Elias Schneitter, Wie geht’s

elias schneitter, wie gehtsUm den Blick bis an den Rand des Ereignisses hinauszukriegen, muss der Betrachter vor allem gelenkige Augen haben. Denn wer immer nur starr auf das Zentrum und den Mainstream starrt, bekommt vom Rand nichts mit.

Elias Schneitter gilt als Vertreter der europäischen Beatniks, wie sich jene Generation nennt, die meist in den 1950er Jahren geboren ist und die Welt von klein auf in Randlage erlebt hat. In seiner aktuellen Sammlung stellt er diese typischen Fragen, die beiläufig an der Peripherie gestellt werden und zwischendurch eine Lawine von erschütternden Begebenheiten auslösen können. Wie geht‘s ist eine Frage, die meist gut ausgeht, wenn sie cool an der Oberfläche gehalten wird, aber wehe, man nimmt die Frage wörtlich.

Die Unglücke und Katastrophen kommen oft schleichend, eine Beziehung hat sich ausgedünnt, aber es fehlen noch die richtigen Worte, um das zu beenden. Die Lebensläufe verwenden offiziell ein anderes Inventar, als es sich die Helden selbst in inneren Monologen erzählen. Und dann gibt es noch diese Unfälle und Alltagsunglücke, wo jemand stirbt und man nicht weiß, wie man es seiner Mutter erzählen soll.

Oft geraten die Stationen, an denen Wortlosigkeit auf Leben und Tod trifft, selbst in den Strudel der Überlegungen. Nicht umsonst sind alle Texte mit einer Café-Angabe und Jahreszahl unterlegt. Ein schräges Café in Ottakring kann Linderung verschaffen, wenn es schon keine Therapie ist, oft genügt das bloße Sitzen, dass sich die Geschichten entwirren können.

Die Lichtblicke und Strahl-Bilder sind dann oft Dichter, Schauspieler, Künstler, die diesem Einknicken der Welt vor sich selbst so simple Dinge wie Filme, Verse, und sprachliche Verführungen entgegensetzen. Dabei kommt die Lyrik oft selbst in Schräglage, indem sie beiläufig, seitlich und unabsichtlich gestreift wird.

Was ist nude schreit bei einer Diskussionsveranstaltung ein Student, als er mit Alan Ginsberg ins Gespräch kommen will. Wo ist die Sprachpolizei, fragt sich das lyrische Ich, als die Verse auf offener Szene zu schlägern beginnen, und im Warmduscher-Blues muss sich ein Held rechtfertigen, dass seine Sätze nur tröpfeln, statt den ganzen Unrat aus dem Gesichtskreis zu spülen.

In den Gedichten sind fallweise Geheimbotschaften versteckt, manche lassen sich als offenes Beatnik-Programm lesen. Im Gedicht Prediger heißt es:

Hüte dich vor jedem, der versucht, dir etwas einzureden, / denn er will dich bevormunden. // Hüte dich vor allem / vor deinen eigenen Gedanken / und vor dir selbst, / denn ohne dieses Misstrauen / wirst du ebenfalls scheitern / und auf einem Irrweg landen. (19)

Die Frage Wie geht’s hat jedenfalls ihre Unschuld verloren. Spätestens seit Elias Schneitter gibt es darauf Antworten.

Elias Schneitter, Wie geht’s
Wenzendorf: Stadtlichter Presse 2017, 52 Seiten, 12,00 €, ISBN 978-3-936271-90-4

 

Weiterführende Links:
Stadtlichter Presse: Elias Schneitter, Wie geht’s
Wikipedia: Elias Schneitter

 

Helmuth Schönauer, 25-04-2017

Bibliographie

AutorIn

Elias Schneitter

Buchtitel

Wie geht’s

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2017

Verlag

Stadtlichter Presse

Seitenzahl

52

Preis in EUR

12,00

ISBN

978-3-936271-90-4

Kurzbiographie AutorIn

Elias Schneitter, geb.1953 in Zirl, lebt in Zirl und Wien.