Fritz von Herzmanovsky-Orlando, Scoglio Pomo oder Rout am Fliegenden Holländer

Buch-CoverLetztlich sind alle Namen Schall und Rauch, der Sinn des Lebens besteht oft darin, seinen Namen skurril artikuliert auszusprechen.

Fritz von Herzmanovsky-Orlando ist der Meister der Österreichischen Seele, seine Figuren tapsen auf einem rutschigen Parkett herum und lassen sich dann genüsslich in die eigene Gosche fallen, meist aber hilft jemand mit einem Verbal-Tritt nach, dass der Auftritt des Mitbewerbers am Rout ins Lächerliche gezogen wird.

Schon der Titel dieses mittleren Romans der sogenannten Österreich-Trilogie (Gaulschreck, Rout, Maskenspiel) ist eine aufgeblasene Irritation. Scoglio Pomo ist vielleicht eine abstruse Adria-Insel in Gestalt eines Knopfes, der Rout ist ein Abendempfang auf dem Gespensterschiff.

Die Handlung ist bald erzählt. Eine verrückt gewordene Seitenblicke-Gesellschaft verbringt ihre sorglos dumme Zeit auf der Insel Pomo, eilt von Empfang zu Empfang und zelebriert den eigenen Gehirnsumpf mit blöder Grandezza. Allein die Namen der Protagonisten füllen ein Lexikon an Nonsens, Harnapf oder sein Kollege Fehlwurst sind nur zwei dieser verrückten Typen.

Die Zeitgeschichte wird genau so durch den Kakao gezogen wie das eigene Lebensprogramm, grelle Kleidung, monströse Kuscheltiere, ausgefallene Hobbies und impotente Liebschaften prägen die Auftritte und machen den Aufenthalt in der Kur-Szenerie hinreißend pissig. Die absurdesten Geschehnisse können zur Erheiterung dienen, und alles was den Zeitablauf irgendwie geschehen lässt wird willkommen geheißen.

So stürmt die Gesellschaft schließlich auf das leere Geisterschiff des Fliegenden Holländers, um sich darauf in eine Fete zu stürzen, aber genauso wie das Schiff gekommen ist, verschwindet es wieder und die Gesellschaft erwacht jäh im Wasser treibend. Dem kaputten Treiben setzt schließlich ein englisches Schlachtschiff ein Ende, indem es die Insel samt Mann und Maus, Tölpel und Trottel vom Platz der Geschichte schießt.

Es war die Stille vor dem Sturme. Denn am nächsten Nachmittag, gerade als die Kurkapelle einen recht oberflächlichen Walzer aus einer Modeoperette spielte, kam eine Depesche, die wie eine Bombe in das friedliche, sorglose Treiben der vornehmen Nichtstuer einschlug: Ernste politische Verwicklungen [...] Krieg unvermeidlich! (318)

Fritz von Herzmanovsky-Orlando, der an diesem Roman angeregt von einem Besuch auf der Insel Brioni im Jahre 1913 bis 1953 arbeitete, schickt seine Gesellschaft unbarmherzig anarchistisch gelaunt in einen skurrilen Abgrund. Wo bei Karl Kraus in den letzten Tagen der Menschheit die Borniertheit der Akteure über den Umweg des Desasters in die Hölle geht, laufen bei Herzmanovsky-Orlando die selbstdüpierten Helden ansatzlos in die Gischt der eigenen Dummheit. In dieser leserfreundlichen Ausgabe wird bewusst mit Erläuterungen gespart, damit der Erzählfluss des Wahnsinns nicht unterbrochen ist. Eine griffige Neuauflage eines großen Werks!

Fritz von Herzmanovsky-Orlando, Scoglio Pomo oder Rout am Fliegenden Holländer. Roman. Hrsg. von Klaralinda Ma-Kircher.
St. Pölten: Residenz 2007. 347 Seiten. EUR 24,90. ISBN 978-3-7017-1469-8.

 

Weiterführende Links:
Residenz-Verlag: Fritz von Herzmanovsky-Orlando, Scoglio Pomo
Wikipedia: Fritz von Herzmanovsky-Orlando

 

Helmuth Schönauer, 23-01-2008

Bibliographie

AutorIn

Fritz von Herzmanovsky-Orlando

Buchtitel

Scoglio Pomo oder Rout am Fliegenden Holländer

Erscheinungsort

St. Pölten

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Residenz

Herausgeber

Klaralinda Ma-Kircher

Reihe

Österreich-Trilogie

Seitenzahl

347

Preis in EUR

24,90

ISBN

978-3-7017-1469-8

Kurzbiographie AutorIn

Fritz von Herzmanovsky-Orlando, geb. 1877 in Wien, starb 1954 in Meran.