Christoph W. Bauer (Hrsg.), Ahoi

Buch-CoverIn manchen Gegenden des Gebirgslandes Tirol gilt der Seemannsgruß „Ahoi“ als Seufzer der Anerkennung und des fröhlichen Hoppalas. Wenn sich zwei Gebirgler unerwartet treffen, fassen sie ihre lyrischen Spontaneindrücke von der Welt durchaus mit der Fügung „oha“ oder „ahoi“ zusammen.

Christoph W. Bauer erzählt im Vorwort zur Geburtstagsgabe des Haymon Verlags, wie er einst vor einem Lyrikregal gestanden ist und ihn das Gefühl von Meer, Schiff und Welle umspült hat, ein typisches Ahoi-Erlebnis also.

Über dreißig Lyrikerinnen und Lyriker sind im letzten Vierteljahrhundert im Haymon Verlag erschienen, und tatsächlich ist das Motiv der See, der aufgewühlten Küste oder der Unendlichkeit von Wasser immer wieder vertreten. Haymon Gedichte sind nahezu klassisch, in der oft konventionellen gedruckten Hülle stecken immense Zeilenabbrüche, Verwerfungen von Bildern und jäh zusammengestauchte Aphorismen.

Selten kommen visuelle Experimente zum Zug und auch die Hyper-Ironie der sich selbst verhöhnenden Lyrik hat bei Haymon kaum eine Chance. Dabei ist das lyrische Motto des Herausgebers durchaus eine Über-Verhöhnung, „auf der Zunge die Schiffe“ bekommt im landläufigen Sinn eine heftige Bedeutung, wenn man bedenkt, dass im Volksmund Urin Schiffe heißt.

Sepp Malls Abschiede, Raoul Schrotts Gedichte vom Rand der Welt, Hans Aschenwalds atemloses Vegetationsgeflecht oder Julia Rhombergs biegsame Texte von Gräsern und Landschaften sind sicher die Highlights dieser Sammlung.

Wenn ein Verlag so lange am Publizieren ist wie eben Haymon, dann überlebt er natürlich auch seine Autorinnen und Autoren. Nichts zeigt die Beständigkeit und Vergänglichkeit von Gedichten so sehr wie die Totenliste ihrer Erschaffer. Otto Grünmandl, Gerhard Kofler, Walter Schlorhaufer, Ingeborg Teuffenbach und Franz Tumler sind zu Lebzeiten des Verlags verstorben.

Viele Verse sind mittlerweile zum Untergrundgut des Tirolerischen Bewusstseins geworden und werden im Verborgenen zitiert wie archaische Hymnen.

„Wo ich herkomme / ist der Winter keine Jahreszeit / sondern ein Zustand“ (13) heißt es bei Sepp Mall und an entlegener Stelle fügt Julia Rhomberg hinzu: „auf winzigen balkonen / sticken frauen in / schwarz ihre tage“ (96).

Christoph W. Bauer spannt mit dieser Gedichtauswahl völlig neue Küsten um die Gischt der Texte, seine Zusammenstellung ist weit mehr als ein Auswischen eines Buchregals, es ist vielmehr ein Regal nach innen hin zur Herz-Aufmerksamkeit des Leser.

Christoph W. Bauer (Hg.), Ahoi. Gedichte aus 25 Jahren Haymon Verlag.
Innsbruck: Haymon 2007. 112 Seiten. EUR 14,90. ISBN: 978-3-85218-522-4.

 

Weiterführende Links:
Haymon-Verlag: Ahoi. Gedichte aus 25 Jahren Haymon Verlag



Helmuth Schönauer, 06-03-2007

Bibliographie

AutorIn

Christoph W. Bauer (Hrsg.)

Buchtitel

Ahoi

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Haymon

Herausgeber

Christoph W. Bauer

Seitenzahl

112

Preis in EUR

14,90

ISBN

978-3-85218-522-4

Kurzbiographie AutorIn

Christoph W. Bauer, geb. 1968 in Kolbnitz/Kärnten, lebt in Innsbruck.