Im Brennpunkt: Das Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung, Teil 2

Seit 1992 macht es sich das Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung zur Aufgabe, die Volkskultur des Alpenraums im gesellschaftlichen Bewusstsein verstärkt zu verankern. Dies geschieht durch  zahlreiche Veröffentlichungen, Veranstaltungen und eine Bibliothek, die neben Büchern und Zeitschriften auch zahlreiche Video- und Tonaufzeichnungen zur Volkskultur umfasst.

Das Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung verfolgt in seiner Selbstdarstellung das Ziel:

Volks- und Basiskultur zum Gegenstand allgemeinen Wissens und zum Thema öffentlicher Auseinandersetzung zu machen. Es befasst sich nicht allein mit traditioneller Volkskultur, sondern auch mit Alltagskultur, Alternativkultur, Arbeiterkultur, Basiskultur, Minderheitenkultur usw., im Sinne gegenwärtiger Volkskunde und im Interesse der Betroffenen.
Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung

 

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Lesen in Tirol hat das Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung im Gasthaus Bierstindl besucht und Mag. Mag. Eva Silbernagl und Mag. Monika Ramoser-Schallegger zu den Aufgaben, Zielen und Angeboten des Instituts interviewt.



Das Institut für Volkskultur und Kulturentwicklung, Teil 2


Lesen in Tirol: Wie setzt sich der Bestand der Instituts-Bibliothek zusammen? Welche Medien gibt es und wo liegen ihre Themenschwerpunkte?

Eva Silbernagl: Unsere Medien bestehen aus Büchern, Zeitschriften, Tonträgern und Einhängeordnern. Die Themenschwerpunkte sind: Literatur zu den Alpen, Alltagskultur,  Brauchtum, Volkskunde, Kulturinitiativen und Kulturpolitik. Bei uns finden sie aber auch Literatur zu ethnischen Minderheiten, zur Musik, zu Ökologie, Tourismus und Tyrolensien.


Wer Informationen zu Tiroler Ortsnamen, Familiennamen oder über Literatur und Sprachen in Tirol, zur Mundartkunde und anderen Themen der Volkskultur sucht, findet dazu im Institut für Volkskultur eine große Literaturauswahl.
Foto: Markt-Huter

 

Unsere Einhängeordner und Zeitschriften wurden nach dem selben thematischen Schwerpunkt ausgewählt wie unsere Bücher. Wir haben derzeit ca. 2.000 Einhängeordner, die im Nebenraum aufbewahrt werden. Hier werden Zeitschriften zu bestimmten Themen wie z.B. Brauchtum gesammelt und eingeordnet.

Da wir ein Tiroler Institut sind, haben wir selbstverständlich einen Schwerpunkt auf spezielle Literatur zu Tirol, erheben aber im Bereich der Tyrolensien keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sehen lassen kann sich aber auch unsere umfangreiche Literatursammlung aus den Bundesländern; ebenso unsere Sammlung von Dialektliteratur, die nicht allein auf Österreich beschränkt ist, sondern Dialektliteratur des gesamten deutschsprachigen Raumes umfasst, bis hinein ins Elsass und nach Luxemburg.

Dabei dürfte unsere Sammlung an Dialektliteratur in Tirol ebenso einmalig sein, wie unsere umfangreiche Schallplattensammlung. Wir haben beispielsweise eine große Sammlung von Liedermachern aus den 70-iger Jahren mit Liedern der Protestbewegung gegen den Krieg, Atomkraftwerke u.a., die wir gerade auf CD übertragen. Zu den einzelnen Tonträgern gibt es teilweise auch Texthefte und Liederbücher.

Lesen in Tirol: Wie setzen sich derzeit die BenutzerInnen der Bibliothek zusammen?

Eva Silbernagl: Unsere Hauptbenützer sind SchülerInnen und StudentInnen, sowie am Thema Volkskultur und Alpenraum allgemein interessierte Personen, die sich Materialien anschauen wollen, die es anderswo nicht gibt. Erst kürzlich wurden wir von vierzig StudentInnen aus Deutschland im Rahmen einer Exkursion besucht, deren Professor unser Institut bekannt war. Uns haben aber auch schon Studentengruppen aus Salzburg und Graz besucht.


Wir besitzen zahlreiche Bücher, Tonträger und Videos die gerade für den Schulunterricht interessant sein könnten. Foto: Markt-Huter

 

Nicht selten kommen SchülerInnen zu uns, die für ihre Fachbereichsarbeiten oder ihre Maturavorbereitung Nachforschungen anstellen. Gerade für Schülerinnen und Schüler planen wir für die Zukunft, unsere Angebote verstärkt auszubauen.

Lesen in Tirol: Gibt es für den Schulunterricht derzeit die Möglichkeit, Medien wie z.B. Tonträger auszuleihen oder zu kopieren?

Eva Silbernagl: Wir sind im Augenblick dabei, Angebote dieser Art auszuarbeiten. Wir glauben, dass sich gerade unter den Tonträgern zahlreiches Material befindet, das für den Schulunterricht interessant sein könnte. Wir haben bereits eine Aufstellung unserer Tonträger zusammen gestellt, die wir in Form einer Broschüre präsentieren möchten.

Wie und ob eine Ausleihe unserer Tonträger möglich sein wird, d.h. ob wir unsere Medien nun tatsächlich an eine Schule verleihen oder doch nur einzelnen Personen vor Ort zur Verfügung stellen können, müssen wir erst konkret ausarbeiten. Von der technischen Ausstattung können wir unseren BesucherInnen alles zur Verfügung stellen, was sie benötigen, um zum Beispiel Schallplatten oder CDs anzuhören und Filme auf Video oder DVD anzuschauen.

Lesen in Tirol: Was waren die wichtigsten Aktivitäten am Institut für Volkskultur in den letzten Jahren?

Monika Ramoser-Schallegger: Ein großer Teil unserer Arbeit am Institut sind interne Aktivitäten, wie z.B. die Betreuung unserer Bücher, Zeitschriften und Tonträger, also das Katalogisieren und Systematisieren unserer Medien und deren Erfassung mit dem Computer. Unsere Bestandsergänzungen erhalten wir zumeist von Dr. Hans Haid, der in diesem Bereich  aktuell informiert ist. Aber auch die Tiroler Kulturabteilung hat uns bei der Anschaffung neuer Medien immer wieder tatkräftig unterstützt.


Im Newsletter informieren wir über Veranstaltungen und Ausstellungen, aber auch über innovative Ideen zum Thema Alltagskultur und Volkskultur. Foto: Markt-Huter

 

Wir haben eine zeitlang die Zeitschrift Baustelle Volkskultur? herausgegeben, was aber ab einem gewissen Zeitpunkt sowohl personell als auch finanziell nicht mehr möglich gewesen ist. Wir sind deshalb im März 2004 dazu übergangen, unsere aktuellen Informationen elektronisch in Form eines Newsletters via E-Mail zu verschicken. Derzeit ergeht unser Newsletter monatlich, manchmal auch im Abstand von zwei Monaten, an ungefähr 350 Personen und Institutionen aus Österreich sowie dem benachbarten Ausland, die zumeist im Bereich Alltagskultur, Volkskultur und Volkskunde tätig sind.

Im Newsletter informieren wir über Veranstaltungen und Ausstellungen, aber auch über innovative Ideen zum Thema Alltagskultur und Volkskultur und weisen auf interessante Hörfunk- und Fernseh-Sendungen hin. Außerdem werden Beiträge aus Zeitschriften vorgestellt und kurz besprochen. Die Ausgaben der letzten drei Newsletter können auf unserer Internet-Site nachgelesen werden.

Eva Silbernagl: Unsere Zeitschrift Baustelle Volkskultur? geht übrigens auf die Eröffnungsenquete des Bierstindls im Jahr 1993 zurück, wo wir begonnen haben, die Referate, verteilt auf zwei Zeitschriften-Nummern, zu veröffentlichen. In Folge haben wir in unregelmäßigen Abständen, meist zu aktuellem Anlass eine Zeitschrift herausgegeben. Im Jahr 1995 wurden z.B. die einzelnen Vereine des Bierstindls näher vorgestellt. In einer anderen Ausgabe haben wir eine im Jahr 1999 zum Thema Kultur und Kapital? veranstaltete Enquete wiedergegeben.

Eine andere wichtige Tätigkeit unseres Instituts war die Organisation von Veranstaltungen zu uns wichtig erscheinenden Themen. Für unsere öffentlich zugänglichen Veranstaltungen zu bestimmten thematischen Schwerpunkten ist es uns immer wieder gelungen, interessante Fachleute und Referenten für Vorträge zu gewinnen.


Ein großer Teil der Tätigkeit am Institut besteht im Katalogisieren der zahlreichen Bücher, Zeitschriften und anderen Medien. Daneben soll in Zukunft die Öffentlichkeitsarbeit forciert werden. Foto: Markt-Huter

 

Nach der Veranstaltung Kultur und Kapital? haben wir 2002 eine Veranstaltung mit dem Thema Fahnen, Flaggen und Hymnen? durchgeführt. Eine andere Veranstaltung setzte sich mit der Frage auseinander: Wem gehört das Lied??. Hier haben wir uns anlässlich der damals aktuellen Diskussion rund um das Verbot der Umtextung der Tiroler Landeshymne im speziellen auch des Themas Hymnen? angenommen. In einem Vortrag dieser Veranstaltung wurden auch die Gesänge von Fußballfans näher analysiert.

Monika Ramoser-Schallegger: Eine unserer letzten Veranstaltungen war im Rahmen des Tages der offenen Türe im Kulturgasthaus Bierstindl? eine Sagenreise durch Wilten für Erwachsene und Kinder unter dem Motto Von Riesen und Drachen in Wilten?, an der fast 30 BesucherInnen teilgenommen haben. Die Ausarbeitung der Veranstaltung erfolgte mit Hilfe von Literatur und Unterlagen, die in unserer Bibliothek vorhanden waren.

Lesen in Tirol: Was sind die Arbeitsschwerpunkt für die nächsten Jahre?

Eva Silbernagl: Es ist uns ein wichtiges Anliegen, unsere Öffentlichkeitsarbeit zu forcieren und die Öffentlichkeit vermehrt über unsere zahlreichen Medien und Angebote zu informieren. In einem geplanten Schulprojekt wollen wir gezielt SchülerInnen und LehrInnen ansprechen und deren Wünsche und Anliegen in Erfahrung bringen, um mögliche Angebote unseres Instituts für Schulen planen und ausarbeiten zu können.
Außerdem werden wir versuchen, unser Institut verstärkt am UNESCO-Projekt Immaterielles Kulturerbe? zu beteiligen und damit die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen weiter auszubauen.

Lesen in Tirol: Vielen Dank für das Interview!

 

 

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Andreas Markt-Huter, 28-08-2006

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