Johann Hinrich Claussen, Gottes Bilder

andreas.markt-huter - 05.02.2025

johann hinrich claussen, gottesbilder„Selten kann man sich so fremd fühlen, wie beim Besuch eines Museums mit alten christlichen Bildwerken. […] Deshalb versucht dieses Buch, eine Art Ausstellung zu gestalten. Sie besteht aus zwölf Sälen, die einen Weg von den Anfängen durch die wichtigsten Epochen bis zur Gegenwart anbieten und einen Überblick über wesentliche Formen, Gattungen, Motive und Themen zu geben.“ (S. 15)

Johann Hinrich Claussen lässt in seinem Buch die Leserinnen und Leser wie durch eine Ausstellung mit zwölf Sälen wandeln, in denen christliche Kunst am Beispiel exemplarisch ausgewählter Gemälde und Darstellungen von ihren Anfängen bis in die Gegenwart vorgestellt und detailliert erläutert wird.

Dabei begnügt sich Claussen nicht bloß mit einer chronologischen Auflistung von Kunstwerken, sondern bietet vielmehr eine theologische und kulturgeschichtliche Reflexion über die Wechselwirkungen zwischen Glauben, Ästhetik und Gesellschaft. Dabei zeigt er auf, wie sich in den Kunstwerken sowohl Spiritualität als auch politische und kulturelle Entwicklungen ihrer Zeit widerspiegeln. Die Leserinnen und Leser erfahren dabei, wie Christentum und gesellschaftliche Veränderungen über Jahrhunderte hinweg in den Bildern Ausdruck finden und religiöse Inhalte dabei immer wieder neu interpretiert wurden.

Den Beginn der imaginären Ausstellung machen eine Statue eines Jungstiers aus dem 12. Jahrhundert v. Chr., die in Samarien gefunden wurde und als „Goldenes Kalb“ interpretiert wird, sowie religiöse Abbildungen aus Israel. Für die christliche Kunst der Anfangszeit machen die frühchristlichen Katakombenbilder den Anfang, daneben wird mit dem „Alexamanos-Graffito“ auch eine blasphemische römische Wandzeichnung aus dem 2./3. Jahrhundert vorgestellt.

Weitere Epochen der christlichen Kunst finden sich in den Sälen „Antike Bilderwelten in Syrien, Ägypten und Äthiopien“, „Das Neue Rom und seine heiligen Ikonen“, „Bildhauerkunst des westeuropäischen Mittelalters“, „Fresken der Frührenaissance“, „Große Gemälde der Hochrenaissance“, „Grafiken der Reformationszeit“, „Barocke Bildermissionen“, „Sehnsuchtsbilder der Romantik“, „Erbauung im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit“ und „Christliche Kunst der Moderne. Am Ende stellt sich der Autor die Frage nach der Bedeutung einer christlichen Bildsprache in einer zunehmend säkularen Gegenwart.

„Gottes Bilder“ verbindet in einer klar und redegewandten Sprache kunsthistorisches Fachwissen mit theologischem und historischen Hintergrundinformationen. Auch gelingt es Claussen, komplexe Sachverhalte und Zusammenhänge auf eine Weise zu erklären, die sowohl Fachleute als auch interessierte Laien anspricht. Dabei werden auch kritische Fragen nicht ausgelassen, wie z.B. die Ambivalenz christlicher Kunst gegenüber der Verbindung von Glauben und Macht oder welcher Anteil der Kunst bei der Verdrängung oder Verherrlichung von bestimmten Gruppen zukam.

Ein überaus lesenswertes und informatives Sachbuch, das zeigt, wie sehr die Bildbetrachtung durch ein umfassendes Hintergrundwissen gewinnen kann und das allen Leserinnen und Lesern empfohlen werden kann, die sich für Kunstgeschichte, Theologie oder die kulturellen Wurzeln Europas interessieren.

Johann Hinrich Claussen, Gottes Bilder. Eine Geschichte der christlichen Kunst, mit 72 meist farbigen Abb.
München: C.H. Beck Verlag 2024, 318 Seiten, 33,90 €, ISBN 978-3-406-82216-2

 

Weiterführende Links:
C.H. Beck Verlag: Johann Hinrich Claussen, Gottes Bilder
Wikipedia: Johann Hinrich Claussen

 

Andreas Markt-Huter, 05-12-2024

Bibliographie
AutorIn:
Johann Hinrich Claussen
Buchtitel:
Gottes Bilder. Eine Geschichte der christlichen Kunst
Erscheinungsort:
München
Erscheinungsjahr:
2024
Verlag:
C.H. Beck Verlag
Seitenzahl:
318
Preis in EUR:
33,90
ISBN:
978-3-406-82216-2
Kurzbiographie AutorIn:
Johann Hinrich Claussen wurde in Hamburg geboren und studierte Evangelische Theologie, wo er auch habilitierte. Claussen ist seit 2016 Kulturbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland.