Walter Methlagl (Hrsg.), Erich Lechleitner

Buch-Cover

So ist es in der Provinz üblich. Lange nach dem Tod kriegt ein Künstler eine hinreißende Biographie, an die er selbst in den kühnsten Träumen nicht zu denken gewagt hätte.

Das örtliche Forschungszentrum bietet für die Verflossenen das Beste an Text und Bild auf, während die Zeitgenossen weiterhin zu Lebzeiten verachtet werden, damit man später umso heroischer über sie herfallen kann.

Die Biographie über Erich Lechleitner ist letztlich so schön, dass man als Leser fast wütend ist, dass er sie zu Lebzeiten nicht mehr sehen durfte.

Walter Methlagl, der Meister der stillen Würdigung, beschreibt das Leben des Künstlers unter den Gesichtspunkten Geschichte, Lebenslauf, Werk und Rezeption, wobei er mit dem Handgriff der Szenarien arbeitet. Dadurch kann der öde Lebenslauf durchbrochen werden indem etwa das vorletzte Szenario an den Beginn gesetzt wird: Nachkrieg und kultureller Wiederaufbau.

Die wichtigsten Stationen des Malers waren die Ausbildungsjahre in Wien (1898-1902), Triest, Cilli, München, Paris, London und Amsterdam, die Brenner-Gruppe und das Spätwerk in Innsbruck. Einmal abgesehen vom üblichen Ficker-Kult (in jedem Text Walter Methlagls wird Ludwig von Ficker bis zur Erschlaffung gewürdigt), beeindruckt die Darstellung durch die Verknüpfung von Material, Zitaten, Thesen und dem biederen Lebenslauf.

Zwei große Konvolute mit Bildern, eine perfekte Zeittafel und ausführliche Quellenangaben adeln den Künstler mit allen Kunstgriffen des wissenschaftlichen Handwerks. Als normaler Leser stellt man sich am Schluss die Frage, was kann man aus einem Leben, wie es Erich Lechleitner geführt hat, lernen, außer Bewunderung?

Erstens: Deine Mehrfachbegabung ist immer schlecht, weil du dann immer in die nächste Schublade geschoben wirst. Lechleitner hatte ständig damit zu kämpfen, die Komponenten Design, Architekturprojekte, Malerei und Didaktik unter einen Hut zu bringen.

Zweitens: Dein Berufsbild musst du als Genie ausgeben, willst du von der neidenden Berufsgenossenschaft wahrgenommen werden. Nichts hassen Kollegen so sehr, wie einen Mitkollegen, der gewöhnlich ist wie sie selber.

Drittens: Die Implementierung deines Werkes in die Gesellschaft kann nur nach deinem Tode erfolgen, vergiss daher alle Unternehmungen zu Lebzeiten, zumal in der Provinz das Leben immer erst nach dem Tod beginnt.

Viertens: Hüte dich vor der Aufarbeitung deines Werkes durch so genannte ?Spezialisten?. Gerade bei Erich Lechleitner werden oft Dinge ins Reich der Dilettanten abgeschoben, die letztlich authentischer Ausdruck der Provinz sind.

Und welcher Begriff wird letztlich unsterblich mit Erich Lechleitner in Verbindung gebracht? ? Vielleicht ist es der ?Alpen-Pan?, ein in die Täler eingeschlossener Freigeist, der gerade durch seine Unvollkommenheit elegant durch alle Bilder pfeift.

Walter Methlagl (Hg.): Erich Lechleitner 1879-1959.
Innsbruck: Haymon 2003. 336 Seiten. EUR 44,-. ISBN 3-85218-438-X.

 

Helmuth Schönauer, 06-05-2005

Bibliographie

AutorIn

Walter Methlagl (Hrsg.)

Buchtitel

Erich Lechleitner

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2003

Verlag

Haymon

Herausgeber

Walter Methlagl

Seitenzahl

336

Preis in EUR

EUR 44,-

ISBN

3-85218-438-X

Kurzbiographie AutorIn

Walter Methlagl (Hg.): Erich Lechleitner 1879-1959.