Lukas Meschik, Über Wasser

lukas meschik über wasserStraffe Fügungen können ein üppiges Lebensprogramm beschreiben, über Wasser heißt dabei für den einen, dass er nach Schwierigkeiten gerettet und über Wasser ist, ein anderer hat vielleicht messianische Züge und geht mit seinem Programm tatsächlich über Wasser.

Lukas Meschik lässt seinen Helden Noah über das Wasser der Gegenwart surfen, manches dient ihm dabei als Auftriebsstoff, anderes als Antriebsmittel, manche Passagen bestehen aus purem Gleitmittel. Begriffe wie Angst, Möglichkeit, Blech oder Montag sind als Schlüsselwörter ausgebaut, und man ahnt schon, wie sich darum herum das Leben ansetzt wie Moos auf altem Gestein.

Noahs Leben läuft biologisch achtsam ab, der Held geht Gefahren aus dem Weg und versucht eine Struktur an den Tag zu legen, auch wenn es oft seitenverkehrt läuft. So kauft er sich ein Notizbuch, um darin Ideen zu generieren und nicht umgekehrt.

Im Fernsehen lief ein bisschen Krieg. (64)

In den Bilderpausen freilich denkt Noah an seine Gudrun, dann läuft wieder Krieg, beides ist unverbindlich und wird ohne Kommentar abgenickt.

Das Reisen bringt letztlich nichts, denn die diversen Länder sind genauso, wie sie im Fernsehen dargestellt werden, man kann sich das Nachfahren schöner Bilder sparen. Die Geschichten sind assoziativ verbunden, wie man vielleicht auf Wikipedia von einem Artikel auf den anderen durch-maust. Am Schluss bleibt ein logischer Eindruck von einer Gesellschaft, die von selbst in ihre Einzelteile zerfällt, wenn man sie allzu wörtlich nimmt.

Er lief nicht, er ging Amok! (267)

Zu seinem Geburtstag gibt es Hunger auf Fleisch, zu ihrem das Recht auf ein Vorspiel.

Es reißt einen immer aus den Artikeln, wenn man als Leser mit diesen Regularien einer unsichtbaren Welt vertraut gemacht wird. Halb in einem Raumschiff, halb auf einem Kinderspielplatz geht es dann nach Tokyo ins Herz der Roboter. Jemand arbeitet dabei an einem Pilotprojekt, um eine Wohnung mit Lächeln zu füllen, wie man andernorts Stadtteile flutet.

Die Kernmetapher für dieses Leben dürfte „Schrödingers Katze“ sein, die man ja umbringen muss, um zu wissen, ob sie in der Box gesessen ist. Im Falle von Noah gibt es einen Stapel mit Schrödingers Briefen, die kaputtgehen, wenn man sie zu öffnen versucht. Auch die Frauen dürften letztliche alle Schrödinger Wesen sein, sie sind jedenfalls alle irgendwo kaputt, wenn man sich ihnen öffnet.

Lukas Meschik erzählt von einem sympathischen Helden, der den Leser nur bedingt an sich lässt, dafür aber mit ihm das Regelwerk junger Erwachsener durchstöbert, die dabei sind, im System sesshaft zu werden. „Am Schluss liegen alle da wie hingeträumt!“

Lukas Meschik, Über Wasser. Roman
Innsbruck: Limbus Verlag 2017, 287 Seiten, 22,00 €, ISBN 978-3-99039-097-9


Weiterführende Links:
Limbus Verlag: Lukas Meschik, Über Wasser
Wikipedia: Lukas Meschik

 

Helmuth Schönauer, 24-03-2017

Bibliographie

AutorIn

Lukas Meschik

Buchtitel

Über Wasser

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2017

Verlag

Limbus Verlag

Seitenzahl

287

Preis in EUR

22,00

Kurzbiographie AutorIn

Lukas Meschik, geb. 1988 in Wien, lebt in Wien.