Sebastian Tom Strobl, und du kommst auch nicht weiter als zuvor

Buch-CoverEin klassischer Satz kann die Welt verändern und nach Jahrhunderten einen neuen Witz verströmen.

Der berühmte Satz im Goethe-Faust, "da stehe ich nun ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor" wird von Sebastian Tom Strobl konterkariert und neu definiert: Der Held von heute kommt auch nicht weiter als zuvor. Und die Schmuddelkinder (1965) sind die geradezu sensationelle Kampfansage des Revolutionssängers und -autors Franz-Josef Degenhardts, der dem Softsänger Reinhard Mey seinerzeit über den Wolken durchaus eine Schlacht des Bewusstseins geliefert hat.

Sebastian Tom Strobl legt eine Orgie von Oden hin, manche Abschnitte werden auch tatsächlich als Ode bezeichnet, aber bei seiner Schreibweise handelt es sich um unorthodoxe, wahnsinnige, geradezu geile Untergrundliteratur.

Die fünfzehn Sequenzen werden von einem wütenden Erzähler-Ich durchritten und lose zusammengehalten durch den Wunsch, den "Alltags-Kas" zu beenden. So wimmelt es nur so von ermunternden Sätzen für den Leser, auszusteigen und seinen Träumen treu zu bleiben.

Aber auch die einzelnen Themenstellungen haben es durchaus in sich: Wie klebe ich ein Musik-Tape so zusammen, dass daraus ein Wahnsinn an Riffs und Sound-Pixels entsteht? Wie kann ich schlaflose Nächte mit mir durchbringen, ohne dass ich kirre werde? Was passiert weit draußen, wenn meine Phantasie mit mir durchgegangen ist?

Im Erzählduktus hält sich der Autor an das Pathos von beinahe singbaren Balladen, kümmert sich um keine Orthographie und lässt die leise delirierende Sau heraus.

Der Horizont weit draußen und doch irgendwie greifbar. So manche schöne [sic!] Zeiten sind extrem rar. Hast du Angst oder vertraust du mir. Es ist wichtig - Jetzt und Hier, ob ich es je kapier. (62)

Molotowcocktail, der bessere Longdrink; Ich bin verwirrt; Essay of sunrise sind wunderbare Texte, die im Hirn des Erzählers sich selbst entkernen bei gutem Herbstlicht.

Vielleicht ein verrückter Vergleich, aber diese Texte haben den romantischen Sound von Novalis, - Schmerz, Abscheu vor den eigenen Gedanken und eine riesige Gier nach einer Welt, die vielleicht ein paar Zentimeter hinter der sogenannten Realität ihre eigene Griff-Technik entwickelt hat, - und dieser Sound begleitet Sebastian Tom Strobl bei seinem Cinemascope-Schwenk durch die scheinbar abartigen Gedanken von uns allen.

Ach ja, den braven Teil erledigt der Autor, indem er im Vorwort vor Drogen warnt und dem Leser die eigenen Träume ans Herz legt, während er im Nachspann sich bei Gott und Jesus bedankt, weil es eh schon wurst ist. - Wunderbar!

Sebastian Tom Strobl, und du kommst auch nicht weiter als zuvor. Spiel nicht mit den Schmuddelkindern.
Kufstein: Eigenverlag 2009. 92 Seiten. ISBN 978-3-200-01369-8. Aufl. 140 Exemplare

 

Verlagsadresse: 6330 Kufstein, Alois-Kemter-Straße 3/38

 

Helmuth Schönauer, 17-11-2009

Bibliographie

AutorIn

Sebastian Tom Strobl

Buchtitel

und du kommst auch nicht weiter als zuvor. Spiel nicht mit den Schmuddelkindern

Erscheinungsort

Kufstein

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Eigenverlag

Seitenzahl

92

Preis in EUR

o.A.

ISBN

978-3-200-01369-8

Kurzbiographie AutorIn

Sebastian Tom Strobl lebt als literarisches U-Boot in Kufstein.