Schulbibliothek April 2013 Märchen - Interview mit Willi Noll

1968 gründete der Klagenfurter Schauspieler Willi Noll sen. die Kärntner Handpuppenspiele. 1975 übernahm sein Sohn Willi Noll jun. das Puppentheater bei dem er von Beginn an als Handpuppenspieler mitgearbeitet hatte. Er weitete die Idee seines Vaters, nur Märchen in seinem Puppentheater aufzuführen, aus. 

Auf einer Reise durch Tirol besuchte er mit seiner Lebensgefährtin Doris Ameisbichler  auch die VS Kitzbühel. Auf dem Programm stand, abgestimmt auf das Jubiläumsjahr „200 Jahre Gebrüder Grimm“, eines ihrer ältesten aufgezeichneten Märchen: „Der Fischer und seine Frau“.


 

Lesen in Tirol gab Willi Noll folgendes Interview:

Lesen in Tirol:

Aufgewachsen mit Märchen von Hans Christian Andersen, Willhelm Hauff und Märchen der Gebrüder Grimm wurde dir die Liebe dazu schon in die Wiege gelegt. Was ist dein persönliches Lieblingsmärchen und warum?

Willi:
 Das ist nicht so leicht zu beantworten, aber wenn ich mir eines aussuchen müsste, dann den ZWERG NASE von Wilhelm Hauff. Der Grund ist, dass mir der kleine Bub Jakob, der von einer Hexe zu einer unansehnlichen bedauernswerten Kreatur verwunschen wurde, immer leid getan hatte. Dass er dann auf Grund seiner überragenden Kochkunst, die er bei der Hexe erlernt hatte, doch noch zu Ruhm und Ansehen kam und auch noch sein Glück fand, berührt mich noch heute.

Lesen in Tirol

Du widmest dein Leben der Aufführung von Märchen. Wie wichtig sind Märchen, gerade heute, für Kinder und Jugendliche? Welche hast du im Repertoire?

Willi:
Im Märchen bekommen Kinder die Möglichkeit, sich mit „guten“ und mit „bösen“ Figuren auseinanderzusetzen.  Das ganze Repertoire der menschlichen Eigenschaften findet sich im Märchen wieder. Unschuld und Bosheit, Schönheit und Hässlichkeit, Fleiß und Faulheit, Mut und Feigheit, Treue und Untreue, Dummheit und Schlauheit und noch vieles mehr. So zeigen Märchen durchaus die Gegensätze dieser Welt. Wenn ich heute in unserer computergesteuerten Welt an einer Schule eines der Märchen spiele und die Kinder mit offenem Mund der Handlung folgen (die meistens schon vor über hundert und noch mehr Jahren geschrieben wurde) sieht man, dass sie an Aktualität nichts eingebüßt haben. 

Mein Repertoire:  Der Fischer und seine Frau, Grimm, Das Feuerzeug, Andersen, Zwerg Nase, Hauff, Der falsche Prinz, Hauff, Rumpelstilzchen, Grimm, Das kalte Herz, Hauff, Rübezahl, Der helle Edelstein, W. Noll, Blondelfchen W. Noll, Das Zauberkästchen, W. Noll.


Lesen in Tirol:
Bevor noch der erste Satz gesprochen wird, fallen einem die künstlerisch gestalteten Bühnenbilder und Kostüme auf, die einen buchstäblich gleich in eine Märchenwelt entführen. Wer gestaltet diese mit viel Liebe zum Detail?

Willi:
Die Kostüme werden von meiner Freundin Doris gemacht, die auch mit mir als Puppenspielerin arbeitet.  Die Bühnenbilder entstehen entweder in meinem Kopf oder ich versuche aus alten Zeichnungen in Märchenbüchern Anregungen zu finden. Am Stadttheater in Klagenfurt habe ich einen genialen Kulissenmaler, Herrn Winkler, der alle meine Ideen eins zu eins umsetzt.


Lesen in Tirol: 
Sogar bei den geschnitzten Köpfen bleibt nichts dem Zufall überlassen. Du hast für jedes Märchen eigene Serie von Figuren. Ist das für die Gestaltung des Märchens wichtig?

Willi:
Für mich schon, da jeder Schnitzer einen eigenen Stil bevorzugt und seine eigenen Fantasien einbringen kann.

Lesen in Tirol:
Wie lange wird geprobt, bis so ein Märchen perfekt gespielt werden kann?

Willi:
Wenn wir es schon einmal gespielt haben, ungefähr zwei Wochen, wenn es neu ist und vielleicht auch noch kompliziert, kann es auch erheblich länger dauern.

Lesen in Tirol:
Du bist seit 1985 Mitglied bei UNIMA. Was für eine Organisation ist das und was bedeutet das für dein Puppentheater?

Willi:
Das ist der Weltdachverband des Puppenspiels. Er hat mir ermöglicht, an diversen Festivals teilzunehmen, und bei Veranstaltungen lernt man immer wieder unglaubliche Könner aus der ganzen Welt schätzen. So bin ich befreundet mit Spielern aus Russland, China, England und natürlich aus Deutschland und Österreich.

Lesen in Tirol:
Was möchtest du noch persönlich den Lehrer/Innen von Lesen in Tirol mitteilen?

Willi:
Lassen Sie sich nicht von den Besserwissern und Neidern unterkriegen die Ihren Berufsstand immer schlecht machen wollen (20 Stunden Arbeit und drei Monate Urlaub etc.). Diese unqualifizierten Äußerungen werden dann auch noch als Leserbriefe in den Zeitungen veröffentlicht. Ich arbeite schon über dreißig Jahren an und mit Schulen und habe in dieser Zeit gesehen, wie anstrengend und verantwortungsvoll Ihre Arbeit ist.

Lesen in Tirol: Auch dein Hund Jack reist mit und darf am Ende der Vorstellung gestreichelt werden, worüber die Kinder ganz begeistert waren. Wir wünschen dir und Doris noch viele schöne Theaterreisen durch ganz Österreich, hoffentlich bald wieder einmal auch nach Tirol, und danken herzlich für das Interview.

Auch wir haben uns bei Euch in Tirol sehr wohl gefühlt, und wenn wir wieder eingeladen werden, kommen wir sehr gerne. Liebe Grüße, Doris, Willi und Jack.

Kontakt:

Leitung: Willi Noll,

Klagenfurt, Anzengruberstraße 34/3

Tel./Fax 0463/913 604

Mobil: 0664/2620050

willi.noll@chello.at

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