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andrei bitow, leben bei windigem wetterNirgendwo weht der Wind so aufgekratzt wie an der Grenze zwischen Stadt und Land, zwischen Vorsteppe und Vorstadt. Menschen, die in diesem Aufmarschgebiet für windiges Wetter wohnen, erleben während eines Tages extreme Höhen und Tiefen ihres Lebens. Sollte jemand in dieser Gegend gar Schriftsteller sein, wird er täglich aufgerieben zwischen Sinn- und Schreibkrise.

Andrej Bitows zwei Erzählungen vom „Leben bei windigem Wetter“ sind um 1960 entstanden. In der russischen Literatur egal welcher Epoche müssen immer zwei Geschichten erzählt werden, einmal als Text, der oft als ewiges Manuskript durch die Hände der Untergrundleser geht, und ein andermal als Geschichte der Verhinderung, Verdrängung und des Wegduckens aus dem Literaturbetrieb.

stefan rebenich, die deutschen und ihre antike„Gegenstand der Darstellung sind die vielfältigen Beziehungen zwischen der griechisch-römischen Antike und der deutschen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert. Dieses Altertum galt als »klassisch«, weil seit dem Renaissance-Humanismus ihre als Einheit verstandene Kultur als normativ wahrgenommen wurde. Griechische und römische Autoren bildeten einen Kanon von auctores classici, die in den höheren Schulen gelesen und auf Grund ihrer sprachlichen, stilistischen und ästhetischen Qualitäten als mustergültig angesehen wurden.“ (S. 12)

„Die Deutschen und ihre Antike“ erzählt die wechselvolle Beziehung zwischen der deutschen Geschichtswissenschaft und Pädagogik im 19. und 20. Jahrhundert und der Welt der Antike, der ganz besonders im Bildungshorizont des Bürgertums eine hervorgehobene Stellung zugewiesen worden ist.

literatur sichten - anthologieLiteraturzyniker ätzen zwischendurch: Wenn irgendwo nichts los ist, macht man eine Anthologie. Eine Anthologie suggeriert immer, dass sie notwendig ist, indem sie viele Themen oder Autoren aneinanderreiht, damit der Leser nicht das Fehlen eines Zentralthemas merkt.

Das Projekt „Literatur sichten“ ist mittlerweile so etwas wie Hausbrauch in Südtirol geworden, indem nämlich das finanziell wohlbestallte Literaturhaus Liechtenstein immer wieder ein Auge auf das benachbarte Südtirol wirft und mit Veranstaltungen, Symposien und Publikationen ab und zu einen Weckruf an die verschnarchten Südtiroler sendet.

thomas sautner, die erfindung der weltSchöpfungsgeschichten haben meist einen Prolog, in dem das Wesentliche erzählt wird. Bei der Erschaffung der Welt geht es nämlich wie in der Genesis darum, dass zuerst nichts ist, und dann durch einen Erzähltrick plötzlich die komplette Welt eruptiert. In der Bibel funktioniert das mit dem Satz vom „Anfang war das Wort“, beim Faust mit der Sonne, die nach alter Weise kreist, im Taoismus beginnt die Welt als mathematische Formel, wonach die Eins die Zwei hervorbringt.

Thomas Sautner hat sich für die „Erschaffung der Welt“ ebenfalls einen funktionierenden Erzählhandgriff einfallen lassen. In der Welt der Stipendien- und Auftragsliteratur wird die Literatur erschaffen, indem plötzlich Kohle auf das Konto der Autoren kommt und vielleicht noch die Durchsage, wie viel Zeichen der abzuliefernde Text haben soll.

diamantis panagiotopoulos, das minoische kreta„Kreta, am Südostende Europas gelegen, war die Wiege einer antiken Hochkultur, die den unvoreingenommenen Betrachter mit Staunen erfüllt. Auf der gebirgigen Insel entwickelte sich eine bronzezeitliche Gesellschaft, die auf den ersten Blick ganz anders erscheint als ihre zeitgleichen Kulturen in Ägypten und dem Vorderen Orient.“ (S. 11)

Die Erforschung der minoischen Kultur ist Aufgabe der Archäologie, liegen doch keine schriftlichen Aufzeichnungen vor oder lassen sich die wenigen erhaltenen schriftlichen Zeugnisse entweder nicht übersetzen oder zeigen über die gesellschaftlichen Verhältnisse und Geschichte dieser Kultur nur geringe Aussagekraft.

hanne römer, rauteWenn das Medium Buch gesprengt wird, entsteht vielleicht daraus eine Raute, die sich als Vorsatzzeichen für Hashtag-Botschaften einsetzen lässt.

Hanne Römer setzt jedenfalls mit „Raute“ den Schlusspunkt eines Aufzeichnungsdestillats, dessen frühere Bände „Grate“ und „Im Grünen“ heißen. Im dritten Band ist wieder alles in Aufruhr und Umbruch, das Material drängt sich so übermächtig zu einem Haufen zusammen, dass selbst die Autorenschaft überlagert wird.

ludwig roman fleischer, hundert jahre seewinkelWas für ein Herzstich! - Als Grundschulpädagoge sollst du den Erstklässlern die Liebe zur Heimat beibringen, aber das Land ist so jung, dass es nicht einmal eine Fahne hat.

Ludwig Roman Fleischer beackert den burgenländischen Seewinkel in achtzehn Erzähl-Furchen. Das patriotische Feld ergibt sich aus der Tatsache, dass 1921 das Burgenland als jüngstes Bundesland zur Republik Österreich gekommen ist. Die Erzählungen erstrecken sich über ein Jahrhundert und greifen Sequenzen auf, die erst im Dahinter-Blick jene Verstrickungen offenlegen, die beim Suchen einer neuen Identität auftauchen.

tom burgis, kleptopia„Dies ist eine wahre Geschichte. Sämtliche Tatsachen, aus denen sie sich zusammensetzt, entstammen Interviews oder Dokumenten und werden, wo immer möglich, durch weitere Quellen belegt. Wenn gesagt wird, ein Protagonist habe dies oder jenes gedacht, geschieht dies, weil er diese Gedanken dem Autor mitgeteilt oder sonstwie dokumentiert hat.“ (S. 9)

„Kleptopia“ zeigt auf, wie nach dem Ende des Kalten Krieges staatliches Vermögen der ehemals kommunistischen Länder in einem System der Selbstbedienung, Korruption und Kriminalität in privaten Reichtum umgewandelt worden ist. Wie eine internationale Kleptokratie mit Hilfe des westlichen Finanzsektors sein kriminelles Netzwerk aufgebaut und schmutziges Geld gewaschen hat, ist Thema dieses investigativen Sachbuches.

slavo zizek, pandemie 2Die Größe eines Themas misst der Bibliothekar mit dem Meterband, wenn er die Regale abgeht. Zeigt das Verzeichnis lieferbare Bücher für das erste Corona-Jahr nur 217 Treffer, so sind es im zweiten Jahr vom ersten Quartal hochgerechnet bereits 600. Und natürlich ist kein Ende der Publikationen abzusehen, bei einem so großen Thema.

Der Philosoph Slavoj Žižek nennt seine Schriften Epochen-bildend „Pandemie!“ und nummeriert sie durch. Noch vor dem zweiten Pandemiejahr liefert er bereits den zweiten Band, worin fünfzehn Aufsätze und ein Anhang versammelt sind.

volker demuth, fossiles futurWas für ein universell gekreuzter Begriff! Die Fossilien liegen in ferner Vergangenheit und vom Futur wissen wir nicht, wie lange es hält.

Volker Demuth verwendet für seine Lyrik die unerschöpflichen Begriffsfelder Landschaft und Zeit. In dieser Konstellation verschmelzen Fossilienforscher, Landschaftsarchitekten und Zukunftsdeuter zu einem, nämlich zum Lyriker. Der Autor definiert diese Felder als Kapitel-Unterschriften, die wie Insignien im Buch ausgelegt sind. „Die Gegenwart ist die reale Zukunft einer inexistenten Vergangenheit.“ (35) „Landschaften sind Speichermedien.“ (63)