Andrej Blatnik, Ändere mich

Buch-CoverWenn alles gelungen und das Leben sozusagen im Kasten ist, entsteht meist der unbändige Wunsch, alles wieder umzustoßen und zu verändern.

Andrej Blatnik erzählt von einem Helden, der scheinbar gut aufgestellt ist. Geld ist vorhanden, der Lebenssinn scheint zumindest auf den ersten Blick ungebrochen und die Familie entspricht völlig den gängigen Glücksvorstellungen.

Dennoch schreibt Borut eines Tages ein paar Zeilen und verschwindet unauffällig aus seinem bisherigen Leben. Seine Frau Monika ist ziemlich erschüttert und schwankt zwischen Verzweiflung und jetzt erst recht.

Während sich Monika sozusagen klassisch tröstet, indem sie einen neuen Liebhaber trotzig an der langen Leine neben sich her führt, versucht Borut das Leben wirklich neu anzugehen.

Aber mit der Änderung ist es so eine Sache. Wenn man die Veränderung gewaltsam betreibt, kommt genau das Gegenteil heraus, die bisherigen Zustände verfestigen sich. Tatsächlich kann Borut machen, was er will, der Welt ist das völlig egal. und was hat man von Freiheit, gelungener Veränderung und neuem Sinn, wenn es niemand bemerkt? Da kann man ja gleich alles beim Alten lassen und sich einreden, es sei neu.

Ändere mich wird letztlich zu einem verzweifelten Programm, wenn es schon nicht gelingt, selbst etwas zu verändern, vielleicht kann es der geliebte Partner.

Der Roman erzählt jeweils ein Kapitel lang aus der Sicht des Mannes und der Frau, die Kapitel sind mit programmatischen Tänzen umschrieben, etwa ausgeputzter Salsa, lahmer Quickstep, einsamer Paso doble oder Samba ad infinitum. Offensichtlich gleicht das Leben diversen Tänzen, die aktuell choreographiert sind.

Auch das politische Umfeld stößt zwischendurch an die Helden, ohne diese aber zu verändern. Einmal erzählt jemand von einem Ereignis nach dem Krieg. "Komm schon, so viele Kriege hat es ja auch wieder nicht gegeben. Alle zehn Jahre einen." (116) Die Geschichte des zerfallenen Jugoslawien wird in vergessliche Floskeln versteckt.

Überhaupt scheint die Welt hysterisch übergeschnappt zu sein, allenthalben irren Migranten durch den Kontinent, die Deutschen wollen in der Pension nach Thailand, weil zu Hause zu viele Türken sind (189), auch die Weltgeschichte unterliegt dem Motto ändere mich, freilich wird diese Bitte geflissentlich überhört.

Andrej Blatnik erzählt die Geschichte einer zwanghaften Veränderung, wobei sich individuelles Schicksal und kollektive Geschichte im gleichen Abstand verändern, so dass sich letztlich nichts ändert. Eine raffiniert politische Analyse!

Andrej Blatnik, Ändere mich. Roman. A. d. Slowen. von Klaus Detlef Olof. [Orig.: Spremeni me, Maribor 2008].
Wien, Bozen: folio 2009. 240 Seiten. EUR 22,90. ISBN 978-3-85256-494-4.

 

Weiterführende Links:
Folio-Verlag: Andrej Blatnik, Ändere mich

 

Helmuth Schönauer, 30-10-2009

Bibliographie

AutorIn

Andrej Blatnik

Buchtitel

Ändere mich

Originaltitel

Spremeni me

Erscheinungsort

Bozen

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

folio

Übersetzung

Klaus Detlef Olof

Seitenzahl

240

Preis in EUR

22,90

ISBN

978-3-85256-494-4

Kurzbiographie AutorIn

Andrej Blatnik, geb. 1963 in Ljubljana, lebt in Ljubljana.