„Der Österreicher wartet darauf, vom Denken befreit und erlöst zu werden, die Arbeit tut er gerne und gewissenhaft, aber denken will er nicht.“ (182)

Was hier im Stile Thomas Bernhards über die Österreicher philosophiert wird, stammt aus den Notizen eines Aussteigers, der durch eine Erbschaft aufs Land in die Nähe von Thomas Bernhard gespült wird. Peter Landerl stellt in seinem Roman nämlich den Helden schnörkellos einsam, österreichisch und belesen dar.

Üblicherweise leiden in der Literatur die Helden unter der Zeit, sie werden von ihr aufgefressen, verstoßen oder zur Strecke gebracht.

In Rainer Juriattis Roman „Lachdiebe“ freilich ist es umgekehrt. Da geht der Held so forsch mit seiner Umgebung um, dass sogar die Zeit abhaut. „So floh die Zeit“ heißt jeweils der letzte Satz eines Kapitels.

In der Literatur gibt es das pathetische Motto: Wenn du eine Nacht extrem hingekriegt hast, hast du vielleicht das ganze Leben hingekriegt.

An dieses Motto halten sich im Roman Schattenfuge von Gabriele Bösch die beiden Helden, sie, eine kreative Malerin, er ein kaputter Architekt. Für eine Nacht haben die beiden offensichtlich eine Vereinbarung getroffen: Er erzählt sein verpfuschtes Leben, sie malt ihn dabei, was das Zeug hält.

Ein guter Tagtraum hat den Vorteil, dass man in ihn phasenweise selbst intellektuell eingreifen kann, um das plastisch-phantastische eines Volltraumes ein wenig zu strukturieren. Die Methode des Tagtraums eignet sich daher in der Literatur vorzüglich zum Darstellen realer Sachverhalte mit einem Schuss Unwahrscheinlichkeit.

Walter Grond lässt in seinem Roman einen Erzähler die Stadt Triest wie in einem Tagtraum erleben. Als Handlung ist eine Familien-Struktur im Ambiente des Großvaters angelegt, wobei sich Gerüchte, mündliche Überlieferung und Stammbaum-Theorie überlagern.

Vielleicht ist das Leben nur ein Auszählreim, durch den man eines Tages ohne Kommentar aus dem Leben ausgeschlossen wird.

Maria Beerenberger, die Hauptfigur in Anna Weidenholzers Roman „Der Winter tut den Fischen gut“, ist schwer angezählt. Aus diesem Grund beginnt der Roman mit dem vorläufigen Ende, die Protagonistin ist nach treuen Jahren Arbeit in einem Textilgeschäft gekündigt worden, „sie konnte nicht mehr gehalten werden“.

Manchmal sind es einfache Phänomene, die einen ein ganzes Leben lang verfolgen und am Ende gar eine Psychose auslösen können. So eine Erkenntnis, die letztlich die Menschen verrückt macht, lautet, dass nichts in der Vergangenheit oder Zukunft geschehen kann.

Martin Suter lässt seinen Helden Peter Taler mit einer geradezu filmischen Eröffnung aufwachen, „etwas ist heute anders“, mehr lässt sich anfangs noch nicht sagen.

Kann eine Familie virtuell repariert werden, wenn sie in der Realität zerfallen ist? - Ganze Generationen von Eltern sitzen mittlerweile vor dem Problem, dass ihre Kids im Netz abgehauen sind und im eigenen Zimmer verschollen bleiben.

Anthony McCarten geht der Frage nach, ob ein Spiel im Netz die Wirklichkeit ersetzen kann und ob es zwischen diesen Welten tragfähige Brücken gibt. Die entscheidende Zeit im Netz ist die Gegenwart, weshalb der Roman Zeit-verkehrt aufgebaut ist. Ende-Mitte-Anfang heißt logischerweise die Reihenfolge, der sich Helden im Internet-Spiel zu stellen haben.

Der Genre-Roman hat den Vorteil, dass er die Insider mit Anspielungen und Zitaten aus dem Häuschen bringen kann, während er Neulinge in schrägen Informationszügen durchaus in die Materie einzuführen vermag.

Rainer Krispel gilt als die Punk-Ikone in Österreich, folglich handelt sein Roman auch vom Wesen des Punk und seinen Auswirkungen auf die Psyche der Handlungsträger. Hauptfigur ist der Punker Gustav, der bereits in der Schule in Linz Probleme bekommt, weil er den Plural Punx verwendet und auch heftig verteidigt.

Ein Roman ist letztlich nichts anderes als ein Stück inszenierter Wirklichkeit, wobei ein Text im Hintergrund als Anlass für die Inszenierung mitläuft.

Wolf Haas bringt seine Romane jeweils professionell auf die Literaturbühne, indem er zum Erscheinungstermin für alle Tageszeitungen ein ganzseitiges Interview gibt. Dabei wird immer erklärt, was der Roman nicht ist und welche Bedeutung die Innovation für den konkreten Fall hat. Der Leser überprüft in der Folge den Wahrheitsgehalt des Interviews und kauft und liest beiläufig den Roman zur Kontrolle.

Der Begriff Kriminalroman gilt in literarischen Kreisen oft als Bedrohung der literarischen Intelligenz. Wenn allerdings eine Story mehr als ein Kriminalroman ist, kann man sich auf allerhand Hyper-Fiktion gefasst machen.

Egyd Gstättner liefert mit seinem Endsommernachtsalbtraum ein Sittenbild eines verrückt gewordenen Bundeslandes ab, das sich in Ermangelung jeglichen Inhalts selbst als Hallodrien bezeichnet. In diesem Land genügt es „Hallo“ zu sagen, und man ist schon jemand.