Bastian Zach / Matthias Bauer, Morbus Dei

Buch-CoverManchmal entsteht das Ungeheure durch bloße Entlegenheit. In der Story Morbus Dei ist so ziemlich alles versteckt, entrückt und entlegen, in einem unscheinbaren Dorf in Tyrol spielen sich zu einem unauffälligen Zeitloch nach dem dreißig Jährigen Krieg vorerst unsichtbare Besonderheiten ab.

Der Deserteur Johann ist aus einem der permanenten Kriege übrig und am Leben geblieben, weil er offensichtlich rechtzeitig desertiert ist.

Wie in Tyrol üblich wird der Fremde argwöhnisch beäugt und darf aus einem Gnadenakt heraus für die Dorftruppe arbeiten. Dabei fällt ihm auf, dass die Menschen tuschelnd seltsame Geschichten erzählen und überhaupt völlig unaufgeklärt und ängstlich sind.

Als dann die Bayern im Dorf ein Zwischenquartier aufschlagen, kommt es wieder einmal zur Tiroler Grundfrage: kämpfen oder feig sein. Die Tyroler entscheiden sich wie immer verbal für das Kämpfen und physisch für das Feig-Sein. Aber immerhin ist der wahre Feind dieses Mal unsichtbar, denn die dunklen Gestalten schleichen lautlos durch die Dämmerung und verbreiten allein durch ihr gerücht-haftes Auftreten puren Schrecken.

Und dann strebt die Handlung unbarmherzig ihrem Höhepunkt zu, und der heißt Aufklärung. Der Deserteur und seine Geliebte (ein guter Deserteur verliebt sich immer in eine Frau des Feindes!) durchforsten alte Aufzeichnungen und Chroniken und geraten an das seltsame Buch Morbus Dei. Darin ist aufgeschrieben, wie die Dorfbewohner in früheren Zeiten fliehen wollten und von Aussätzigen oder Außerirdischen bedrängt wurden. Diese unsichtbaren Gestalten vermehren sich durch kleine Wunden und nehmen von ihren neuen Wirten unauffällig Besitz.

Natürlich muss der Deserteur noch einmal gegen einen dieser Geister kämpfen und kommt nur mit viel Glück davon, um ein Haar wäre er aufgeritzt worden und zu einem Außerirdischen mutiert.

Der Roman Morbus Dei: Die Ankunft bedient alle Erwartungen an eine gruselige, gothic-artige Hinterwäldler-Geschichte. Mit dieser Inszenierung lassen sich einige Tiroler Eigenheiten archaisch perfekt darstellen: Verbohrtheit, Engstirnigkeit, Xenophobie und die Akustik eines Kehlkopfschnittes.

Karrer öffnete zuckend den Mund. Ein tiefes Grollen schwoll heraus, wie Johann es noch nie gehört hatte. (282)

Das moralische Handlungsinventar ist bescheiden ausgeprägt, die Figuren reagieren nach einem Schwarzweiß-Muster. Dabei werden die Handlungen zuerst wie eine Inschrift verlautbart, ehe sie die Figuren ausführen. So entsteht ein innerer Monolog nach Holzschnittart, der das Wesen der Tiroler recht gut beschreibt. Morbus Dei ist für Liebhaber düsterer Apokalypsen-Geschichten eine spannende Angelegenheit, für ironisch geschulte Leser eine feine Glasur aus purer Holzwolle, perfekt über die schroffe Mentalität der Tiroler gelegt.

Bastian Zach / Matthias Bauer, Morbus Dei: Die Ankunft. Roman.
Innsbruck: Haymon 2010. ( = Haymon tb 46). 289 Seiten. EUR 9,90. ISBN 978-3-85218-846-1.

 

Helmuth Schönauer, 21-09-2010

Bibliographie

AutorIn

Bastian Zach / Matthias Bauer

Buchtitel

Morbus Dei: Die Ankunft

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Haymon

Seitenzahl

289

Preis in EUR

9,90

ISBN

978-3-85218-846-1

Kurzbiographie AutorIn

Bastian Zach, geb. 1973 in Leoben, lebt als Medienkünstler in Wien.<br /><br /> Matthias Bauer, geb. 1973 in Lienz, lebt als Erwachsenenbildner in Innsbruck.