Tiroler Brauchtum: Das Fronleichnamsfest

In unserer Reihe Tiroler Brauchtum im 19. Jahrhundert wurden bereits zahlreiche religiöse Bräuche im Jahreslauf vorgestellt, wie sie von Ludwig von Hörmann in seinem Buch über Tiroler Traditionen beschrieben werden. Diesmal sind die Bräuche rund um das Fronleichnamsfest an der Reihe.

Das Fronleichnamsfest wurde als Fest der leibhaften Gegenwart Christi im Altarsakrament erstmals im Jahr 1246 im Bistum Lüttich gefeiert. Bereits 1264 n.Chr. wurde es von Papst Urban IV. als ein Fest der Gesamtkirche eingeführt. Im Mittelpunkt des Festes steht die Anbetung des in der Eucharistie anwesende Christus als Kommunion, d.h. als Opferspeise.

Grundlage für das Fronleichnamsfest war der Beschluss auf dem IV. Laterankonzil 1215 n.Chr. die Transsubstantionslehre zum Dogma zu erheben. Die Verwandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi während der Messe wurde damit zu einem zentralen Glaubensinhalt der katholischen Lehre. Zu Beginn der Neuzeit wurde die zunehmende Verwendung des Festes für die Gewinnung von Ablassgeldern vom Reformator Martin Luther besonders heftig kritisiert, der auch ein ausdrücklicher Gegner des Fronleichnamsfestes war. Im Zuge der Gegenreformation erlebte das Fronleichnamsfest in Abgrenzung zur Reformation daher eine zusätzliche Aufwertung.

Der Fronleichnamstag früher in Tirol auch als Der heilige Bluts- oder Antlaßtag bezeichnet. Als Bräuche werden von Ludwig von Hörmann das sogenannte Kranzleinweichn ebenso beschrieben wie der Antlaßritt im Brixental. Im folgenden ein Auszug aus einer Beschreibung einer ländlichen Fronleichnamsprozession:

Es ist wirklich eine wunderliebliche poesievolle Szene, die sich dem Auge darbietet. Der lange Zug der Beter mit den bunten wehenden Fahnen und bekränzten Bildern, die blitzenden Gewehre und die malerischen Schützentrachten, die weißgekleideten Kinderscharen und die bekränzten frischrosigen Mädchenköpfe; diese ganze Staffage hineingestellt in die grünen Wiesen und reifenden Kornfelder, dahinter der dunkle Wald, und darüber der tiefblaue Sommerhimmel, in dem die Lerchen trillern, bis sie das Krachen der Völler und Gewehrsalven verscheucht, - alles dies macht auf den unbefangenen Beobachter einen ergreifenden Eindruck.

Auf dem Lande hat ein solcher Bittgang um himmlischen Segen für die Feldfrüchte weit größeren Sinn als in den Städten. Die Natur steht auf dem Gipfelpunkte ihrer Entfaltung; des Landmannes ganzer Reichtum liegt außen und nicht Schloß und Riegel vermag die Gefahr abzuwehren, die mit jedem aufsteigenden Gewitterwölkchen droht, welches aus seinem Schöße den vernichtenden Hagel entladen kann. Das a fulgure et tempestate des Priesters ist zugleich das heiße Gebet jedes Einzelnen, während in der Stadt mehr der Pomp zur Geltung kommt.
Sagen.at: Ludwig von Hörmann, Tiroler Volksleben


Adolf Friedrich Erdmann von Menzel: Fronleichnamsprozession in Hofgastein.
1880 Öl auf Leinwand, 51,3 × 70,2 cm. München, Neue Pinakothek.

Wikimedia: Adolf Friedrich Erdmann von Menzel (Pinakothek)

Zum Buch:

Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts begann sich das traditionelle Brauchtum in den einzelnen Tiroler Tälern mit großer Geschwindigkeit zu verändern. Der Kulturhistoriker Ludwig von Hörmann erkannte die unwiederbringlichen Veränderungen im Brauchtum und dokumentierte unter anderem das Alltagsleben der Gebirgsbauern wie es sich im Wechsel der Jahreszeiten gestaltete, ihre Arbeit, Erholung u.a. und gelangte dabei bis in die entlegensten Tiroler Täler.

Das Buch Tiroler Volksleben von Ludwig von Hörmann zählt mehr als 500 Seiten und behandelt das bäuerliche Fest- und Arbeitsjahr, das Familienleben und einzelne Gestalten und Bilder aus dem Dorfleben. Im Internet steht Ihnen unter sagen.at das gesamte Buch frei zum Lesen zur Verfügung.

 

Weiterführende Links:
sagen.at: Ludwig von Hörmann
Sagen.at: Hörmann - Tiroler Volksleben, Fronleichnam
Wikipedia: Fronleichnam

 

Andreas Markt-Huter, 14-06-2006
aktualisiert: 06-06-2007

Redaktionsbereiche

Lesen