Stefan Abermann, Schatzkästlein des reinlichen Hausfreundes

Zu Zeiten, wo sich größere Bevölkerungsschichten aufmachen, so etwas wie Bildung und Lebenssinn zu inhalieren, boomen gerne die Hauskalender und Schatzkästlein, worin für alle Stimmungs- und Lebenslagen gute Tipps nachzulesen sind.

Stefan Abermann greift diesen Bildungshunger nach Snack-Portionen und Apps auf und destilliert aus diversen Abenden des Poetry-Slams lebensnotwendige Texte für den Hausgebrauch heraus. Kurze Auftritte, die vor allem auf der euphorischen Tagesverfassung des Vortragenden aufbauen, werden im Schatzkästlein zu pragmatischen Anleitungen, mustergültigen Fallgeschichten oder Breitband-Medikamenten gegen allerlei Fährnisse des Alltags herunter gebrochen.

Die Welt der Kümmernisse und Probleme reduziert sich dabei sinnigerweise auf Kerngebiete des Ungemachs, als da sind: Haus, Frau, Kind, Garten, Esoterik. Wer diese Themen im Griff hat, dem frisst gewissermaßen die Welt aus der Hand.

So kommt das Bewusstsein eines Kindes logischerweise zuallererst in den zwei Jahreszeiten Geschenke und Nichtgeschenke zum Vorschein. Eltern und anderes pädagogisches Personal tun gut daran, das Kind jeweils in der richtigen Empfindung anzusprechen und nicht etwa durch Geschenke etwas zu vermüllen, was in seiner Offenheit bereits durch ein anderes Geschenk erzeugt worden ist.

Zumindest theoretisch sollte man als verantwortungsvolles Elternpaar überlegen, ob man das Kind nicht umtauschen soll, rein rechtlich dürfte es kein Problem sein, wenn man es richtig angeht.

Oft bedienen sich die reinlichen Geschichten eines großen Tumults, um daraus eine handfeste Nützlichkeit zu entwickeln. So taucht in Krimis oft der Befehl auf, dass eine Frau hart genommen werden möge, im Schatzkästlein kommen Tipps, wie man diese Härte auf das Nötigste beschränken kann ohne den kriminaltechnischen Aspekt aus dem Auge zu verlieren.

Der Leser als Teil einer Horrorshow, eine unangekündigte Sprechstunde, die Erstbesteigung einer flachen Bettes, Open Source - wenn man den Alltag nicht konzentriert abarbeitet, fällt man leicht in ein schwarzes Loch, aus dem einem dann nur noch ein Ratgeber heraushilft. Auch patriotische Erscheinungen wie ein Marsch, der voll nach Furz riecht, müssen täglich upgedatet werden und sei es nur als Zauberformel: „Du bist das Land, dem ich die Nase halte!“

In einem Zeitalter, in dem das Internet sämtliche bisher brauchbaren Textsorten angefressen hat, ist auch das gute alte Märchen längst nicht mehr pädagogisch so stabil, wie es die Grimms ausgelegt haben. Der Wolf ist heimlich zu einem Esoterikguru mutiert und schaut seinem Rotkäppchen Barbara zu, wie es ungenießbare Pilze sammelt, die in einem Endlos-Darm verschwinden.

Texte neigen während ihrer Anwendung generell zur Verschmutzung, nur mit großer Reinlichkeit kann man sich ihnen nähern und dann wird man den sauberen Empfehlungen auch gewachsen sein. Stefan Abermanns Schatzkästlein ist frech und nützlich!

Stefan Abermann, Schatzkästlein des reinlichen Hausfreundes. Texte für den
Hausgebrauch.
Wien: Milena 2014. 212 Seiten. EUR 17,90. ISBN 978-3-902950-13-0.

 

Weiterführende Links:
Milena Verlag: Stefan Abermann, Schatzkästlein des reinlichen Hausfreundes
Homepage: Stefan Abermann

 

Helmuth Schönauer, 04-02-2015

Bibliographie

AutorIn

Stefan Abermann

Buchtitel

Schatzkästlein des reinlichen Hausfreundes. Texte für den Hausgebrauch

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Milena Verlag

Seitenzahl

212

Preis in EUR

17,90

ISBN

978-3-902950-13-0

Kurzbiographie AutorIn

Stefan Abermann, geb. 1983 in Rum, lebt in Innsbruck.