Katharina Mahrenholtz, Schriftstellerinnen!

Titelbild: Katharina Mahrenholtz, Schriftstellerinnen!Ein Titel mit einem starken Gender-Ausrufzeichen macht sofort nachdenklich, warum da etwas mit der Genderei noch nicht stimmt. Schriftstellerinnen kann ein Befehl sein, mit dem jemand in der Bibliothek egal was will, Hauptsache Schriftstellerinnen! Es kann aber auch eine Verzückung darstellen: Wohin man schaut, alles Schriftstellerinnen!

Katharina Mahrenholtz stellt eine über Jahrhunderte und Kontinente ausgreifende Literaturgeschichte des weiblichen Schreibens vor.

Der Schwerpunkt liegt dabei in der Biographie, denn es macht wohl einen elementaren Unterschied zu den Männern aus, wie Frauen ihr Schreiben organisieren müssen. Von der Nobelpreisträgerin Toni Morrison gibt es die Anekdote, dass sie beim Stillen geschrieben hat, wenn das Kind ins Heft gespuckt hat, hat sie eben um den Klachel herumgeschrieben.

Die Schriftstellerinnen sind in der Hauptachse chronologisch aufgefädelt von Sappho (630 v. Chr.), über Harriet Becher Stowe (19. Jhd.), Virginia Wolf (20. Jhd.) bis herauf zu Donna Leon, Donna Tartt, Joan Didion oder Yasmina Reza. In einer Zeitleiste sind die jeweiligen Werke mit historischen Ereignissen oder Büchern der männlichen Gegenwelt unterlegt.

Also während Djuna Bares am Nachtgewächs schreibt, dreht Charlie Chaplin Moderne Zeiten, während Erica Jong die Männer in „keine Angst vorm Fliegen“ kleinmacht, putschen die großen Männer in Chile, während Marguerite Duras ihr erstes Liebesabenteuer aufzeichnet, liegt England wegen des Bergarbeiterstreiks gegen Margarethe Thatcher am Boden.

In optischen Schautafeln, die von Dawn Parisi klar gestanzt sind, erfahren wir das Verhältnis Mann-Frau beim Nobelpreis, wir sehen eine Stechuhr, mit der die Autorinnen ihre Werke herunterklopfen, und wir können uns an einem Würfelspiel beteiligen, wo wir das schreibende Figürchen über Bestseller, Netter Mann, Sex Sells, Klinik und Schreibblockade dem Happy End zuführen können. (76/77)

Die einzelnen Porträts haben als Besonderheit eine „Smalltalk-Info“, weil man im modernen Literaturbetrieb immer etwas zum Tratschen braucht, damit man sich nicht mit dem Werk auseinandersetzen muss. Da erfährt man den vollen Namen Pippis (95), man hört von den Schwierigkeiten bei der Verfilmung der Farbe Lila (137) oder nickt, wie Anais Nin ihre Schreib-Kohle dem Henry Miller für dessen Exzesse gegeben hat.

Die größeren Werke sind schließlich mit einer ziemlich persönlichen Wertung versehen, die manchmal bei der Leserschaft Argwohn auslösen wird. Über Elfriede Jelinek etwa heißt es:

Merkwürdige, zusammengeklaubte Sprache, alles voller Metaphern, autobiographisch?! Kann Kunst sein. (139)

Jedenfalls ein schönes Buch mit schrägem Blick auf den Literaturbetrieb, der an manchen Tagen ziemlich geschlechtslos ist.

Katharina Mahrenholtz, Schriftstellerinnen! Leben und Werke berühmter Autorinnen, ill. v. Dawn Parisi
Hamburg: Atlantik Verlag 2017, 192 Seiten, 22,70 €, ISBN 978-3-45537041-6


Weiterführender Link:
Atlantik Verlag: Katharina Mahrenholtz, Schriftstellerinnen! Leben und Werke berühmter Autorinnen

 

Helmuth Schönauer, 19-02-2017

Bibliographie

AutorIn

Katharina Mahrenholtz

Buchtitel

Schriftstellerinnen! Leben und Werke berühmter Autorinnen

Erscheinungsort

Hamburg

Erscheinungsjahr

2017

Verlag

Atlantik Verlag

Illustration

Dawn Parisi

Seitenzahl

192

Preis in EUR

22,70

ISBN

978-3-45537041-6

Kurzbiographie AutorIn

Katharina Mahrenholz, geb. 1970 in Braunschweig, lebt in Hamburg.