Edmund Mach, Meine abenteuerlichen Schriften

Buch-CoverWas ist in der Literatur normal? - Das, was Germanisten dafür halten!

Bei Edmund Mach handelt es sich um einen Schriftsteller, der der Art brut zuzurechnen ist, immerhin ist sein Schreibertalent im Haus der Künstler in Gugging entdeckt worden. Edmund Mach schreibt daher als sogenannter "schizophrener Anstaltspatient" völlig ungewöhnlich.

Es gibt 2 Gattungen von Menschen die / Reichen und die Armen. / Knapp nach der Geburt steht man auf / erfährt von den Eltern ob sie reich sind od. arm. (34)

Kürzer kann man den Stoff der Sozialgeschichte nicht darstellen.

Auch seine eigene Geschichte hält Edmund Mach sehr kurz:

Dann studierte ich in Wien auf Mittelschulprofessor. Mit 25 ging ich von der Wiener Klinik und von dort auf andere Spitäler wo ich jetzt das 37. Jahr bin. Ich habe 24 Elektroschocks erhalten und freue mich bester Gesundheit. (48)

In den abenteuerlichen Schriften geht es immer wieder um das eigene Überleben, wobei der Herausgeber den schönen Vergleich anwendet: "Während es manchen [der Schriftstellerkollegen] in glücklichen Momenten gelingen mag, bis in die "Tiefe der Sprache" (Walter Benjamin) abzutauchen, um dort poetische Schätze zu bergen, ist Mach jemand, der - um im Bilde zu bleiben - "seinen Kopf einfach nicht mehr über Wasser bekommt." (12)

Dabei sind die Texte Machs geradezu sensationell geradlinig und aufregend. Selbst seine Einschätzung der Zeitgeschichte pfeift aus dem letzten Loch die absurdesten Töne.

Ein wenig zurückgenommen im Stil trifft Mach seine manchmal vorgegebenen Themen oft punktgenau, wie man in der Kindheit früher im Matador präzise Pseudo-Nägel einschlug.

Die Maus ist klein u. rattig / meistens im Keller versetzt / manchmal gehen Zuschauer vorbei / und fordern daß man sie sieht / und benetzt. Die Maus muß um 6h aufstehen / später um ½ 7stehen erst die Ratten auf. (67) Diese Milieustudie aus der Arbeitswelt zwingt die Leser schneller aus dem Bett als jeder Weckruf.

In dieser von Uwe Schütte mit Demut und Sorgfalt herausgegebenen Sammlung wimmelt es nur so von Kleinodien und aufregenden Sequenzen. In einem Vorwort erklärt der Herausgeber die Situation der zustandsgebundenen Literatur, die noch immer nicht angemessen wahrgenommen wird. Nach dem Textblock Machs gibt es noch ein Nachwort, worin das einsame und gleichzeitig verworrene Leben des Autors dargestellt ist, sowie einen erhellenden Kommentar zur Literatur Machs.

Es sind oft diese abenteuerlich bescheidenen Bücher, die einen als Leser lange wach halten. Edmund Mach ist so ein Wach-Halter, der vielleicht deshalb unendlich nachwirkt, weil er ja auf jeden Fall bis 2078 leben wollte.

Edmund Mach, Meine abenteuerlichen Schriften. Gedichte und Prosa 1965-1996. Herausgegeben von Uwe Schütte.
Wien: Picus 2009, 183 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-85452-643-8.

 

Weiterführende Links:
Picus-Verlag: Edmund Mach, Meine abenteuerlichen Schriften

 

Helmuth Schönauer, 21-09-2009

Bibliographie

AutorIn

Edmund Mach

Buchtitel

Meine abenteuerlichen Schriften. Gedichte und Prosa 1965-1996

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Picus

Herausgeber

Uwe Schütte

Seitenzahl

183

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-85452-643-8

Kurzbiographie AutorIn

Edmund Mach, geb. 1929 in Wien, starb 1996 in New York.

Uwe Schütte, geb. 1967 in Menden, ist Dozent für Deutsche Kultur in Birmingham.