Jonathan Glancey, Architektur - Die visuelle Geschichte

jonathan glancey, architektur„Architektur ist weitgehend unumgänglich. Sie dient als Rahmen und Kulisse für die meiste Zeit unseres Lebens – da liegt sie wie ein riesiges Geschichtsbuch oder eine Enzyklopädie vor unseren Augen und wartet darauf, gelesen und erforscht zu werden. Das Verständnis für die Architektur der Welt bereichert unser Bewusstsein ungemein …“ (S. 4)

Die Architektur spiegeln die Geschichte, die verschiedenen Epochen aber auch die Vorstellungswelt und die Lebenswirklichkeit der Menschen plastisch wieder. Die meisten Bauwerke überdauern die Lebensspanne der Menschen und bilden damit eine visuelle Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft. Gleich bleibt der grundsätzliche Hauptzweck von Architektur: Schutz zum Wohnen zu bieten.

Kapitel „Vom Dorf zur Stadt“ zeichnet die Entwicklung der Architektur im Nahen Osten nach, die wesentlich mit der Sesshaftwerdung und der zunehmenden sozialen Differenzierung der Menschen in Verbindung steht. Als Beispiele für große Architektur dieser Epoche finden wir sumerische Zikkurats, Paläste, Tempel, Grabbauten. Ägypten besticht mit seinen Pyramidenbauten ebenso wie seine monumentalen Tempel und Toranlagen.

Das zweite Kapitel setzt sich mit der Architektur der altamerikanischen Kulturen auseinander und stellt die großen Bauten, die Stufenpyramiden und Tempel der Azteken und Mayas in Mittelamerika und der Inkas in Südamerika an zahlreichen markanten Beispielen vor.

Das Kapitel „Klassische Antike“ stellt die eindrucksvolle Architektur der Griechen und Römer, wobei vor allem die Perfektion der Proportionen ihrer Bauwerke hervorgehoben wird. Gezeigt und erläutert werden Säulen, Friese, unterschiedliche Stilelemente von der minoischen Kultur über die Zeit des klassischen Athens mit dem berühmten Parthenon oder dem Theater von Epidaurus bei den Griechen oder dem Pantheon, dem Kolosseum in Rom aber auch klassische Werke der byzantinischen Architektur wie der Markusdom in Venedig oder die Hagia Sophia in Istanbul.

Kapitel vier wendet den Blick zur Architektur in Indien und Ostasien mit ihren faszinierenden Tempelbauten und ihren eigenen Stilelementen und Ausdrucksformen. Die Beispiele reichen dabei von den antiken Städten Harappa und Mohenjodaro, dem mächtigen Kuppelbau des Buddha-Schreins in Anurapura auf Sri Lanka über den Potala-Palast in Lhasa, die Tempelanlage von Angkor Wat in Kambodscha.

Das Kapitel „Ostasien“ setzt sich mit der Architektur Chinas, Japans und Koreas auseinander, erklärt ihre spezifischen Stilelemente und die dahinterstehende Philosophie. Gezeigt werden die Große Chinesische Mauer ebenso wie die Verbotene Stadt in Peking oder die Horyu-ji-Tempelanlage in der japanischen Stadt Ikaruga, der Goldene Pavillon Kinkakuji in Kyoto und der Sokkulam-Grottentempel von Kjongcu n Korea.

Im sechsten Kapitel „Die islamische Welt“ werden zunächst die die stark vom Islam geprägten architektonischen Stilelemente vorgestellt. Als Beispiele der islamischen Architektur finden wir u.a. den Felsendom in Jerusalem, die Große Moschee von Damaskus, die Große Moschee von Córdoba, die Süleymaniye-Moschee in Istanbul, die Masjid-Schah im persischen Isafahan oder den berühmten Tadsch Mahal im indischen Agra.

Für die Architektur im „Mittelalter“ kommen die zentralen Stilelemente der Romanik und Gotik sowie deren zahlreiche bekannte Baudenkmäler zur Sprache, sei es der Dom von Pisa, der White Tower in London oder Notre-Dame in Paris.

Als gewaltige Zäsur für die Architekturgeschichte wird die Epoche der Renaissance vorgestellt, die durch ihre bisher ungekannten Maße und innovativen Ideen die Architektur vorangetrieben haben. Architektonische Beispiele sind der Dom Santa Maria del Fiore in Florenz, die St. Peterskuppel in Rom, die Villa d’Este in Tivoli oder Schloss Fontainbleau bei Paris.

Kapitel „Barock & Rokoko“ stellt die „bühnenbildhafte Extravaganz der barocken Architektur“ (S. 236) vor. Beispiele dafür sind die Karlskirche in Wien, die spanische Treppe in Rom, Schloss Versailles oder der Rokokosaal in der Amalienburg in München. Kapitel „Rückbesinnung auf die Antike“ zeigt als Gegenreaktion auf das Rokoko eine klassische Zurückhaltung und die Verwendung klassizistischer Stilelemente wie sie in Napoleons Arc de Triomphe in Paris, im British Museum in London aber auch im Kapitol in Washington zum Ausdruck kommen.

Im Kapitel „Das Industriezeitalter“ werden die architektonischen Möglichkeiten durch neue Materialien und Baustoffe aufgezeigt, die in Bauten wie dem Palmenhaus Kew Gardens und dem Kristallpalast in London, dem Eifelturm in Paris oder dem Woolworth Building in New York umgesetzt werden. Das abschließende Kapitel „Moderne Welt“ bietet zahlreiche Beispiele für das Zusammenwirken von Materialien wie Beton, Stahl und Glas in der Architektur und einem Siegeszug um die ganze Welt. Beispiele dafür sind u.a. das Empire State Building in New York, das Haus Steiner in Wien, das Bauhaus in Dessau, die Villa Savoye in Poissy oder das Opernhaus in Sydney. Ein Glossar der wichtigsten Begriffe sowie ein Namens- und Sachregister runden das kompakte Sachbuch ab.

Jonathan Glancey bietet eine übersichtliche Einführung in die historische Entwicklung von Architektur von den Anfängen der Zivilisation in den Dörfern und Städten Mesopotamiens und Ägyptens bis in die Architektur der modernen Welt. Dabei werden die zentralen Stilmittel, Materialien und Ideen der verschiedenen Kunstepochen verständlich gemacht und an zahlreichen Beispielen der Architektur erläutert.

Ein überaus empfehlenswertes und informatives Sachbuch, das einen kompakten Überblick über die Entwicklung der Architektur und ihre wesentlichen Merkmale bietet und durch seine übersichtliche Struktur, das anschauliche und beeindruckende Bildmaterial sowie die verständlichen sprachliche Darstellung zu überzeugen weiß.

Jonathan Glancey, Architektur - Die visuelle Geschichte. Durchg. ill., Bildredaktion: Helen Spencer / Lee Griffiths u.a., übers. v. Kristina Köper / Birgit Lamerz-Beckschäfer [Orig. Titel: Architecture. A viusual history], ab 16 Jahren
München: Dorling Kindersley Verlag 2022, 416 Seiten, 27,80 €, ISBN 978-3-8310-4349-1

 

Weiterführende Links:
Dorling Kindersley Verlag: Jonathan Glancey, Architektur - Die visuelle Geschichte
Wikipedia: Jonathan Glancey

 

Andreas Markt-Huter, 13-06-2022

Bibliographie

AutorIn

Jonathan Glancey

Buchtitel

Architektur - Die visuelle Geschichte

Originaltitel

Architecture. A viusual history

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2022

Verlag

Dorling Kindersley Verlag

Illustration

Helen Spencer / Lee Griffiths u.a.

Übersetzung

übers. v. Kristina Köper / Birgit Lamerz-Beckschäfer

Seitenzahl

416

Preis in EUR

27,80

ISBN

978-3-8310-4349-1

Lesealter

Altersangabe Verlag

o.,A.

Zielgruppe

Kurzbiographie AutorIn

Jonathan Glancey Glancey besuchte die St. Benedict's School in London und studierte Philosophie, Politik und Wirtschaft am Magdalen College in Oxford. Er war Redakteur für Architektur- und Design bei der Zeitschrift „The Independent" und von 1997-2012 bei „The Guardian" sowie bei den Architekturzeitschriften „Building Design“, „Architectural Review“, „The Architect“ und „Blueprint“. Für die Website BBC Culture berichtet er über Architektur und Design.