Ulf Nilsson, Als wir allein auf der Welt waren
„Einmal lernte ich im Kindergarten die Uhr. Neun Uhr, zehn Uhr, ein Uhr, zwei Uhr. Um drei holte mich Papa ab. Normalerweise. Aber er war nicht da. Schließlich ging ich allein nach Hause. Wir wohnten gleich um die Ecke. Aber warum kam er nicht? Was war passiert?“
Ein fünfjähriger Kindergartenjunge erzählt, wie er eines Tages darauf wartet, dass ihn sein Papa abholt. Als dieser nicht kommt, beschließt er, alleine nach Hause zu gehen, muss jedoch feststellen, dass er vor verschlossenen Türen steht. Niemand ist da. Mama, Papa und sein kleiner Bruder sind weg und bestimmt ist ihnen was Schlimmes passiert.
Auf der Treppe sitzend und weinend beschließt er im Kindergarten nach seinem kleinen Bruder zu suchen, den er zu seinem Glück im Garten beim Sandspielen entdecken kann. Nicht mehr allein, umarmt er ihn und versucht das große Unglück vor ihm zu verbergen. Nun muss er sich um seinen kleinen Bruder kümmern. Von der Kindergartentante unbemerkt, nimmt er seinen Bruder mit nach Hause, das immer noch verschlossen ist.
Mit ein paar Zaunlatten beginnen die Kinder ein Haus zu bauen, das sie mit Moos, Tannenzweigen und viel Laub auslegen. Damit sein kleiner Bruder fernsehen kann, bastelt der Junge aus einem großen Karton einen Fernsehen und aus einer kleinen Schachtel die Fernbedienung. Ein morscher Ast dient als Antenne.
Als der kleine Bruder aber Hunger bekommt, leihen sie sich beim Nachbarn Eier, Zucker, Mehl und Vanillezucker für einen Kuchen aus. Als sich der junge mit dem Wissen um den vermeintlichen Tod seiner Eltern plötzlich ganz einsam fühlt, beginnt er zu weinen und erzählt im Kartonfernseher seinem kleinen Bruder von einem kleinen Pinguin, der seine Eltern verloren hat. Alle sind traurig, bis jemand durch die Ritzen des selbstgebastelten Hauses schaut.
Ulf Nilsson erzählt eine berührende Geschichte von einem kleinen Irrtum, der die Welt eines kleinen Jungen zusammenbrechen lässt. Ganz aus der Sicht des kleinen Jungen erleben die jungen Leserinnen und Leser, was es heißt, wenn die Eltern ganz plötzlich nicht mehr da sind und Erwachsenen wird bewusst gemacht, wie wichtig Sicherheit und Geborgenheit für die Welt von Kindern ist.
Das Buch überzeugt durch seine klare und ausdrucksstarke Sprache und seine liebevoll gestalteten Illustrationen, in denen die emotionale Achterbahn seiner Protagonisten zum Leben erwacht. Ein empfehlenswertes, einfühlsam geschriebenes Kinderbuch, das sich mit den Existenzängsten und Sorgen von Kindern auseinandersetzt und wie geschaffen ist zum gemeinsamen Vorlesen von Kindern und Erwachsenen.
Ulf Nilsson, Als wir allein auf der Welt waren. Ill. v. Eva Eriksson, übers. v. Ole Könnecke [Orig. Titel: När vi ensamma i världen], ab 4 Jahren
Weinheim: Beltz & Gelberg Verlag 2015, 32 Seiten, 6,20 €, ISBN 978-3-407-76161-3
Weiterführende Links:
Beltz & Gelberg Verlag: Ulf Nilsson, Als wir allein auf der Welt waren
Wikipedia: Ulf Nilsson
Wikipedia: Eva Eriksson
Andreas Markt-Huter, 05-11-2015