Peter Oberdorfer, Schweres Gift

Im Bereich der inneren Sicherheit der Wiener Szenerie gibt es allgemein nur schwere Fälle, die von einem schwerfälligen Beamtenapparat nur mühsam abgearbeitet werden können.

Selbstverständlich ist in Peter Oberdorfers Wien-Krimi kein normales sondern schweres Gift im Einsatz. Nicht nur der Beamtenapparat legt alles als großen Fall aus, auch in den Zeitungen werden die Ereignisse schwer und groß dargestellt, dabei gilt die Faustregel, je kleinformatiger das Blatt, umso schwerer der Fall.

Zu Beginn sind wir mit einem künstlerisch wertvollen Schicksal aus der Musikszene konfrontiert. Linda Steinberg ist seit jeher so schön, dass sie ständig darauf angesprochen wird. Folglich wird sie Musikerin, die vor allem in einer Vorband wegen der Körperreize zum Einsatz kommt. Gerade als die erste größere Tournee starten soll, kommt es in Wien zum letalen Auftritt. Die Künstlerin trinkt noch beiläufig ein Glas Wasser, würgt und kotzt und ist tot.

Die Sache fängt schlecht an. Mit einem Medienrummel. (34)

Ein ganzer Raum voller Beamter, fein säuberlich gegliedert in hohe Tiere und Arbeitstiere, kümmert sich um die verstorbene Künstlerin. Da Gift, schweres Gift natürlich, im Spiel ist, laufen die Medien mit vollem Standgas an, das Lesevolk schreit nach einem schnellen Täter. Irgendeine Substanz aus dem Eisenhut soll nämlich im Körper der Toten nachgewiesen worden sein.

Während der ersten Recherche-Runde bringt sich ein heruntergekommener Notar ins Spiel, der nach einer Scheidung mit Vergewaltigungs-Hintergrund nicht mehr in die Gänge gekommen ist und deshalb ein Verhältnis zur Linda Steinberg gestartet hat. Und siehe, in Untersuchungshaft ereilt ihn ein typisch österreichisches Justizschicksal, er wird als Selbstmord getarnt ermordet.

Alles scheint zu passen, die Presse hat ihren Täter, das Motiv alter Sack gegen schöne Künstlerin ist stimmig, die Todesursache Pflanzengift lässt auf schwere Tat schließen.

Jetzt freilich kommt die Stunde des Beamtentrottels, in diesem Falle ist es Bramböck, der in den Schlafstuben der Behörde hellwach einige Spuren hinterfragt. So gibt es zwischen seinen Vorgesetzten und dem scheinbaren Suizidanten eine merkwürdige Verbindung. Auch das Umfeld der Musikerin ist nicht ganz stubenrein, hier soll es sich um Rivalitäten bei Gitarren-Riffs und generellen Schönheitsneid handeln. Eine sagenhaft intelligente Spur führt zu James Joyce, wo im Ulysses der Vater Blooms genau an jenem schweren Gift des aktuellen Wiener Falles gestorben sein soll. – Die spitzfindige Aufklärung darf hier nicht verraten werden.

Peter Oberdorfer entwickelt die Opfer zu passablen Figuren, die für sich schon einen Roman ausfüllen. Die Beamten und Pressenudeln werden auf das notwendige österreichische Maß zusammengestutzt, das heißt sie raunzen und jammern sich täglich in eine imaginierte Karriere, ernsthaft witzig.

Peter Oberdorfer, Schweres Gift. Ein Wien-Krimi
Berlin: Aufbau 2015, TB 362 Seiten, 9,80 €, ISBN 978-3-7466-3119-6

 

Weiterführende Links:
Aufbau Verlag: Peter Oberdorfer, Schweres Gift
Krimi-Couch: Peter Oberdorfer

 

Helmuth Schönauer, 14-07-2015

Bibliographie

AutorIn

Peter Oberdorfer

Buchtitel

Schweres Gift. Ein Wien-Krimi

Erscheinungsort

Berlin

Erscheinungsjahr

2015

Verlag

Aufbau Verlag

Seitenzahl

362

Preis in EUR

9,80

ISBN

978-3-7466-3119-6

Kurzbiographie AutorIn

Peter Oberdorfer, geb. 1971 in Innsbruck, lebt in Thailand.