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Manche Romane sind so voll von Abenteuer, Überlebenskunst, Lebenssinn und politischer Kommentierung, dass einem als Leser bloß die Seitennummerierung bleibt, um sich zurechtzufinden.

Andrzej Stasiuk ist der Meister des abenteuerlichen Agonie-Romans. Hinter der Blechwand spielt sich vielleicht die Erlösung ab, vielleicht aber der Gnadenstoß in die Hölle. Die Metapher der Blechwand stammt aus dem Flüchtlings- und Schlepperwesen, während der Lenker durch unwirtliches Grenzgebiet fährt, sitzen hinter der Blechwand des Transporters die Flüchtlinge, alle unterwegs in eine wilde Zukunft.

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In manchen Familien ist wie bei einem Eisberg nur der unwesentliche Teil sichtbar, die wahren Klumpen des Familiengefüges bleiben unsichtbar, weil sie schon im Jenseits liegen.

In Klemens Renoldners Roman hat Lily in der Blüte ihres Lebens Suizid verübt, indem sie scheinbar grundlos von einer Brücke auf den Grund eines Flusses gesprungen ist.

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Unter Erzählungen erwartet man sich meist etwas Rundes, Bemerkenswertes, wo einem als Leser stilistische Besonderheiten und Aufregung im Plot lange in Erinnerung bleiben.

Die Erzählungen von Lydia Davis bleiben von vorne herein im Langzeitgedächtnis verankert, denn ihre Stories bestehen im Extremfall aus nur einem Satz oder aus einem scheinbar unlesbaren seitenlangen Protokoll.

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Oft sind es unscheinbar geplante Nebenwerke eines Autors, die die Literaturgeschichte verändern.

Franz Tumler, jener Südtiroler Autor, der sein Geburtsland bereits mit einem Jahr verlassen hat, hat mit seinem dünnen Doppelwerk "Volterra". Wie entsteht Prosa längst Literaturgeschichte geschrieben. Es vergeht kaum ein Seminar, in dem nicht der Text, der für eine Vorlesung 1961 geschrieben wurde, herangezogen würde.

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In einem guten Hirn kämpfen ständig das Erinnerungsvermögen und das Vorstellungsvermögen um die Vorherrschaft. Dieser Kampf ist auch das Hauptthema in Christoph Poschenrieders Roman ?Der Spiegelkasten.

Große Erlebnisse beginnen oft trivial, ein Ich-Erzähler baut sich am Computer eine persönliche Pizza zusammen, die ihm dann in Echtzeit zugestellt wird. Beim Verzehr einer solchen PC-Pizza schüttet er Wein aus, dieser rinnt in eine alte Fotosammlung des Großonkels, die dieser anlässlich des Stellungskrieges zwischen Deutschland und Frankreich im Ersten Weltkrieg angelegt hat.

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Verrückte Staatsgebilde produzieren meist verrückt gute Berufe. So wurde in der Sowjetunion quasi die Verwaltung neu erfunden mit lauter seltsamen Beamten, die durchgehend für die Überwachung gebraucht wurden.

Andrej Kurkow greift augenzwinkernd aus dem Heer der wahnsinnigen Beamten den "Volkskontrolleur" heraus und gibt ihm ein erbärmliches bis erbarmungswürdiges Schicksal.

Buch-CoverJe nach Interessenslage verstehen die einen unter Faustini einen Opernlibrettisten, die anderen einen italienischen Marathonläufer.

Der echte Faustini jedoch stammt von Wolfgang Hermann und ist ein aufmerksamer Zeitgenosse mit geradezu übersinnlichen Empfindungen für den Alltag. Die neuen Abenteuer des Herrn Faustini nennen sich schlicht Augenblicke. Damit ist einmal eine kurze Zeitangabe gemeint, zum anderen eine kurze Kontaktaufnahme zur Außenwelt.

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Gründe für eine Reise gibt es viele. In El Awadallas Aufzeichnungen von dort und da fährt die ich Erzählerin als Afrikanistik-Studentin in den Senegal, um das Gelernte zu überprüfen und die eingespeisten Vorurteils-Bilder neu aufzupixeln.

In der Hauptsache bewegt sich die Erzählerin in Dakka, wird dort von einem Bekannten durch die Stadt und Gesellschaft geführt, eine Reise nach Tibuktu findet letztlich nicht statt.

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Vielleicht zeigt sich der Lebenssinn als dünne Speckschwarte ganz nahe am Tod angesiedelt.

In Kjersti A. Skomsvolds Roman vom Ausgeistern knapp vor dem Tod versucht Mathea Martinsen noch ein paar Kurven zu kratzen, ehe sie die große Kurve angehen wird. Sie ist steinalt und kürzlich ist ihr Mann gestorben, der mehr oder weniger alles im Leben ausrechnen konnte. Denn er war ein mathematischer Typ, weshalb er im Sinne der Wahrscheinlichkeitsrechnung Epsilon genannt wurde.

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Nichts ist so aufregend wie das Märchen von der letzten Chance. Diese ultimative Drohung mit radikaler Veränderung verzeiht den Helden keinen Fehler, andererseits spekulieren diese mit dem Möglichkeitssinn: Was passiert eigentlich, wenn ich die letzte Chance nicht schaffe?

Irene Prugger stellt in achtzehn Erzählungen sogenannte Beziehungsdramen vor, worin die Darsteller mehr oder weniger ans Ende gekommen sind, aber dann doch noch versuchen, die Kurve zu kratzen.