Peter Wurm, Sinnlos

Titelbild: Peter wurm, sinnlosWenn etwas nicht mehr weitergeht, seufzt meist jemand „sinnlos!“, und die Sache ist vorläufig vertagt.

Peter Wurm winkt dieses „sinnlos“ von Anfang an durch die Zeilen, die Erzählung ist so überdrüssig angelegt, dass sie jeder Zeit unterbrochen oder beiseitegelegt werden könnte. Und der Stoff ist bei näherem Hinsehen ebenfalls sinnlos, wiewohl er sich an historische und zeitgenössische Fakten hält.

Held dieses Sinn-Desasters ist Xaver Wurm, der als Ich-Erzähler wahlweise von sich selbst, seinen Vorfahren und den Zeitgeschehnissen berichtet. Wie man oft beim Sinnieren vom Hundertsten ins Tausendste kommt, lässt sich auch in der Sinnlosigkeit jederzeit ein roter Faden finden, der zwei Vergeblichkeiten miteinander verbindet.

Schon der erste Satz macht alles klar: „Meine erste Erinnerung gibt es nicht.“ Irgendwann ist der Erzähler geboren, die Großeltern sind zum Teil in Ried im Innkreis verankert, zum Teil in Wien. Bei den Großeltern weiß man nie, sind sie jetzt etwas Persönliches, das nur für einen da ist, oder sind sie Ausläufer aus der Nazi-Zeit, die selbst ihre Herkunft verschweigen.

Plötzlich steht dann der Vater im Mittelpunkt der Erinnerungen, weil er ständig mit Suizidversuchen herumhantiert hat. Und bei dieser Gelegenheit stellt sich heraus, dass ja auch der Erzähler ununterbrochen Suizid im Auge hat. Seit er weiß, dass eine Marienerscheinung Anlass für die Aufnahme in eine geschlossene Anstalt sein kann, ist er Dauergast der Psychiatrie. Und letztlich sind alle Suizidversuche vergeblich.

Ich wusste nicht, was ich mit meinem weiteren Leben anfangen sollte. (53)

Nicht weniger desaströs geht es beim Thema Sex zu, plötzlich ist der Held verliebt, dann kommen ihm seine ersten Doktorspiele in den Sinn, bei dieser Gelegenheit stellt sich heraus, dass er mindestens zweimal verheiratet gewesen ist und auch zwei Kinder sind da, worüber die Verwandten nur den Kopf schütteln, was macht ihr jetzt mit eurem Kind?

Beim Abrechnen mit der sinnlosen Vergangenheit dürfen auch Reisen nicht fehlen, die jeweils einen kantigen Umgang mit der Zeitgeschichte pflegen. So ist der Held genau zwei Jahre vor dem Absturz der Lauda-Maschine eben mit dieser geflogen. Als sich eine Stelle in Spanien auftut, beschließt der Held dorthin zu fliegen und teilt es der aktuellen Ehefrau mit:

Kommst du mit oder trennen wir uns? (95)

Die Frau freilich will nach Frankreich, und so muss das Ganze noch einmal geplant werden. Selbstverständlich ist Xaver Finster auch bei der Unterstutzungstruppe Waldheim gewesen, erst als dieser auf die Watch-list gekommen ist, hat sich das Verhältnis zum „Suppenhuhn“, wie Waldheim in Insiderkreisen genannt wird, abgekühlt.

Wie geht eine sinnlose Geschichte eigentlich aus? Ganz einfach, der Vater weint und hält seinen frisch geborenen Sohn in den Armen und weiß, dass sich dieser dereinst in der Welt durchsetzen wird. - Selten in der Literatur kommt der Sinn des Lebens so gut rüber wie in diesem grandiosen Sinnlos!

Peter Wurm, Sinnlos
Wien: Edition Sonnberg 2016, 104 Seiten, 12,90 €, ISBN 978-3-9504320-0-8

 

Weiterführender Link:
Edition Sonnberg

 

Helmuth Schönauer, 31-01-2017

Bibliographie

AutorIn

Peter Wurm

Buchtitel

Sinnlos

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

Edition Sonnenberg

Seitenzahl

104

Preis in EUR

12,90

ISBN

978-3-9504320-0-8

Kurzbiographie AutorIn

Peter Wurm, geb. 1969 in Wien, lebt in Wien.