Elias Schneitter, Österreich Karl

Buch-CoverWas der Herr Karl sagt, ist Österreich, und Österreich ist folglich Karl. Spätestens seit Helmut Qualtingers grandiosem Monolog "Der Herr Karl" aus dem Jahre 1961 lässt sich Österreich auf die Kurzformel Karl bringen.

Elias Schneitter nennt seine drei Erzählungen über wahnsinnige Österreicher schlicht Karl, denn obwohl die großen Adeligen oft Karl geheißen haben, ist dies der Name des kleinen Mannes, der durchaus zwischendurch etwas trinkt und dadurch allerhand von der Welt mitbekommt nach dem Motto: "Mir macht keiner mehr was vor."

In der Erzählung "Tausend Jahre Österreich" räsoniert ein vom Alltag abgestrampelter Erzähler über die Zustände in Österreich. Letztlich ist alles ziemlich ungerecht, beschissen und daneben, dabei gäbe es für den Staat allerhand zu tun. Zum Beispiel könnte er bei der Natur eingreifen, dann müssten die Menschen nicht mehr so unnatürlich leben. Eine wichtige Plattform stellt neben den Getränkestuben der Fußballplatz dar, wo ein gewisser Karl mit seinen Kommentaren zum Spiel gleich das ganze Land mit kommentiert.

Zwischen dem Ich-Erzähler und dem Karl entwickeln sich lebensphilosophische Dialoge, obwohl eigentlich nur der Erzähler erzählt, während Karl meist den süffisanten Abnicker zu den Wortmeldungen gibt. Scheidung, Ehe, das Elend mit den Frauen, wenn man es schon im Kleinen nicht richtig hinkriegt, dann könnte wenigstens der Staat es hinkriegen, aber der halst sich ja auch immer die falschen Probleme auf!

"Ruhe sanft im Trommelfeuer" pflegt in der zweiten Geschichte der Dorfheld Walter zu sagen, wenn jemand vorzeitig das Trinkgelage verlässt. Äußerlich liefert die Geschichte eine perfekte Alltagsbeschreibung einer durchtrinkenden Dorfgesellschaft. Es gibt kaum einen Anlass, bei dem nicht gedudelt wird und kaum eine Szene, die nicht mit einem elegant markigen Spruch angeschlossen wird. In der Tiefenstruktur freilich geht der Text der Frage nach, wie man das Leben aushalten kann, wenn es nichts zum Aushalten gibt.

Walter hat diverse Affären, eine katastrophale Ehe, einen Beruf, den er mit Hingabe ausübt. Seine Lieblingsgeräte sind Waffen, mit denen er aber nur verbal schießt und droht. Auf so eine Drohung hin wird er gekündigt und muss die Pump-Gun bei der Behörde abliefern. Zu diesem Zweck zersägt er diese in kleine unbrauchbare Stücke. Der Rest ist Untergang.

"Hoher Wellengang" erzählt von zwei skurrilen Stewarts, die ein Leben lang auf Traumschiffen zur See gefahren sind. Der eine hat sich schon umgebracht, der andere könnte noch folgen, denn er hat auf diesem Traumschiff nur alte Herrschaften, verblödetes Geldgesindel und abgefackte Biographien erlebt.

Elias Schneitter erzählt trocken mit vollem Biss, nichts wird beschönigt, nichts verunglimpft. Aber seine Zuwendung gehört voll diesen Figuren, die es vielleicht im Leben nicht ganz geschafft haben, dafür aber einen dauernden Nistplatz in unseren Leseherzen bekommen.

Elias Schneitter: Österreich. Karl. Erzählungen
Innsbruck: Skarabäus 2008. 92 Seiten. EUR 14,90. ISBN 978-3-7082-3251-5.

 

Helmuth Schönauer, 22-09-2008

Bibliographie

AutorIn

Elias Schneitter

Buchtitel

Österreich Karl

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Skarabäus

Seitenzahl

92

Preis in EUR

14,90

ISBN

978-3-7082-3251-5

Kurzbiographie AutorIn

Elias Schneitter, geb. 1953 lebt in Zirl.