Paul Flora, Fauna Fabeln und Figuren

Buch-CoverWas gibt es Schöneres, als pünktlich zu Herbstbeginn einen neuen Flora-Band aufzuschlagen, der pünktlich zu Herbstbeginn frisch ausgeliefert worden ist?

Als Motto ist diesem Bildband jenes wunderbare Blatt aus dem Jahre 2001 vorgespannt, worin ein altösterreichischer Spion als Baum verkleidet einem ahnungslosen russischen Grenzwächter gegenübersteht.

Nach dem Konzept dieser arglistigen Ahnungslosigkeit sind die diversen Blätter ausgelegt, wobei die linke Zeichnung quasi immer die rechte bewacht und umgekehrt.

Zwischen 2001 und 2007 hat sich vieles auf der Welt getan, überwuchert wird dieser Welt-Stoff freilich von der unendlichen Geduld und Tapferkeit des Zeichners Paul Flora.

Zwischendurch taucht er wieder einmal in einen venezianischen Nebel ein, jeder Nebel-Tag eine neue Herausforderung, manchmal werfen die Gondolieri ihre Schiffchen weg und springen mit Regenschirmen über die nächstbeste Brücke, zwischendurch tauchen Raben auf und setzen eine krächzende Boje.

Ein skurriles Kapitel Weltauffassung stellen die sogenannten "Very, very, strange"-Kompositionen dar. Da läuft ein Beamter kopflos als pure Mütze durch das Bild, einem anderen ist das Weinglas aus der Birne gewachsen, ein dritter kann sich nicht entscheiden, ob er sich ein Doppelgesicht zulegen oder in die struppige Hülle eines Kaktus fahren soll.

Und verlässlich tauchen an allen Ecken diese Älpler auf, marschieren über einen geschmolzenen Gletscher, driften durch Nebel oder tragen, Tränen in den Augen, tapfer den Kaiser durchs Gebirge. Allein diese streng nach hinten ausgestülpten Wadeln erzeugen einen erotischen Sog, dem sich niemand entziehen kann. Und die Hüte erst!

Ein Stück Filz, das durch das Unterholz pirscht, stets einen devoten Gruß an der Krempe. Einmal werden diese Älpler tatsächlich als Helden angesprochen, der Fuchs Flora hat dieses Blatt so elegant signiert, dass aus der Jahreszahl 2005 die magische Zahl 2009 entspringt. 2009 gilt in Tirol nämlich als jenes Jahr, in welchem zum 200sten Todestag Andreas Hofers alle Bewohner von Amts wegen zu Helden werden.

Forza! Forza! nennt sich jene Zeichnung, auf der gut ein Dutzend Schnecken im Staatsdiener-Look über das Papier krabbelt.

Ein Schriftsteller betrauert am Friedhof der Gedanken seine eigenen Projekte, welche wohl schon ein halbes Jahrhundert unter der Erde liegen. An anderer Stelle will die Muse nicht mehr so richtig spuren und trennt sich vom Angebeteten.

Und immer wieder Nebel, mit dünnen Katzen, purem Regen oder als Fluchtrichtung ins Leere.

Fauna, Fabeln und Figuren sind ein meisterliches Meditationswerk. Die Welt wird klarer mit jedem Federstrich, der sich im Nebel auflöst. Paul Flora ist ein feiner Begleiter durch die Gedankengänge im Herbst!

Paul Flora, Fauna Fabeln und Figuren.
Zürich: Diogenes 2008. 112 Seiten. EUR 38,-. ISBN 978-3-257-02096-0.

 

Weiterführende Links:
Homepage: Paul Flora
Diogenes-Verlag: Paul Flora, Fauna Fabeln und Figuren

 

Helmuth Schönauer 23-09-2008

Bibliographie

AutorIn

Paul Flora

Buchtitel

Fauna Fabeln und Figuren

Erscheinungsort

Zürich

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Diogenes

Illustration

Paul Flora

Seitenzahl

112

Preis in EUR

38,00

ISBN

978-3-257-02096-0

Kurzbiographie AutorIn

Paul Flora, geb. 1922 in Glurns, lebte in Innsbruck. Er starb im Jahr 2009.