Andreas Gottlieb Hempel, WeinBau

andreas gottlieb hempel, weinbauDie beiden wichtigsten Kulturtätigkeiten Südtirols sind nach allgemeiner Lesart die Kultivierung von Wein und das Bauen in der Landschaft.

Andreas Gottlieb Hempel zieht diese beiden Kulturwörter zu dem griffigen WeinBau zusammen, das tatsächlich den Bildband zu einem idealen Einstieg in die Welt Südtirols macht. Die Einteilung des Themas ist vino-geographisch logisch: Vinschgau, Meraner Land, Etschtal / Bozen und Überetsch / Unterland / Eisacktal.

Als Voraus-Information sollte man noch wissen, dass die größte Ausbreitung des Weins um 1910 stattgefunden hat, dementsprechend weitläufig soll er auch geschmeckt haben. Mittlerweile wird der Wein zur Hälfte zu Hause mit den Gästen verkostet und zur anderen Hälfte exportiert.

Ähnliches dürfte sich in der Bautätigkeit abspielen, nach der Verhunzung und Verschandelung des Landes durch allerhand Autobahnkleeblätter und Gebirgsmonströsitäten setzt sich allmählich ein solitärer Stil durch. In den Einzelgebäuden wurde lang den Wiener und Münchner Architekturschulen gefrönt, ehe dann Mussolini einen alpinen Neoklassizismus ins Land geschickt hat.

Im Bildband sind vierzig Weingüter aufreizend schön ausgelegt, die einzelnen Weine sind mit einem speziellen Vokabular dokumentiert. Manches liest sich wie aus einer anderen Welt übersetzt, wenn es um Zungenreviere, Geschmacksnäpfe, Geruchsschüsseln und Abgänge jeglicher Art geht.

Am spektakulärsten stechen natürlich die Architekturfotos aus der Darstellung der einzelnen Weingüter hervor. In einem Buschenschank fehlt das Oberteil, sodass man gleichzeitig im Haus und im Freien sitzt. Eine gemauerte Stützwand tritt plötzlich zurück und gibt eine Trink-Terrasse frei, in welche die Reben hineinwuchern. Eine Fassade schlingert mittendrin ins Venezianische über und wird zu einer einladenden Abschreit-Front, die erst in den obersten Stockwerken Fenster zulässt.

Neben den Fassadenbildern bestechen vor allem die Exerzierplätze der Weinfässer, die je nach Qualität in Kompaniestärke antreten oder sich als Spähtrupp für raren Geschmacksausbau in die Halle vortasten. Die dritte Komponente stellen die Landschaftsbilder dar, wenn sich lange Reb-Zeilen um ein Sakralgebäude schlingen oder der WeinBau-Herr auf einer roten Vespa bis zu den Schultern im Gras versinkt.

Die einzelnen Weingüter sind im Anhang mit den entsprechenden Web-Auskünften verlinkt, so dass man nach dem Buch gleich mit der Maus ins entsprechende Anwesen fahren kann.

Selbstverständlich liegt jede Menge Stolz in dieser Art von WeinBau. Aber die einzelnen Bausteine sind offene Kulturplattformen, auf denen man sich mit oder ohne einem Glas Wein in der Hand trefflich durch die Raritäten der Sprache, der Architektur und des Landes überhaupt tasten kann.

Andreas Gottlieb Hempel, WeinBau. Wein und Architektur in Südtirol
Wien, Bozen: folio Verlag 2016, 144 Seiten, 25,00 €, ISBN 978-3-85256-709-9


Weiterführende Links:
Folio Verlag: Andreas Gottlieb Hempel, WeinBau
Homepage: Andreas Gottlieb Hempel

 

Helmuth Schönauer, 28-02-2017

Bibliographie

AutorIn

Andreas Gottlieb Hempel

Buchtitel

WeinBau. Wein und Architektur in Südtirol

Erscheinungsort

Bozen

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

Folio Verlag

Seitenzahl

144

Preis in EUR

25,00

ISBN

978-3-85256-709-9

Kurzbiographie AutorIn

Andreas Gottlieb Hempel, geb. 1941 in Dresden, lebt als Architekt und Journalist in Brixen.