Lehrberuf: Archiv-, Bibliotheks- und InformationsassistentIn, Teil 2

Er gehört zu den jüngsten Lehrberufen. Die Lehrzeit dauert drei Jahre und Lehrstellen gibt es vor allem im Öffentlichen Bereich: an Universitätsbibliotheken, Hochschulbibliotheken und an manchen Öffentlichen Büchereien. Die Rede ist vom Lehrberuf Archiv-, Bibliotheks- und InformationsassistentIn der seit dem Jahr 2005 in Österreich als Ausbildung angeboten wird.

Die sehr vielschichtige Lehre zählt zum Bereich der kaufmännischen Büroberufe, weshalb ein Teil der Ausbildung auch kaufmännische Inhalte vermittelt, wie z.B. Verwaltung, Organisation, Betriebliches Rechnungswesen, Kommunikation und EDV sowie Beschaffung und Angebot von Arbeitsmitteln, Material, Waren und Dienstleistungen.

  

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Die Bibliothek der Pädagogischen Hochschule Tirol ist derzeit neben der Universitätsbibliothek Innsbruck der einzige Ausbildungsort für den Lehrberuf Archiv-, Bibliotheks- und InformationsassistentIn in Tirol. Lesen in Tirol hat mit Dr. Arnd Meusburger, dem Leiter der Bibliothek der Pädagogischen Hochschule Tirol, über seine Erfahrungen mit dem neuen Lehrberuf sowie über die Bedeutung der Lehre für die Bibliothek im Allgemeinen gesprochen.


Dr. Arnd Meusburger sieht die Anstellungsmöglichkeiten für Lehrlinge im Bereich des Bibliothekswesen als durchwegs positiv, weil die Nachfrage nach gut ausgebildeten und motivierten  FacharbeiterInnen immer bestehen wird. Foto: Markt-Huter

 

Lesen in Tirol: Seit wann bilden Sie Lehrlinge an der Bibliothek der PH-Tirol aus?

Arnd Meusburger: Jaqueline Bonvicin ist unser erster Bibliothekslehrling und hat vor drei Jahren mit ihrer Ausbildung begonnen. Vorher gab es an der Pädagogischen Hochschule Tirol bereits einen Lehrling im Bereich der Verwaltung. Um überhaupt einen Lehrling ausbilden zu können, ist es notwendig, dass wir vom Bund die finanziellen Mittel für eine Lehrlingsstelle zur Verfügung gestellt bekommen. Früher wurden Lehrstellen relativ großzügig vergeben, was sich in der letzten Zeit aber deutlich geändert hat. Heute werden eigentlich nur mehr jene Stellen nach besetzt, die bereits vorhanden sind.

An der Bibliothek der Pädagogischen Hochschule Tirol hätten wir theoretisch die Möglichkeit zwei Lehrlinge auszubilden. Diese Möglichkeit erscheint mir durchaus interessant, einfach weil wir erlebt haben, dass ein Lehrling doch vieles bewirken kann.

Lesen in Tirol: Welche Voraussetzung sollten Jugendliche mitbringen, wenn sie sich um den Lehrberuf eines Archiv-, Bibliotheks- und Informationsassistenten bewerben möchten?

Arnd Meusburger: Notwendig ist zuerst einmal ein Pflichtschulabschluss. Dabei sind gute Deutschkenntnisse besonders wichtig. Aber auch Kenntnisse in Mathematik haben sich in letzter Zeit als durchaus wichtig erwiesen. Wer sich z.B. mit Zahlen sehr schwer tut, wird Probleme mit den Signaturen der Bücher bekommen, vor allem beim Eintragen der Bücher in den Computer. Vor allem Menschen die an Dyskalkulie also an Problemen mit Zahlen und Mengen leiden, sind für die Lehre sicherlich ungeeignet, so Leid es einem auch tun mag.

Lesen in Tirol: Gibt es auch die Möglichkeit den Beruf über eine Schnupperlehre ein wenig näher kennen zu lernen?

Arnd Meusburger: Es besteht tatsächlich die Möglichkeiten, an der Bibliothek der PH eine Schnupperlehre zu beginnen. Zu sind bisher hauptsächlich Interessierte gekommen, die vom Arbeitsmarkt-Service betreut werden. Sehr häufig handelt es sich dabei um so genannte SchulabbrecherInnen, also Jugendliche, die eine weiterführende Schule aus den verschiedensten Gründen abgebrochen haben. Im Frühjahr hatten wir z.B. drei Schnupperlehrlinge bei uns an der Bibliothek.

Damit sie möglichst rasch die Arbeit und das Aufgabenfeld kennen lernen, werden sie gleich von Beginn bei allen Tätigkeiten eingesetzt. Sie arbeiten dann, natürlich mit der entsprechenden Unterstützung, im Buchmagazin, am Computer und in anderen Bereichen der Bibliothek. Das Schnupperpraktikum ist für alle Interessierten sicherlich eine gute Gelegenheit, um die Arbeit in einer Bibliothek kennen zu lernen. Wir wiederum erhalten einen unmittelbaren Eindruck von den einzelnen LehrlingskandidatInnen.


Wer eine Bibliothekslehre beginnen möchte, sollte vor allem den Wunsch und die Motivation haben, in einer Bibliothek arbeiten zu wollen. Foto: Markt-Huter

 

Lesen in Tirol: Welche Eigenschaften sollten Jugendliche mitbringen, die mit der Bibliothekarslehre beginnen wollen?

Arnd Meusburger: Am allerwichtigsten scheint mir, dass der Wunsch und die Motivation vorhanden sind, in einer Bibliothek arbeiten zu wollen. Außerdem sehe ich gute Deutsch- und Mathematikkenntnisse sowie ein gewisser Ordnungssinn als wichtige Voraussetzung für die Arbeit in einer Bibliothek. Für die Arbeit im Kundenbereich ist es wichtig, dass man mit Leuten kommunizieren und auch unter Druck rasch arbeiten kann. Man sollte sich also nicht gleich aus der Ruhe bringen lassen, wenn es einmal zu einem großen Andrang bei der Buchausleihe kommt.

Lesen in Tirol: Welchen Stellenwert hat die Lehrstelle zum Archiv-, Bibliotheks- und Informationsassistenten für die Bibliothek der Pädagogischen Hochschule?

Arnd Meusburger: Die Lehrstelle ist für die Bibliothek mittlerweile zu einer wichtigen fixen Einrichtung geworden. Wir haben bisher sehr positive Erfahrungen mit unserem Lehrling machen können, weil bereits nach einer kurzen Einführungszeit wichtige Aufgaben übernommen werden konnten. Der Lehrling wächst also direkt im Bibliotheksbetrieb mit, wobei sich die Tätigkeiten ständig verändern.

Lesen in Tirol: Was sind die Aufgaben eines Lehrlings in der Bibliothek?

Arnd Meusburger: Den Anfang bilden Aufräumarbeiten, d.h. Bücher, die bestellt sind, werden ausgehoben und nicht mehr benötigte Bücher wieder zurück in die Regale gestellt. Danach kommen die Lehrlinge zunächst aushilfsweise bei der Buchausleihe im Kundenbereich zum Einsatz. Da geht es nicht nur darum, den Barcode der Bücher mit dem Scanner zu erfassen, sondern da heißt es bereits gezielte Fragen der StudentInnen bearbeiten zu können.


Viele Tätigkeiten von BibliothekarInnen erfolgen im Hintergrund wie z.B. die Titelaufnahmen neuer Bücher, die zu Beginn von den Lehrlingen unter der entsprechenden Anleitung durchgeführt werden. Foto: Markt-Huter

 

Hier machen sich natürlich sofort die vorhandenen Deutschkenntnisse bemerkbar, wenn z.B. eingegebene Suchbegriffe richtig geschrieben werden müssen, um ein richtiges Ergebnis zu erhalten. Wer z.B. beim Suchbegriff rhythmische Gymnastik das Wort rhythmisch nicht richtig zu schreiben vermag, wird bei der Suche im Katalog kläglich scheitern. Daneben gibt es in unserer Bibliothek aber auch zahlreiche Arbeiten im Hintergrund wie z.B. die Titelaufnahme neuer Bücher oder die Mithilfe bei Revisionsarbeiten in den Schulbibliotheken, das Festhalten von Literaturwünschen von KundInnen u.a., die bereits alle vom Lehrling - unter entsprechender Anleitung - durchgeführt werden können.

Lesen in Tirol: Wie beurteilen Sie die Ausbildung der Bibliothekarslehrlinge an der Berufsschule?

Arnd Meusburger: Die Ausbildung an der Berufsschule, soweit ich das beurteilen kann, halte ich für durchaus gut. Es hilft uns sehr dabei, dem Lehrling auch das theoretische Fundament für seine Arbeit mit zu geben. Außerdem werden die Bibliothekslehrlinge auch im Bereich des betrieblichen Rechnungswesens und der EDV ausgebildet, was ihnen auch in anderen Berufszweigen zu gute kommen kann.

Lesen in Tirol: Wie viele Ausbildungsmöglichkeiten zur Bibliothekslehre gibt es in Tirol?

Arnd Meusburger: Derzeit bestehen in Tirol zwei Lehrstellen. Die eine wird an der Universitätsbibliothek in Innsbruck und die andere an unserer Bibliothek an der Pädagogischen Hochschule Tirol angeboten. Ich finde diese beiden Ausbildungsorte zunächst einmal deshalb sehr wichtig, weil es in Tirol grundsätzlich die Möglichkeit geben sollte, sich zum Bibliothekar ausbilden lassen zu können.

Aus gesamttirolerischer Sicht, denke ich mir, könnte die Bibliotheksdichte und die Professionalität der Bibliotheken durchaus noch verstärkt werden. Vor allem in den Bezirken sehe ich noch einigen Bedarf. Wenn man die Diskussion der letzten Jahre in Bezug auf die Leseförderung ein wenig Ernst nehmen will, wäre die Schaffung von Ausbildungsstellen für Bibliothekslehrlinge auch in Öffentlichen Büchereien sicherlich eine gute Investition in die Zukunft.


Wenn man die Diskussion um die Leseförderung ein wenig Ernst nehmen will, wären Ausbildungsstellen für Bibliothekslehrlinge auch in Öffentlichen Büchereien sicherlich eine gute Investition in die Zukunft. Foto: Markt-Huter

 

Lesen in Tirol: Was lässt sich über die berufliche Situation mit einer abgeschlossenen Bibliothekslehre in Tirol grundsätzlich sagen?

Arnd Meusburger: Die Beschäftigungsmöglichkeiten für Bibliothekslehrlinge nach Abschluss ihrer Lehre schätze ich eher positiv ein. Vor allem wenn sie gut motiviert sind, stehen ihnen mit ihrer guten fachlichen Ausbildung auch in anderen Berufszweigen viele Möglichkeiten offen. Wenn man sich die Altersstruktur im Öffentlichen Bereich näher anschaut, spricht vieles dafür, dass in den nächsten Jahren einige Stellen nach besetzt werden müssen.

Generell hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass es für Betriebe immer schwerer wird, qualifizierte MitarbeiterInnen zu bekommen. Gut ausgebildete und motivierte Menschen werden meines Erachtens immer eine entsprechende Arbeit finden, weil sie es sind, von denen Betriebe heute leben.

Lesen in Tirol: Vielen Dank für das Interview!


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Nähere Informationen zum Lehrberuf Archiv-, Bibliotheks- und InformationsassistentIn, zu den Aufgaben und Tätigkeiten, den Lehrplan an der Berufsschule, zu den Berufsaussichten sowie über offene Lehrstellen bieten Ihnen die weiterführenden Links.

 

 

Weiterführende Links:

 

Andreas Markt-Huter, 15-07-2009

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