Roland Zingerle, Ein Mord am Wörthersee

Gegenden, die von Menschen mit gedämpftem Selbstbewusstsein bewohnt werden, tragen gerne verrückte Sportarten aus. So wird der grenzwertige Macho-Dolomiten-Mann naturgemäß in Osttirol ermittelt, während der Kärntner Ironman am Wörthersee sich durch deftiges Kraulen und Strampeln hervortut.

Roland Zingerle setzt seinen Grenzgänger-Krimi idealerweise mitten im Gewusel rund um den Ironman am Wörthersee ab. In dieser Gegend geht man mit Geschäften und sich selbst volles Risiko. So hat es in den letzten beiden Jahren jeweils einen Toten gegeben, was weiter nicht schlimm ist, gehört doch das Sterben mit heraushängender Zunge zu den besonderen Belohnungen des Ironman. Aber für die beiden Opfer ist jeweils eine Lebensversicherung fällig geworden, und das macht selbst Kärntner Versicherer stutzig.

In der Vorbereitungsphase des aktuellen Ironmans tritt der Chef der lokalen Versicherung an den Privatdetektiv Heinz Sablatnig heran, alles zu unternehmen, damit nicht wieder ein Versicherungsfall fällig wird. Denn die bisherigen Opfer sind vermutlich ermordet worden und es besteht der Verdacht, dass es ein Serientäter auf die rennenden und schwimmenden Athleten abgesehen hat.

Heinz schleust sich gekonnt in die Vorbereitungen ein, die letztlich alle in Biergespräche münden.

Er ist mir ins offene Bierglas gelaufen! (64)

Am Renntag beginnt er als Caterer zu werken, was jedem Kärntner ja in die Wiege gelegt ist. Während er Smalltalk mit den Snacks führt, bleibt ihm fast das Herz stehen. Am Monitor der Direktübertragung sieht er, wie auch heuer wieder ein wackeliger Ironman zusammenbricht und stirbt.

Jetzt bekommen alle Gespräche und Analysen der Szene eine neue Schärfe. Der Arzt erklärt den Unterschied zwischen Profis und Amateuren, der Amateur nämlich kriegt von der Todesnähe des Körpers nichts mit, was den Ironman dann auch so gefährlich macht. Die Society-Fachleute erklären, was der Unterschied zwischen A-Promi und B-Promi ist. Ein Wettbüro erklärt die Grundzüge der Kärntner Wetten, die darin bestehen, dass man auf jeden Fall alles Geld in den Sand setzt, ganz egal worauf man wettet.

Im Umfeld des aktuellen Toten tut sich ein Feld von Verdächtigen auf. Der Privatdetektiv stellt stündlich ein Ranking der Verdächtigen auf. Das kommt auch den Lesern zugute, die immer auf dem neuesten Stand der Ermittlungen sind, auch wenn sie erst in der Mitte des Krimis eingestiegen sind. Und als dann noch der Detektiv selbst Opfer eines Anschlags wird, löst sich der Fall für alle logisch und hautnah.

Roland Zingerle arbeitet an Hand eines skurrilen Plots die Kärntner Seele heraus. Die Figuren führen alle erst einmal den Wörthersee-Schmäh, ehe sie ab und zu einen leisen Tiefgang in den Gedanken entwickeln. Alles ist halb so wild, ob es sich um Geschäfte, Beziehungen oder Lebensprogramme handelt. Solange die Sonne scheint, ist es schön, und wenn sie nicht mehr scheint, wird man sehen. – Eine sehr sympathische Art, das Leben nicht tragisch zu nehmen und dabei in den Sand zu setzen.

Roland Zingerle, Ein Mord am Wörthersee. Kärnten-Krimi
Innsbruck: Haymon 2015 (= TB 199), 276 Seiten, 12,95 €, ISBN 978-3-7099-7827-6

 

Weiterführender Link:
Haymon Verlag: Roland Zingerle, Ein Mord am Wörthersee

 

Helmuth Schönauer, 12-10-2015

Bibliographie

AutorIn

Roland Zingerle

Buchtitel

Ein Mord am Wörthersee. Kärnten-Krimi

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2015

Verlag

Haymon Verlag

Seitenzahl

276

Preis in EUR

12,95

ISBN

978-3-7099-7827-6

Kurzbiographie AutorIn

Roland Zingerle, geb. 1973, lebt in Klagenfurt.