Sepp Kahn, In Ewigkeit Amen

Die Beschwörungsformel „In-Ewigkeit-Amen“ wird bei der alpinen Bevölkerung bis zur Unkenntlichkeit verschluckt und entstellt, wenn sie bei Begräbnissen, Toten-Rosenkränzen oder Allerseelengängen in die rurale Luft der Fassungslosigkeit gehaucht wird.

Im Allerweltsdorf Unterhirschen ist die Zeit so unauffällig unterwegs, dass sie kaum jemand mehr bemerkt und darin verdrossen selbstverständlich sein eigenes Leben installiert.

Die Stunden verrinnen, am Abend hat jeder das Gefühl, ein Tag sei vergangen. Der Abend wird von der Nacht abgelöst – und diese verstreicht, ob man sie nützt oder nicht. (134)

In dieser Alptraumhaften Ruhe freilich kommt es regelmäßig zu Verbrechen, die sich manchmal als Unglück tarnen, dann wieder als höhere Gewalt. Die Begräbnisse nach solchen Vorfällen sind oft das einzige Ereignis, bei dem man Gerüchte verbreiten, die Leute ausrichten und sich selbst in gelungener Positur zeigen kann.

Dabei geht es hinter den Fensterläden der selbstgebauten Häuser oft ordentlich zur Sache, Eheverdruss, Gewalt, Seitensprung, Depression und Zukunftsangst treiben die Individuen an die Grenze ihrer psychischen Kapazität. So ist es nur allzu verständlich, wenn manchmal Mord und Totschlag der einzige Ausweg aus der Misere sind.

Da wird schon mal eine Leiche im Kreisverkehr abgelegt in der Hoffnung, dass es wie ein gewöhnlicher Unfall ausschaut, bei der Gartenarbeit taucht plötzlich eine Spieldose auf, in der Schwarzgeld versteckt ist, ein Ehepaar bringt sich zuerst mit Messerstichen in Rage, ehe der Mann die Flinte aus dem Kasten holt und Tabula rasa macht.

All diese vorgeblichen und echten Verbrechen laufen beim Postenkommandanten Waldemar Ladinger zusammen. Während das Dorf wieder in Alltagsschläfrigkeit versinkt, liegen ihm die Fälle noch wochenlang quer im Magen. Selbst als er einmal mit seiner Frau nach Wien in die Oper fährt, wird er dort noch im Hotel angerufen, dass er nach Hause muss, weil jemand das Dorf angezündet hat.

Wenn es gerade nicht brennt, brennt es im familiären Kreis. Eine ältere Frau muss ins Ausgedinge verlegt werden, der Student aus dem ehemaligen Ostdeutschland muss sich bei der Familie vorstellen, weil er die Tochter geschwängert hat, ein Häuslbauer-Paar wird das Haus bei einer Versteigerung verlieren.

Sepp Kahns ausweglose Geschichte „In Ewigkeit Amen“ handelt von den sozialen Katastrophen, denen die Bevölkerung auf engstem Raum ausgeliefert ist. Nicht nur statistisch ist erwiesen, dass die meisten Verbrechen im Familien-Kreis stattfinden, das Böse sitzt also tatsächlich immer sehr nah. Aufklärung gibt es nur in bescheidenem Umfang, Prävention schon gar nicht. Nicht nur die Polizei steht in so einem Ort auf verlorenem Posten.

Sepp Kahn, In Ewigkeit Amen. Wie nah das Böse sitzt. Kriminalroman.
Hall in Tirol: Berenkamp 2012. 264 Seiten. EUR 12,50. ISBN 978-3-85093-288-2.

 

Weiterführender Link:
Berenkamp-Verlag

 

Helmuth Schönauer, 02-01-2013

Bibliographie

AutorIn

Sepp Kahn

Buchtitel

In Ewigkeit Amen. Wie nah das Böse sitzt

Erscheinungsort

Hall in Tirol

Erscheinungsjahr

2012

Verlag

Berenkamp-Verlag

Seitenzahl

264

Preis in EUR

12,50

ISBN

978-3-85093-288-2

Kurzbiographie AutorIn

Sepp Kahn, geb. 1952 in Hopfgarten, ist Bauer und Autor in Itter.