lilli thal, tier aus stein, tier aus gold„»Drei Flüche für jeden. Sag sie, wir wollen sie endlich hören!« »Unsere Namen aus deinem göttlichen Mund!« »Sag die Flüche, Himmlische!« Als die Göttin nun sprach, klangen ihre Worte wie ein dunkles, geheimnisvolles Lied. »Einer muss zum Tier aus Stein werden, der andere zum Tier aus Gold. Der Dritte aber wird sehend blind sein.«“ (S. 30)

Beim Besuch des Tempels der Göttin der Natur treffen sich die neunjährigen Kinder Ion, ein Gutssohn, Kedros, der Sohn des Archonten der kleinen Insel Malios und Smirkos, der Sohn eines Töpfers. Gemeinsam durchsuchen sie die magische Landschaft hinter den Tempelmauern, wo in einer Lichtung im Wald die Göttin mit ihren Nymphen in ihrem irdischen Haus einkehrt. Ohne es zu ahnen, werden sie Opfer eines sorglos dahingesprochenen Fluchs der Göttin.

stefan soder, cafe seligWer rechtzeitig aus dem Studium aussteigt, kann immer noch hochglänzender Barkeeper oder Bundeskanzler werden.

Stefan Soder siedelt seinen Roman „Café Selig“ um ein studentisches Quartett an, das betroffen feststellt, dass man den Sinn des Lebens nicht inskribieren kann. Die Location Bar erweist sich als gesellschaftliches Labor, worin geforscht, getestet, resigniert und resümiert wird. In Soders früheren Romanen haben Club (2015), Simonhof (2017) oder Tour (2019) als Orte der Auseinandersetzung fungiert.

sharon davey, der kleine ritter protzelot„Das ist Protzelot, Ritter der Tafelrunde und ein wahrlich fürchterlicher Protzer … Er erzählt sagenhafte Geschichten! Behauptet … Ich bin auf einen Regenbogen gekletter! Prahlt … Ich habe einen Stern vom Himmel geholt! Protzt … ich bin zum Mond geflogen!“

Ritter Protzelot spielt sich im Thronsaal des Königs und an der Tafelrunde der Ritter mit seiner Aufschneiderei immer ganz besonders auf. Alles will er besser machen und besser können als die anderen und vor allem, soll ein jeder davon wissen, was ihn bei den anderen Rittern alles andere als beliebt macht.

michael borgolte, die welten des mittelalters„In der folgenden untersuchenden Darstellung rückt also die Menschenwelt der drei Kontinente in den Vordergrund; sie bildete schon in der mediterranen Antike eine gedachte Einheit und kann als <trikontinentale Ökumene> oder <Eufrasien> bezeichnet werden.“ (S. 31)

Michael Borgolte skizziert in seinem umfangreichen Sachbuch eine Globalgeschichte des Mittelalters, also eine Geschichte der gesamten Menschheit im Zeitraum zwischen 500 bis 1500 n.Chr. Während gewöhnlich mit der Geschichte des Mittelalters die in der Tradition der römischen Kirche stehende Geschichte des westlichen oder mittleren Europas gemeint ist, verlässt das Buch diese räumliche Abgrenzung und richtet den Blick auf die Geschichte des gesamten Globus während dieses Zeitraums.

jonathan glancey, architektur„Architektur ist weitgehend unumgänglich. Sie dient als Rahmen und Kulisse für die meiste Zeit unseres Lebens – da liegt sie wie ein riesiges Geschichtsbuch oder eine Enzyklopädie vor unseren Augen und wartet darauf, gelesen und erforscht zu werden. Das Verständnis für die Architektur der Welt bereichert unser Bewusstsein ungemein …“ (S. 4)

Die Architektur spiegeln die Geschichte, die verschiedenen Epochen aber auch die Vorstellungswelt und die Lebenswirklichkeit der Menschen plastisch wieder. Die meisten Bauwerke überdauern die Lebensspanne der Menschen und bilden damit eine visuelle Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft. Gleich bleibt der grundsätzliche Hauptzweck von Architektur: Schutz zum Wohnen zu bieten.

siljarosa schletterer, azur ton näheDie verschwiegenste Lyrik wächst für Augenblicke aus dem großen Fließen heraus, wenn das abgedriftete Auge zurückschnellt, um abermals dem Verlauf des Wassers zu folgen.

Siljarosa Schletterer siedelt ihre Gedichte an einem Fluss- und Fließsystem an, „azur ton nähe“ belegen als Farbe, Musik und Innigkeit unbegleitete Wörter, die scheinbar zufällig als Flusskiesel am Ufer liegen.

Dieses Gewässersystem ist einerseits als imaginäres Netz von Lebenssubstanz über die Erde gespannt, andererseits mit GPS-Daten verortet. So wie heute bereits jedem Foto die Aufnahme-Koordinaten innewohnen, so sind die Gedichte mit konkreten Daten hinterlegt und als Überschrift gesetzt. In einem angeschwemmten Flussverzeichnis am Ende des Bandes kommen die Flüsse als Register zum Vorschein, und in diesem Fall sind die Schwerpunkte mit den Seitenzahlen des Gedichtes fixiert.

julian gough, rotznase und schnarchnase„»Komm zurück, du feiges Frühstück!«, rief Wolf und jagte Hase aus dem Bau, den Hügel hinunter und den Nachbarhügel hinauf. Keuchend stürzte Hase in die Höhle seiner Freundin Bär und rüttelte sie wach. »Hmmmm?«, sagte Bär. »Oh, Hase, was macht Wolf denn hier?« »Er …« Aber Wolf hielt Hase den Mund zu. (S. 12)

Hase glaubt zu träumen, als er aus seinem Schlaf im Maul von Wolf aufwacht. Mit letzter Mühe gelingt es ihm, dem hungrigen Wolf zu entkommen. Hase flüchtet zu seiner Freundin Bär, die den listigen Wolf durchschaut und ihn aus dem Tal jagt. Sie ahnen nicht, dass das Tal bald von einer viel schrecklicheren Bedrohung heimgesucht wird.

chris wickham, das mittelalter„Dieses Buch handelt vom Wandel. Die Epoche, die wir als »Mittelalter« bezeichnen, dauerte tausend Jahre, von 500 bis 1500; und Europa, das Thema dieses Buches, sah nach dieser Periode völlig anders aus als zu deren Beginn. […] Ich möchte mit diesem Buch zeigen, wie sich dieser Wandel und viele andere Wandlungsprozesse vollzogen und inwiefern sie von Bedeutung sind.“ (S. 7)

Ausgehend von der Teilung der europäischen Welt in einen vom römischen Imperium beherrschten und bestimmten Teil und einen außerhalb des römischen Einflusses gelegenen Teil wird die Entwicklung Europas zu einem komplexen Staatensystem gegen Ende des Mittelalters aufgezeigt, das bis heute die europäische Welt bestimmt.

felix kucher, vegetarianerEin Messias erscheint meist zweimal: Einmal als Guru mit Haut und Haar in der Zeitgeschichte und ein zweites Mal als literarische Figur eines Religionsstifter-Romans.

Felix Kucher kümmert sich mit seinem Roman „Vegetarianer“ um den Meister und Religionsstifter Karl Wilhelm Diefenbach, der in den 1880er Jahren als kultischer Maler halb München mit seiner Mission auf den Kopf gestellt hat.

Der Ausdruck „Vegetarianer“ ist zu dessen Lebzeiten noch halbwegs unbelastet zu verwenden, die beiden ihm zur Seite gestellten Lebensformen „Nudismus“ und „freie Liebe“ fordern freilich schon damals die Gerichte heraus. Der Maler muss betrübt feststellen, dass er die eine Hälfte seines Lebens am Gericht und die andere auf Wohnungssuche verbringt.

patrick hertweck, tara und thanee„Am Abend stand Tahnee Fitch am Fenster der vom Ofenfeuer nur dürftig erwärmten Blockhütte und knetete ungeduldig die Hände. Tahnee war elf Jahre alt und wartete auf ihren Vater. Allmählich machte sie sich Sorgen. Schon vor Sonnenaufgang war er in die Wälder aufgebrochen und eigentlich wollte er spätestens am frühen Nachmittag zurück sein. Nun dämmerte es bereits und noch fehlte jede Spur von ihm.“ (S. 7)

Die Geschichte spielt im amerikanischen Wilden Westen im Jahr 1856, knapp nach dem Ende des kalifornischen Goldrausches. Es ist eine Zeit der Gesetzlosigkeit, in der das Recht auf der Seite steht, der mehr Geld hat oder schneller zur Waffe greifen kann. Mitten drin wird das Leben zweier elfjähriger Mädchen auf eine harte Probe gestellt.