren Ebenen. Einmal ist mit dem Bukarest Bistro eine Location benannt, wie wir sie überall auf der Welt vorfinden, wenn jemand der rumänischen Hauptstadt zuliebe ein Café aufgemacht hat. Andererseits ist ein märchenhaft fernes Land damit verknüpft, das zur Anreise animiert, und drittens liefert der Begriff eine erste Befriedigung jener Sehnsucht, wegen der wir aufgebrochen sind.

raimund bahr, poeterey eines unbrauchbarenVielleicht sollte man Poeterey ganz despektierlich mit Tätigkeiten vergleichen, die ebenfalls mit einem Ei enden: Bücherei, Metzgerei, Bäckerei. Alle diese Cluster-Verrichtungen sind vom Aussterben bedroht, weil sie für das aktuelle Gesellschaftsleben „unbrauchbar“ sind.

Raimund Bahr versetzt sich in die Lage eines Unbrauchbaren, der nach alter Manier etwas anstrebt, was Nachdenken, Reimen, Spinntisieren, Aufschreiben bedeutet. Poeterey ist eine ausufernde Tätigkeit, die sich ständig selbst Regeln überstülpt, um sich halbwegs in den Griff zu bekommen.

tobias hürter, das zeitalter der unschärfe„Stellen Sie sich vor, Sie finden eines Tages heraus, dass die Welt, in der Sie leben, ganz anders funktioniert, als Sie bisher glaubten. Die Häuser, Straßen, Bäume und Wolken sind nur Kulissen, bewegt von Kräften, von denen sie nichts ahnten. Genau dies ist den Physikerinnen und Physikern vor hundert Jahren widerfahren. Sie mussten einsehen, dass hinter den Begriffen und Theorien, durch die sie die Welt sahen, eine tiefere Wirklichkeit liegt …“ (S. 9)

Die Epoche vom Ende des 19. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts gilt als das golden Zeitalter der Physik. In dieser Zeit haben sich Einsichten und Theorien entwickelt, die das bisherige Fundament der Physik revolutionierte und die Welt von Grund auf verändert hat.

nadja niemayer, gegenangriffWarum lassen sich die Tiere eigentlich ausrotten und abschlachten, warum tun sie nichts dagegen? – Weil sie nicht intelligent sind! Nadja Niemeyer beendet diese unintelligente Behauptung mit einem „Gegenangriff“.

In ihrem dystopischen Roman, den sie Pamphlet nennt, werden die Tiere plötzlich intelligent und rotten die Menschen aus. Das Thema ist so brisant, dass Nadja Niemeyer sich als Pseudonym schützt, Interviews verweigert und keine Talkshows zu dieser Debatte betritt.

frank wilczek, fundamentals„Dieses Buch handelt von den fundamentalen Erkenntnissen, die wir beim Studium der Natur gewinnen können. Ich habe viele Menschen kennengelernt, die unbedingt wissen wollen, was die moderne Physik darüber sagt. Es sind Juristen, Ärzte, Künstler, Studenten, Lehrer, Eltern oder einfach wissbegierige Leute. Sie sind intelligent, haben aber kaum einschlägige Kenntnisse. Ich habe im Folgenden versucht, die zentralen Botschaften der modernen Physik so einfach wie möglich darzustellen, ohne es an Genauigkeit fehlen zu lassen.“ (S. 9)

Frank Wilczek formuliert in zehn Leitsätzen die zentralen Erkenntnisse der Wissenschaft über die Grundlagen des Universums. Jeder Gegenstand der Untersuchung wird aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und mit einem spannenden Ausblick auf der Grundlage von faktenbasierenden Vermutungen abgeschlossen, die zeigen sollen, dass unser Verständnis der Natur anwächst und sich stetig verändert.

helen pluckrose, zynische theorien„Zynische Theorien erklärt, wie die Theorie zur treibenden Kraft im kulturellen Krieg der späten Zehnerjahre unseres Jahrtausends avancierte – und schlägt zugleich eine liberale philosophische Alternative vor, um dieser Denkströmung in Wissenschaft, Aktivismus und Alltag zu begegnen. Das Buch zeichnet nach, wie sich die einzelnen Zweige einer zynischen postmodernen Theorie in den letzten fünfzig Jahren herausbildeten, und zeigt […] den Einfluss der Theorie auf unsere heutige Gesellschaft auf.“ (S. 14)

Seit den 2010-er Jahren ist es der „Woke-Bewegung“ und der „Identitätspolitik“ bemerkbar gelungen, aus der ursprünglich universitären Umgebung in die breite Gesellschaft auszugreifen und sozialpolitischen Einfluss auszuüben.