Das Lesetagebuch im Unterricht
Lesetagebücher bieten beim Lesen von Kinder- und Jugendliteratur im Unterricht zahlreiche didaktische Möglichkeiten, um Kinder gezielt mit Literatur vertraut zu machen und ihnen in der persönlichen Auseinandersetzung mit einem Buch, die unterschiedliche Aspekte literarischen Schreibens praktisch näher zu bringen.
Die Lesepädagogin Ingeborg Hintz setzt sich in ihrem Sachbuch „Das Lesetagebuch: intensiv lesen, produktiv schreiben, frei arbeiten“ grundsätzlich mit dem Konzept „Lesetagebuch“ auseinander. Ihre Untersuchungsergebnisse, die sich am praktischen Unterricht orientieren, zeigen, wie breit gefächert die didaktischen Möglichkeiten von Lesetagebüchern im Unterricht sind.
So bietet sich das Lesetagebuch als Bindeglied zwischen verschiedenen Teilbereichen des Deutschunterrichts an. Es eignet sich sowohl für individuelles als auch gemeinsames Lesen im Unterricht und verbindet gezielt Lesen und Schreiben. Mit Hilfe des Lesetagebuchs kann eine situationsangepasste Öffnung und Lenkung des Lernens gelingen, wobei die eigentliche Intention eines Lesetagebuches aber nicht vergessen werden darf: das Schreiben soll nie wichtiger werden als das Lesen.
Zur Bezeichnung „Lese-Tagebücher“
Ursprünglich handelt es sich bei Tagebüchern um persönliche und individuelle schriftliche Aufzeichnungen, die subjektiv und grundsätzlich nur für private Zwecke gedacht sind. Beim „Lesetagebuch“ handelt es sich insofern um kein richtiges Tagebuch, da es nicht für private Aufzeichnungen verwendet wird, sondern als Lern- und Mitteilungsmedium im Unterricht dient. Auch die Schüler sind sich dessen bewusst, dass das Lesetagebuch von den Lehrern gelesen wird und geben daher in Lesetagebüchern naturgemäß viel weniger und in anderer Form Dinge von sich preis, als es in echten Tagebüchern der Fall wäre.
Die Bezeichnung „Lesetagebücher“ soll vor allem zum Ausdruck bringen, dass persönliche Gedanken, Eindrücke und Ideen zu den gelesenen Büchern schriftlich festgehalten werden. Vor allem aber, dass hier eine subjektive Form des Schreibens bewusst zugelassen wird, was sich sowohl auf die Subjektivität der Meinung als auch auf die Art des Schreibens bezieht.
Das heißt, dass die Texte der Schüler sowohl sprachlich ausgefeilt als auch dürftig sein können, stilistisch gehoben als auch holprig und orthographisch richtig ebenso wie fehlerhaft. Fehler und Schwächen können in einem persönlichen Gespräch zwar angesprochen, sollen aber nicht korrigiert und verbessert werden, wie es bei anderen schulischen Arbeiten der Fall wäre.
Je freier Inhalt und Form eines Lesetagebuches gefasst werden dürfen, desto mehr nähert es sich der Form eines Tagebuchs an.
Lesetagebuch als Mittel der Lesemotivation
Ingrid Hintz kommt in ihrer Untersuchung zum Einsatz von Lesetagebüchern im Unterricht zu einem klaren Schluss. Das Lesetagebuch stellt eine erfolgversprechende Methode dar, um Schülerinnen und Schüler anzuregen, sich mit dem Gelesenen intensiv auseinanderzusetzen. Es hilft aber auch den Lehrern, sie dabei auch zu unterstützen, indem sie den Schülern gezielte Aufträge zur Auseinandersetzung mit dem gelesenen Text geben, wie z.B. den Inhalt der gelesenen Seite oder des gelesenen Kapitels zusammen zu fassen oder festzuhalten, was sie über den Inhalt oder das Verhalten der Figuren des Buchs gedacht, gefühlt oder erfahren haben. In ihrem Lesetagebuch kommt zum Ausdruck, wie die Schülerinnen und Schüler den Inhalt verarbeitet haben, es soll ihnen aber auch die Möglichkeit bieten, selbst Fragen zu formulieren, die sich ihnen beim Lesen gestellt haben.
Die Arbeitsaufträge zum Lesetagebuch sollen auch helfen, die kognitiven und emotionalen Beziehungen zu den Handlungsträgern und Problemstellungen des Buches herauszuarbeiten. Das kann durch Vergleiche der Handlung mit der eigenen Wirklichkeit erfolgen oder indem eigene Erwartungen und Enttäuschungen beim Lesen zur Sprache gebracht werden. Manche Leserinnen und Leser bringen sich auch aktiv in die Handlung des Buches ein. Sie schreiben Handlungen um oder erfinden neue Handlungen dazu, was vor allem am Schluss eines Buches passieren kann, wenn das Ende nicht den erwarteten Hoffnungen entspricht.
Die Anregungen und Vorgaben für das Tagebuchschreiben werden meist unterschiedlich aufgegriffen und ergänzt. Teils werden die Texte stichwortartig verfasst, teils in Sätzen geschrieben. Die Schüler entfernen sich häufig von der gewohnten schulischen Schreibweise und befreien sich vom Druck der Normierung, wodurch die Auseinandersetzung mit dem Buchtext leichter als Kommunikationsangebot angenommen werden kann und weniger als Arbeit für den Unterricht empfunden wird.
Beim Schreiben des Lesetagebuches sollen die richtige Grammatik und Rechtschreibung zwar nicht bedeutungslos werden, aber klar in die zweite Reihe treten. Gedanken, Gefühle, Vorstellungen, Erfahrungen und Meinungen stehen im Mittelpunkt und sollen möglichst vollständig festgehalten werden. Die Angst vor einer Beurteilung der Rechtschreibung und Grammatik darf keine Hemmschwelle sein, um offen seine Gedanken auszudrücken.
Über ein Buch ist grundsätzlich aufwendiger und auch verbindlicher als darüber zu Sprechen. Auch unterliegt es bestimmten formalen Anforderungen und braucht eine größere Genauigkeit beim Formulieren. Dennoch muss dieser Umstand von den Kindern und Jugendlichen nicht als Einengung oder Belastung empfunden werden. Vielmehr hilft das Lesetagebuch vielen Schülerinnen und Schülern, über das Gelesene besonders intensiv nachzudenken, sich die Buchfiguren und das Geschehen besser vorzustellen und neue Erkenntnissen, Einsichten, Zusammenhänge und differenziertere Urteilen zu erlangen.
Häufig fördert das Schreiben über das Gelesene auch das Bedürfnis, darüber sprechen zu wollen, wozu sich neben dem persönlichen Gespräch mit der Lehrperson auch noch eine unverbindliche kurze Buchpräsentation vor der Klasse anbietet.
Die Buchpräsentation vor der Klasse bietet die Möglichkeit des
Gedankenaustauschs und eröffnet eine Kommunikation zu einem
gemeinsamen Thema. Foto: Markt-Huter
Bei den Eintragungen der Schülerinnen und Schüler in das Lesetagebuch lassen sich grundsätzlich drei Formen der Auseinandersetzung mit dem Gelesenen ausmachen:
Zunächst einmal das Nacherzählen und Beschreiben des Inhalts des gelesenen Textes. Danach eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Gelesenen, zu dem alle selbstbezogene Eintragungen gehören, wie etwa die Verbindung und der Vergleich der eigenen Weltsicht mit der Buchwelt. Dazu gehören Überlegungen, wie es wäre in die Rolle der Buchfigur zu schlüpfen oder was sich die Frage zu stellen, was sie selbst anstelle einer Buchfigur in einer bestimmten Situation denken, fühlen oder tun würden. Bei den figurenbezogenen Eintragungen sollen sich die Leserinnen und Leser in die Buchfiguren hineindenken und ihre Perspektiven übernehmen oder nachempfinden, was eine Buchfigur denken und fühlen könnte.
Ein weiterer Schritt der Auseinandersetzung wäre es, produktiv und kreativ in den gelesenen Text einzugreifen, diesen weiter zu schreiben oder umzuschreiben. Eine spannende Möglichkeit ist es, aus der Perspektive einer Buchfigur einen Brief oder eine Tagebucheintragung zu verfassen oder die Handlung eines Textes als Comic, Plakat, Illustration oder Gedicht zu gestalten, aber auch, den Schreibstil des Autors in einem eigenen Text nachzuahmen.
Auf der kommunikativen Ebene kann die Auseinandersetzung mit dem gelesenen Text in Form von Gesprächen mit Lehrern und Mitschülern aber auch in Form von fiktiven Briefen, Telefonaten z.B. mit einer der Buchfiguren oder dem Autor erfolgen.
Auch auf einer metakognitiven Ebene bietet die Arbeit mit dem Lesetagebuch interessante Perspektiven, wenn es z.B. gilt, über den eigenen Lernprozess, über das Schreiben im Lesetagebuch oder über die eigenen Gedanken, Empfindungen und Vorstellungen beim Lesen und Schreiben nachzudenken und zu schreiben.
Manchen Schülerinnen und Schülern hilft es, wenn sie auf vorgefertigte und vorstrukturierte Aufgaben und Literaturkarteien zum Buch zurückgreifen können, um das für sie ungewohnte Schreiben eines Literaturtagebuchs zu bewältigen. Dabei lassen sich verschiedene Schreib- und Gestaltungsprozesse anregen, welche die Fantasie und die Selbsttätigkeit der Schülerinnen und Schüler aber nicht zu sehr einschränken. Dabei soll der Eindruck vermieden werden, dass es richtige und falsche Lösungen gebe.
Manche Schüler führen das Lesetagebuch lieber im Anschluss an das erste Lesen, weil sie sich beim ersten Lesen nicht durch andere Dinge ablenken und ihren Lesefluss nicht unterbrechen lassen wollen. Dieser Wunsch wird zumeist von motivierten und kompetenten Leserinnen und Lesern geäußert.
Als Bedingungen für einen erfolgreichen Einsatz von Lesetagebüchern nennt Hintz einen geeigneten Organisationrahmen der Unterrichtsgestaltung, aber auch das gezielte Beraten, Begleiten und Beurteilen aber auch Anregungen und Tipps durch Kommunikation und Gedankenaustausch bei der Führung des Lesetagebuchs sowie eine Hilfe bei der Buchauswahl.
Der Organisationrahmen und die Unterrichtsgestaltung sollen weder lehrerzentrierter noch streng zweckrational aufgebaut, sondern möglichst offen soll. Eine Individualisierung und Differenzierung beim Kinder- oder Jugendbuchlesen im Unterricht mit dem Lesetagebuch ist gewünscht und soll sich durch seine Inszenierung klar vom privaten Lesen zu Hause aber auch vom gewöhnlichen Klassenunterricht unterscheiden.
Während im normalen Klassenunterricht bei der Interaktion zwischen Lehrer und Schüler das Verständnis des Gelesenen im Mittelpunkt steht, geht es beim offenen, individualisierenden Lesen vor allem um die persönliche Auseinandersetzung mit dem Gelesenen. Dazu braucht es ein entspanntes Lernklima, wo - ohne negative Konsequenzen - das Ausprobieren verschiedener Verarbeitungsweisen möglich ist.
Der Schwerpunkt liegt daher nicht beim Verfassen richtiger und normgerechter Texte, sondern in der persönlichen Auseinandersetzung mit dem Text. Dadurch gelingt es auch schwache Schüler zu motivieren und ihnen ein Erfolgserlebnis zu eröffnen. Unterschiedliche Lese-, Schreib- und Lernkompetenzen können dabei durch persönliche Beratungen und Klassengespräche aufgefangen werden. Dazu ist ein Organisationrahmen wichtig, der die gewünschten selbständigen Lernprozesse auch zulässt.
Hilfreich und anregend sind dabei der Meinungs- und Gedankenaustausch über das jeweilige Buch in gemeinsamen Unterrichtsphasen, in den Bücher vorgestellt oder Leseerfahrungen, Denkweisen, und Gefühlsmuster verglichen werden können. Mitentscheidend für den Erfolg dieses Unterrichts ist, dass sich eine positive soziale Interaktion und Unterrichtsatmosphäre in der Klasse entwickeln kann.
Für den Leseunterricht mit Lesetagebuch ist es hilfreich, zu wissen,
welche Lesetypen unter den Schülerinnen und Schülern zu finden sind.
Foto: Markt-Huter
Erkennen des Leseengagements
Die Literaturdidaktikerin Carola Rickmann weist in ihrem Sachbuch „Grundlagen der Lesedidaktik. Band 2: Eigenständiges Lesen“ auch das Leseengagement der Schülerinnen und Schüler als wesentliche Grundlage für einen gezielten Leseunterricht aus. Das Leseengagement der einzelnen Kinder zu erkennen, gilt als Voraussetzung für das eigenständige Lesen im Unterricht, weil vor allem Kinder ohne oder mit geringem Leseengagement besonderer Unterstützung bedürfen. Beim Leseengagement unterscheidet Rickmann folgende interessante Lesertypen:
Die Als-ob-Leser
Schüler die vorgeben zu lesen, dabei vor ihren aufgeschlagenen Büchern sitzen und von Zeit zu Zeit Seiten umblättern.
Die Lese-Vermeider
Sie tun alles, um nicht lesen zu müssen. Sie spitzen den Bleistift besonders lang, gehen auf Toiletten und stehen lange suchend vor dem Bücherregal.
Sowohl die „Als-ob-Leser“ als auch die „Lese-Vermeider“ sind teilnahmslos, haben kein Vergnügen an Büchern und glauben auch in Zukunft Bücher und Lesen nicht zu mögen. Sie benötigen ein Höchstmaß an Unterstützung beim eigenständigen Lesen. Dazu gehört eine streng strukturierte Routine mit Diskussionsrunden und Buchvorstellungen. Sie sollen während dem Lesen Aufgaben erfüllen, wie z.B. Voraussagen über den weiteren Verlauf der Handlung machen oder nach jeder Seite eine „Ein-Satz-Zusammenfassung“ des Gelesenen schreiben.
Die Überforderten Leser
Sie haben in Bezug auf das Lesen die besten Absichten und sind motiviert. Durch ihr häufiges Scheitern haben sie aber innerlich aufgegeben. Grund dafür können verschiedene Probleme sein, die ihnen das Lesen schwermachen, wie z.B. eine andere Muttersprache oder kognitive Einschränkungen. Die „überforderten Leser“ befinden sich immer noch auf der Stufe, das Lesen erst lernen zu müssen. Sie brauchen einfaches Lesematerial, das sie nicht überfordert, also Texte, die sie selbständig meistern können, wie z.B. Serienliteratur mit bekannten Charakteren und Mustern oder einfach gehaltene Texte.
Die Unrealistischen oder “Möchtegern“-Leser
Diese wählen immer wieder für sie ungeeignete Literatur aus, weil sie dazu zu gehören wollen. Sie können die Texte zwar verstehen, für längere Bücher, die ein zusammenhängendes Erfassen benötigen, reicht die Übung aber noch nicht aus. Die “Möchtegern“-Leser sind typischen Buch-Tauscher, die immer wieder neue Texte anfangen, aber kaum ein Buch zu Ende bringen. Lesen wird dabei nicht als Vergnügen erlebt. Ihnen müssen die Lehrer bei der Buchauswahl helfen und ihren Lernprozess genau beobachten.
Die Gefälligen Leser
Diese Gruppe liest nicht zum Vergnügen, sondern weil man ihnen sagt, dass sie lesen sollen. Ihre Bücher wählen sie eher zufällig aus. Sie müssen Teil einer Lesekultur werden, in der das Lesen eine hohe Wertschätzung erfährt. Dazu brauchen sie eine Atmosphäre, in der begeistert über neue Buchtitel gesprochen wird und ihnen auch außerhalb des Unterrichts Platz für Gespräche eröffnet.
Die „Zählt auch das Sachbuch?“-Leser
Diese können durchaus engagierte Leser sein, die sich aber hauptsächlich für Sachtexte interessieren. Sie sehen sich selbst oft nicht als Leser, weil es ihnen bei erzählerischen Texten schwerfällt, bei der Sache zu bleiben. Ihnen gilt es zu vermitteln, dass auch das Lesen von Sachtexten, richtiges Lesen ist. Sachbücher sollen bei Buchbesprechungen explizit einbezogen werden. Texte die Informationen und Erzählen verbinden, können diese Leser auch an narrative Texte heranführen.
Die „Ich kann, aber ich möchte nicht“- (obwohl ich es mag)-Leser
Diese Gruppe von Lesern kann zwar ein für sie interessantes Buch aussuchen, es fehlt ihr jedoch an der Motivation zu lesen. Sie braucht oft lange, um ein Buch fertig zu lesen und wenn es etwas anderes zu tun gibt, lesen sie lieber nicht. Dieser Leser-Typ braucht viel Lob und Anerkennung für seine selbst gefundene Bücher und seine Fortschritte im Leseprozess. Besonders wichtig ist es, Zeiten vorzugeben, in denen in Ruhe gelesen werden kann.
Die in einem Genre oder in einer Serie gefangenen Leser
Dabei handelt es sich um Leserinnen und Leser, die zwar gerne lesen, aber fast ausschließlich Bücher eines bestimmten Genres oder einer Serie und die kaum bereit sind, sich auf anderes einzulassen. Ihnen soll als Ziel der Zugang zu einer großen Bandbreite von Texten vermittelt werden. Regelmäßige Anregungen und Lesevorschläge sind wichtig. Dies erfolgt sowohl durch den Lehrer als auch durch die Buchvorstellungen der anderen Kinder.
Die Bücherwürmer
Dies sind die begeisterten Leser. Sie wählen die Lektüre selbst aus und sind nicht auf bestimmte Genres festgelegt. Sie dienen als Lesevorbild, weil sie zum Vergnügen lesen, profitieren aber auch von den Leseerfahrungen und den Buchvorstellungen der anderen.
Das Vorlesen aus dem ersten Kapitel eines Buches kann Schülerinnen
und Schülern helfen, neugierig auf den Inhalt zu machen und den
Einstieg in ein Buch zu erleichtern. Foto: Markt-Huter
Lesen für Buben
Wie sich zahlreichen Studien und Erfahrungen im Unterricht entnehmen lässt, lesen Mädchen häufig mehr, lieber und besser als Buben. Auch Tests zur Lesefertigkeit bescheinigen, dass die Fähigkeit, flüssig und sinnentnehmend zu lesen, bei Mädchen und Jungen unterschiedlich ausgeprägt ist. Buben schneiden in Lesetests deutlich schlechter ab. Eine gezielte Förderung der Lesemotivation bei Jungen ist daher von großer Bedeutung. Dabei muss berücksichtigt werden, dass sie meist anders und anderes lesen als Mädchen.
Grob gesagt, lässt sich festhalten, dass Buben im Vergleich zu Mädchen im Durchschnitt seltener lesen und kürzere Texte vorziehen. Inhaltlich bevorzugen Buben Abenteuergeschichten, die in fantastischen Welten, exotischen Ländern oder vergangenen Zeiten spielen. Sie lieben es, wenn Helden sich in Kämpfen bewähren und Hindernisse bewältigen müssen. Im Mittelpunkt stehen also vor allem actionreiche und spannende Geschichten. Als Helden werden clevere, coole Typen bevorzugt, wobei auch Humor geschätzt wird, wie sich am Erfolg von „Gregs Tagebuch“ erkennen lässt, wo Humor, coole Sprüche und Comics geschickt miteinander verknüpft sind.
Von realistischen Geschichten, Liebesgeschichten also beziehungs- und problemorientierten Themen hingegen lassen sie sich weniger begeistert.
Um leseschwache Buben zum Lesen zu bringen, müssen sie auf den Inhalt so neugierig gemacht werden, dass sie unbedingt wissen wollen, wie es weitergeht und ob sich die Mühe des Lesens auch lohnt. Viele Buben, denen der Einstieg in das Lesen eines Buches schwerfällt, schätzen es, wenn sie den Inhalt einer Geschichte bereits als Verfilmung oder aus Comics kennen. Sie wissen um die Handlung und die Figuren Bescheid und schaffen so leichter den Einstieg in das Buch. Eine wichtige Einstiegshilfe in eine Klassenlektüre kann es sein, dass die Lehrperson, ohne zu viel vorwegzunehmen, den Aufbau des Buches kurz erklärt und aus dem Anfangskapitel vorliest. Auch das schafft Neugier und regt zum Weiterlesen an.
Arbeitsbücher und Materialien für Lesetagebücher:
Zahlreiche Verlage bieten zu ausgewählten Kinder- und Jugendbüchern, die sich besonders für den Schulunterricht eignen, Materialien mit buchorientierten Aufgabenstellungen, Diskussionsanregungen und Zusatzmaterial an.
Literaturtipps:
- Ingrid Hintz, Das Lesetagebuch
- Gina Weinkauff / Gabriele von Glasenapp, Kinder- und Jugendliteratur
- Kaspar H. Spinner / Jan Standke (Hg.), Erzählende Kinder- und Jugendliteratur im Deutschunterricht
- Dieter Wrobel, Individualisiertes Lesen
- Christian Weißenburger, Helden lesen!
- Carola Rieckmann, Eigenständiges Lesen
Praktische Tipps und Vorlagen für den Einsatz von Lesetagebüchern im Unterricht:
- ZUM: Lesetagebuch
- Niekao: Lesetagebuch
- VS-Material-Wegerer: Lesetagebuch
- Klett-Verlag: Ein Lesetagebuch gestalten
- Zebis Portal für Lehrpersonen: Lesetagebuch
- Auer Verlag: Lesetagebuch (Musterseiten)
- Grundschul-Ideenbox: Lesetagebuch
- Persen Verlag: Lesetagebuch
- Carlsen Verlag: Lesetagebuch
- Ravensburger Verlag: Materialien zur Unterrichtspraxis
>> Lesen von Kinder- und Jugendliteratur im Unterricht
Andreas Markt-Huter, 27-09-2019
Titelbild: Tibs-Bilderdatenbank - Lisa Kaufmann/Sandra Florian