Homer, Die Odyssee

homer, die odyssee„Warum überhaupt sollte man jetzt die Odyssee lese? Nun, sie ist eine fabelhafte und spannende Reisegeschichte, obendrein gibt es Liebe, Hass, Schiffbruch, Mord und Totschlag und Himmel und Hölle. Auch erzählerisch ist die Odyssee ein hochraffiniertes Meisterwerk. Und ja, die Irrfahrten des Odysseus sind neben der Bibel eines der Ur-Narrative unsere Literatur. […] Aber das Beste: Die Odyssee hat bei näherem Hinsehen viel mit unserer heutigen, modernen Welt zu tun.“ (S. 7)

Die Odyssee ist das zweitälteste Werk der europäischen Literatur und dürfte zwischen dem Ende des 8. und Anfang 7. Jahrhunderts entstanden sein. Wie die Ilias wird die Odyssee dem mythischen Dichter Homer zugeschrieben. Inhaltlich schließt das Epos schließt an die Handlung der Ilias an und besingt die Irrfahrten des griechischen Helden Odysseus, der von der Eroberung Trojas bis zu seiner Rückkehr nach Ithaka zehn Jahre durch die verschiedensten Orte der damaligen bekannten Welt getrieben wird.

Die Odyssee zählt neben der Ilias bereits im Altertum zu den Klassikern der antiken Literatur und gehört bis in die Gegenwart zum allgemeinen Bildungskanon. Das Epos gliedert sich in 24 Gesänge beginnt mit dem Aufruf des anonymen Erzählers an die Göttin der Muse von den Abenteuern des Odysseus zu berichten, den nach der Zerstörung Trojas der Zorn des Poseidon nach langen Irrfahrten schließlich auf die Insel der Kalypso verschlagen hat.

Die Götter beschließen den Helden heimkehren zu lassen, doch durch einen Sturm den ihm der Gott Poseidon entgegenschickt, erleidet er neuerlich Schiffbruch und findet sich am Strand der Insel der Phaiaken wieder. Die Phaiaken nehmen Odysseus, der seine wahre Identität zunächst verbirgt, gastfreundlich auf. Zur gleichen Zeit macht sich sein Sohn Telemachos auf den Weg, um seinen Vater zu suchen, weil die Freier auf der Insel Ithaka, Odysseus‘ Frau Penelope immer stärker bedrängen.

Odysseus gibt den Phaiaken seine wahre Identität preis und erzählt in einem Rückblick von seiner zehnjährigen Irrfahrt und seinen Abenteuern. Er schildert den Kampf gegen Seeungeheuer, die Blendung des Kyklopen Polyphem, die ihm die Rache Poseidons eintrug. Ebenso von der Verwandlung seiner Gefährten durch die Göttin Kirke und den mehrjährigen Aufenthalt bei ihr. Nachdem er all seiner Gefährten verloren hat, gerät er in den Bann der Zauberin Kalypso. Der Phaiakenkönig Alkinoos zeigt sich vom vielen Leid das Odysseus widerfahren war tief bewegt und ermöglicht ihm die Heimkehr nach Ithaka.

Nach seiner Rückkehr rächt sich Odysseus an den frevelhaften Freiern, die kurz davorstehen, den für Tod geglaubten Odysseus um seine Frau und sein Königreich zu beerben. Odysseus verkleidet sich zunächst als Bettler und gibt sich nur einem Schweinehirten und später seinem Sohn Telemach zu erkennen. In einem Wettkampf für die Hand Penelopes gibt sich Odysseus zu erkennen und nimmt tödliche Rache an den Freiern. Der sich anbahnende Krieg mit den Verwandten der Ermordeten wird durch das Auftreten der Göttin Athene verhindert und findet ein versöhnliches Ende.

Odyssee, 1. Gesang (Christoph Schmitz-Scholemann, 2023)

Brich dein Schweigen!
Muse, sprich von dem Mann,
Der die feste Burg der Trojaner verbrannte,
Der die Städte und Seelen der Menschen kannte
Und zäh mit dem Zorn des Ozeans rang.
Hart kämpfte der Mann um sein Leben.
Hart kämpfte er auch um seine lieben Genossen, aber vergebens.
Als die heiligen Ringer erschlugen, die Toren,
Rächte der Gott sich bitter.
Und der Tag ihrer Heimkehr war für immer verloren.
Sprich, meine Göttin! Leih mir dein Wort und deinen Gesang!

Odyssee, 1. Gesang (Johann Heinrich Voß, 1821)

Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes,
Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstörung,
Vieler Menschen Städte gesehn, und Sitte gelernt hat,
Und auf dem Meere so viel' unnennbare Leiden erduldet,
Seine Seele zu retten, und seiner Freunde Zurückkunft.
Aber die Freunde rettet' er nicht, wie eifrig er strebte,
Denn sie bereiteten selbst durch Missetat ihr Verderben:
Toren! welche die Rinder des hohen Sonnenbeherrschers
Schlachteten; siehe, der Gott nahm ihnen den Tag der Zurückkunft,
Sage hievon auch uns ein weniges, Tochter Kronions.

Die Anfänge der Odyssee im Vergleich: rechts die Neuüberserzung von
Christoph Schmitz-Scholemann und links die klassische Übersetzung
von Johann Heinrich Voß aus dem Jahr 1821.

Christoph Schmitz-Scholemann bietet in seinem Vorwort einen kurzen Einstieg in die Welt der Odyssee und die Bedeutung des literarischen Werkes. Anschließend werden in Kurzfassungen die Inhalte der 24 Gesänge kompakt wiedergegeben. Schmitz-Scholemanns Übersetzung zeichnet sich durch seine klare, verständliche und flüssige Sprache aus, die leicht lesbar, ohne Kommentare auskommt aber dennoch die Musikalität von Gesängen anklingen lässt.

Ein schönes und lesenswertes Buch, das allen an der Odyssee interessierten Leserinnen und Lesern einen klassischen Lesestoff in der Sprache der Gegenwart zu vermitteln mag und sie in die alte Welt der Helden und Sagen eintauchen lässt.

Homer, Die Odyssee. Übers. v. Christoph Schmitz-Scholemann
Coesfeld: Elsinor Verlag 2023, 575 Seiten, 29,90 €, ISBN 978-3-942788-75-5

 

Weiterführende Links:
Elsinor Verlag: Homer, Die Odyssee
Wikipedia: Odyssee
Wikipedia: Homer
Wikipedia: Christoph Schmitz-Scholemann

 

Andreas Markt-Huter, 14-12-2023

Bibliographie

AutorIn

Homer

Buchtitel

Die Odyssee

Originaltitel

Odyssee

Erscheinungsort

Coesfeld

Erscheinungsjahr

2023

Verlag

Elsinor Verlag

Übersetzung

Christoph Schmitz-Scholemann

Seitenzahl

575

Preis in EUR

29,90

ISBN

ISBN 978-3-942788-75-5

Kurzbiographie AutorIn

Homer gilt traditionell als Autor der Ilias und der Odyssee und damit als frühester Dichter des Abendlandes. Er soll in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts in Griechenland gelebt haben.

Christoph Schmitz-Scholemann wurde in Solingen-Ohligs geboren und ist ein deutscher Jurist, Autor und Übersetzer sowie ehemaliger Richter am Bundesarbeitsgericht.