Clemens Sedmak, Ans Herz gelegt

sedmak_herz.jpgEin feines Kriterium für Strömungen in der Gesellschaft sind immer sogenannte Ratgeber. Sie zeigen in Themenwahl und Methode, wie sich eine Gesellschaft wünscht, dass etwas besser gelingt.

Clemens Sedmak ist mittlerweile ein gern gesehener Gast für Abende, in denen er eine verbesserte Sprache präsentiert, scheinbar ausgestorbene Tugenden reaktiviert und durchaus nicht verschweigt, dass er als Theologe sich nicht geniert, selber religiös zu sein.

In seinem Besinnungs-Ratgeber „Ans Herz gelegt“ nimmt er durchaus sensible Wörter an der Kitsch-Grenze auf und stellt diese in einem Wörterbuch selbstbewusst zur Debatte. Beisammengehörigkeit, Brotgefährtenschaft, gestammelte Liebe, Logopädie der Liebe oder liebesmusikalisch sind der Versuch, diesen oft abgehandelten Begriff Liebe für die Gegenwart einzufangen und ihn mit brauchbarem Sinn zu unterlegen.

Als Transportmittel für diese meditativen Essays dient der gute alte Brief, der Zeit braucht, um zu entstehen, Zeit braucht, um transportiert zu werden, und letztlich der Leserschaft Zeit abverlangt, die angesprochenen Gedanken zu sortieren. Der Brief ist also eine bewusste Entschleunigung in einer Welt voller Blogs und hingeschleuderter Halbwahrheiten.

Die Briefe richtet der Autor einmal an seine engste Umgebung: Frau, Tochter, Sohn, Mutter, Vater. Dabei wird eine Grundstruktur dieser Rollen angesprochen, worin sich neben dem individuellen Fall auch so etwas wie eine Überlebens-Liebe in engster Gesellschaft zeigt.

Briefe an die Meisterinnen und Meister richten sich an Schriftsteller und Philosophen, die etwas Zeitloses zum Thema Liebe gedacht haben. Hier handelt es sich um fiktive Autorengespräche, wie sie unsereins vielleicht nach der Lektüre eines gelungenen Buches führt.

Schwierige Briefe richten sich an Obrigkeit, Bürokratie und Verwaltung, aber auch an einen exemplarischen Asylwerber, dem der Brief zeigt, worum es bei der sogenannten Integration geht.

Die kurzen Briefe sind an den rastlosen Momo gerichtet, der mit der Zeit nicht zurechtkommt, und an einen Sterbenden, dessen Zeit schon ganz nah ist, in einen anderen Zustand überzutreten.

Mit den vielen Sprachen der Liebe lässt sich auch das Unsagbare manchmal andeuten, es kommen religiöse Lichtblicke zum Vorschein, die nicht durch Moral verdunkelt sind, die Ansprachen sind vorsichtig und wertschätzend, sodass sich der Leser rechtzeitig zum Überblättern entschließen kann, wenn ihm etwas zu warmherzig wird. Das ist nämlich auch ein Kriterium der Sedmakschen Begriffe, sie sind handwarm und formbar, wie bei einem Händeschütteln.

Der Volksmund hat mittlerweile das interessante Sprichwort im Umlauf: „Mit jedem Kopftuch, das sich in die Öffentlichkeit wagt, steigen zwei Christen aus ihren eingemotteten Glaubenskisten.“ So gesehen ist dieses Buch vielleicht auch ein Ansatz zu einem Diskurs, der den oft gehässigen Stammeleien in Blogs eine feine, allen gerecht werdende Sprache entgegensetzt.

Clemens Sedmak, Ans Herz gelegt. Die vielen Sprachen der Liebe
Innsbruck: Tyrolia Verlag 2016, 173 Seiten, 14,95 €, ISBN 978-3-7022-3550-5


Weiterführende Links:
Tyrolia Verlag: Clemens Sedmak, Ans Herz gelegt
Wikipedia: Clemens Sedmak

 

Helmuth Schönauer, 27-01-2017

Bibliographie

AutorIn

Clemens Sedmak

Buchtitel

Die vielen Sprachen der Liebe

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

Tyrolia Verlag

Seitenzahl

173

Preis in EUR

14,95

ISBN

978-3-7022-3550-5

Kurzbiographie AutorIn

Clemens Sedmak, geb. 1971 in Bad Ischl, wohnt in Seekirchen.