Eleonore Weber, Landkarte im Maßstab 1:1
Die größte Glaubwürdigkeit über die Verfasstheit einer Botschaft, Nachricht oder Erzählung erweckt die Zauberformel 1: 1. Nicht nur vor Gericht erweckt eine Aussage große Authentizität, wenn sie angeblich im Maßstab 1:1 wiedergegeben wird, auch in der Weltliteratur erreicht die Glaubwürdigkeit beim Erzählen ihren Peak, als Jorges Luis Borges von einer Landkarte 1:1 spricht, die durch ihre Maßzahl an Genauigkeit nicht übertroffen werden kann. Von dieser Überlegung leitet sich auch die These ab, dass die ideale Bibliothek eins zu eins der Welt entsprechen müsse, um sie abzubilden.
Eleonore Weber erweitert diesen Gedankengang mit ihrer Sammlung von zwölf Geschichten, die diesem magischen 1:1 unterworfen sind. Eine ideale Erzählung gleicht daher in ihrer Dauer dem erzählten Stoff, eine darin eingewobene ideale Zeichnung entspricht in Größe und Schraffur dem abgezeichneten Original, und auf der Netzhaut sollten Land und Karte den gleichen Reiz für das Gehirn auslösen.
Die beiden wichtigsten literarischen Genres in Österreich sind Amnesie und Anamnese. Im einen Fall wird alles ausgeblendet, was das Wohlbefinden stört, im andern Fall alles geadelt, was zu einer Krankheit führt. So sind im öffentlichen Bereich die Krankengeschichten stärker verbreitet als andernorts die Kriminalgeschichten.
Alle Menschen unterliegen biographischen Kreuzwegen, wenn sich eigene Lebenslinien mit solchen anderer Zeitgenossen kreuzen. Im religiösen Ambiente versteht man unter Kreuzweg eine leidende Auslegung des Schicksals, im strengen katholischen Ritual hat sich daraus das Genre des Kreuzwegs herausgebildet, dabei werden in vierzehn Episoden die Leidensstationen Christi auf seinem Weg hin zur Kreuzigung nachempfunden und nachgebetet.
Gedichte sind unter anderem dazu da, die Zeit anzuhalten und die darin aufgestapelten Vorgänge einzumotten. Gedichte sind die idealen Mottenkugeln, heißt es in einer gängigen Anleitung für Alltagslyrik.
Capriccio bezeichnet den absichtlichen, lustvollen Regelverstoß der akademischen Normen, ohne die Norm außer Kraft zu setzen.
„Am 10. Mai 1525, vor 500 Jahren, läuteten in der Umgebung von Brixen die Kirchenglocken Sturm. Das war das Zeichen für den Aufstand gegen die Obrigkeit, gegen Fürstbischof Sebastian Sprenz. Auf der Millander Au versammelten sich an die 5000 Bauern der umliegenden Gerichte. Zuerst plünderten sie in der Stadt Brixen und dann im Kloster Neustift.“ (S. 7)
Fernweh irritiert in der Literatur die Helden doppelt. Zum einen können sie keinen klaren Gedanken mehr fassen, weil sie mit ihrer Sehnsucht schon weit weg sind, zum anderen wird die Realität bedrückend, weil sie als unmittelbare Umgebung das Gegenteil von Fernweh ist.
Von Forschenden kennen wir meist nur ihre Ergebnisse, Reisen und Laborberichte. Nur selten gelingt es uns Lesenden, in ihre Köpfe zu schauen um zu erfahren, wie sie ticken. Und stimmt es wirklich, dass sie für sich alle eine Geheimsprache verwenden?
„Generation Angst ist ein Buch, in dem es darum geht, wie wir das menschliche Leben für Menschen aller Generationen zurückerobern können.“
„Ihre Bücher sind Skulpturen und Depots zugleich.“ (238) SCHRIFTSTELLEN ist ein komprimierter Nachruf, bestehend aus verdichtetem Werküberblick, Biographie sowie Beschreibung der wichtigsten Thesen.