Walter Kohl, Out Demons Out

walter kohl, out demons outSo um 1980 herum haben die damals sechzigjährigen Autoren in ihren aktuellen Romanen wie verrückt ihren Vater gesucht. Momentan versuchen die jetzt sechzigjährigen Kunden des Beats und der psychodelischen Musik mit ihren Bands von damals ins Reine zu kommen. Wahrscheinlich ist das nur eine andere Art von Vatersuche.

Walter Kohl hat seinen ursprünglichen Plan, als saugender Fan von damals eine Biographie über die Edgar Broughton Band zu verfassen, sublimiert, indem er einen mehrschichtigen Roman über Träume, Altwerden, Dorfleben und das Nichts in England und Österreich geschrieben hat.

Der Roman ist so klug angelegt, dass unabhängig vom Vorwissen jeder eine Idee ausfassen kann, die ihn nachdenklich stimmt. Der Musikprofi kriegt eine profunde Band-Geschichte, der 68er eine süffisante Abrechnung, und der Beatnik die Kraft, seiner Philosophie treu zu bleiben.

Wir sind Beatniks, wir haben Schlafsäcke! (91)

Die Geschichte ist raffiniert, weil sie jederzeit erweiterbar ist. Der Protagonist Charly vermittelt seinem Bruder zum Geburtstag einen Auftritt des legendären Edgar Brougthon, der um 1970 herum mit dem Album „Wasa Wasa“ und mit der Single „Out Demons Out“ Furore gemacht hat. Alle Beteiligten sind deutlich über sechzig und hocken im Party-Zelt in Oberösterreich und lassen für ein paar Stunden die Musikgeschichte als Schöpfungsgeschichte Revue passieren.

Unter dem Gänsehaut-Gerüst des Auftritts sind verschiedene Erinnerungsebenen eingezogen, etwa die Gegenwart als alter Musiker, der immer noch bis Nachmittag schlafen muss, will der Abend was werden. Aufklärend sind auch eine Ebene tiefer die Antrittsbesuche beim Edgar in England, und ur-entrückt zeigt sich schließlich die Originalzeit von damals, als Edgar in Warwick Musik macht und Charly in einem Dorf vor Linz aus seinen Klängen den Sinn des Lebens ableitet.

Die Rockmusiker werden vermutlich zu allen Zeiten verehrt, weil sie etwas sagen, das nicht zu sagen ist. (49) Selbst als Dauer-Loop auf dem Laptop gespielt kann Wasa Wasa immer noch für einen Nachmittag die Welt aus den Angeln heben.

Der Rockstar und Charly entdecken immer mehr Parallelen zwischen dem trostlosen Arbeiter-England von damals und der VOEST, die als dreckiges Leuchtschiff Österreichs gegolten hat.

Ihr in Österreich hattet wenigstens eine Vergangenheit, die ihr vergessen wolltet (54)

schwärmt Edgar, denn in Warwick gab es nicht einmal etwas zum Vergessen.

Wie Traum und Wahn zusammenhängen, zeigt sich in einem Gespräch an einer kleinen Fügung: Während Charly einen Song für das ultimative Liebeslied gehalten hat, erklärt Edgar ernüchtert, dass es sich um das Abarbeiten eines bitteren Seitensprungs handelt. Es gibt nur eine Botschaft, die durch alle Zeiten saust, Dämonen haut ab! Die Helden nicken dieser Botschaft zu.

Walter Kohls Roman ist ein Psychogramm einer grauen Zeit, die von bunten Kleidern und Pillen psychodelisch überwunden worden ist. Aber ab sechzig kehrt das Graue wieder zurück, und es bleiben einem nur die bunten Geschichten von damals.

Walter Kohl, Out Demons Out. Ein Roman über die Edgar Broughton Band
Wien: Picus Verlag 2017, 270 Seiten, 24,00 €, ISBN 978-3-7117-2048-1


Weiterführende Links:
Picus Verlag: Walter Kohl, Out Demons Out
Wikipedia: Walter Kohl

 

Helmuth Schönauer, 17-05-2017

Bibliographie

AutorIn

Walter Kohl

Buchtitel

Out Demons Out. Ein Roman über die Edgar Broughton Band

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2017

Verlag

Picus Verlag

Seitenzahl

270

Preis in EUR

24,00

ISBN

ISBN 978-3-7117-2048-1

Kurzbiographie AutorIn

Walter Kohl, geb. 1953 in Linz, lebt in Eidenberg bei Linz.