Harald Specht, Liebe, Laster, Leidenschaft
„Etliche Besucher der weltbekannten Galerien und Museen ahnen nicht, dass viele der großen Gemälde berühmter Meister neben dem Kunstgenuss auch Geheimnisse bergen, die mindestens ebenso interessant sind, wie das künstlerische Meisterwerk selbst.“ (S. 8)
Hinter manchem großen Gemälde und Kunstwerk stecken ebenso große Geheimnisse aber auch spannende und amüsante Geschichten. „Liebe, Laster, Leidenschaft“ erzählt von diesen Geheimnissen und Geschichten und zeigt anschaulich, dass Geschichten über Kunst spannender sein können, als ein Kriminalroman.
Bereits die Hintergrunderzählungen zu dem wohl berühmtesten Bild der Welt, Leonardo da Vincis „Mona Lisa“ verbindet die aufregende Suche der Kunsthistoriker und Wissenschaftler nach dem Modell der schönen Dame mit dem geheimnisvollen Lächeln und einer ausgemachten Räubergeschichte, dem spektakulären „Raub der Mona Lisa“ im Jahr 1911. Während der Kunstraub nach drei Jahren Suche nach dem Bild geklärt werden konnte, werden als Modell für den Maler weiterhin die Namen zahlreicher Frauen genannt.
Dabei helfen moderne Analysemöglichkeiten wie Röntgen-, Laser-, Infrarot- und Elektronenstrahltechniken die Maltechniken der großen Künstler besser zu verstehen und nicht selten verborgene Geheimnisse von Gemälden zu lüften. So zeigt eine Röntgenuntersuchung von Jan Vermeers Bild „Brieflesendes Mädchen am offenen Fenster“, dass der Maler an diesem Bild eine große Zahl an Veränderungen durchgeführt hat. So wurden zahlreiche Gegenstände übermalt, um den Blick der Betrachter auf das Wesentliche zu konzentrieren. Unter der Oberfläche des Gemäldes „Wiese“ von Vincent van Gogh konnte ebenfalls mit Hilfe der Röntgentechnik ein Frauenporträt erkennbar gemacht werden, das vom Maler übermalen worden ist.
Als nicht weniger interessant erweisen sich die unterschiedlichsten Erklärungsversuche für Giorgiones Bild „Die drei Philosophen“, das im Kunsthistorischen Museum in Wien zu bewundert werden kann. Dabei reicht die Interpretation, wen die Philosophen darstellen von den drei Weisen aus dem Morgenland über eine Verkörperung der drei Lebensalter, einer Darstellung der Toleranz zwischen den Religionen Judentum, Islam und Christentum bis hin zu den konkreten griechischen Philosophen Thales, Pherekydes und Pythagoras.
Zu den aufregendsten Geschichten in der Kunstwelt zählt sicherlich jener der Familie Kober, die unter der Schlagzeile „Michelangelo hinterm Sofa“ in die Pressegeschichte eingegangen ist. Knapp dreißig Jahre war ein Gemälde aufgrund seiner traurigen Szene hinter einem Sofa verbannt worden, bis es schließlich von einem Kunstexperten untersucht und die Sensation offenbar wurde. Es konnte die unverwechselbare Malweise und Pinselführung sowie die Handschrift Michelangelos nachgewiesen werden. Das Bild soll heute einen Wert von rund 300 Millionen Dollar haben und nicht mehr hinter dem Sofa, sondern in einem Bankschließfach gelagert sein.
Harald Specht versteht es wunderbar spannende und unterhaltsame Geschichten über berühmte Kunstwerke zu erzählen, die durch ihr profundes Hintergrundwissen ebenso überzeugen wie durch die gekonnte Zusammenstellung von Zusammenhängen. Er erweist sich dabei als Meister der Sprache und zeigt, dass Sachbücher weit mehr sein können, als Medien der Wissensvermittlung.
Ein überaus empfehlenswertes und ebenso anregendes wie geistreiches Sachbuch, das durch seine abwechslungsreiche Aufbereitung zu begeistern und neugierig zu machen weiß und das ebenso unterhaltsame wie informative Lesestunden garantiert.
Harald Specht, Liebe, Laster, Leidenschaft. Geheimnisse großer Gemälde
Leipzig: E.A. Seemann Verlag 2014, 248 Seiten, 30,80 €, ISBN 978-3-86502-324-7
Weiterführende Links:
E.A. Seemann Verlag: Harald Specht, Liebe, Laster, Leidenschaft
Wikipedia: Harald Specht
Andreas Markt-Huter, 25-03-2019