Augusta Laar, Planet 9

augusta laar, planet 9Gedichte im Ausmaß von Planeten, das terrestrische Planetensystem, das mit der Zahl neun überschritten wird, dazu noch Fragmente und Instruktionen prägen Band zwanzig der „Neuen Lyrik aus Österreich“.

Augusta Laar hat mit „Planet 9“ Großes im Auge und bereits mit dem Motto wird jeglicher irdische Ballast abgeworfen. David Bowie: „Look up here, I am in heaven.“ In sechzig Text-Konstellationen geht es in der Folge um fertige Gedichte, die wie Planeten durch den poetischen Kosmos kreisen, um Fragmente, deren endgültige Gestalt sich nur erahnen lässt, und um Instruktionen, wie man diesem galaktischen Treiben begegnen könnte.

In Instruktion #1 heißt es etwa:

kaufe ein gebrauchtes Saturn V-Triebwerk / bei Amazon Warehouse Deals / (welcome back) und genieße die schwerkraft (8)

Das Thema wird gleich im ersten Gedicht vorgestellt, Planet 9 ist vielleicht gar kein Planet, im Sonnensystem sind üblicherweise acht Planeten als betriebsfähig gekennzeichnet, beim neunten kann es sich um etwas Neues handeln, auf jeden Fall scheint die Ellipse fix zu sein, auf der sich das Gedicht letztlich dreht.

Planet 9 wird die Erde nicht zerstören, danke der Nachfrage! (5)

Die fertigen Gedichte sind oft als Listen oder Inventarverzeichnisse angelegt, so gibt es ein vierzehnzeiliges Gedicht über Sex, der wie nach einer Liste abgearbeitet werden muss. An anderer Stelle sind David Bowies fünfundzwanzig Lieblingsplatten aufgezählt, im Mozartwürfel schließlich werden die Wahrscheinlichkeiten ausgerechnet, mit der Takte und Melodien zusammentreffen können innerhalb von einer Milliarde von Jahren.

In die Abteilung Fragmente gehören Überlegungen, inwiefern man aus einem Kniefall Buchstaben entfernen könnte, bis der ganze Kniefall als Gedicht und überhaupt zusammenbricht.

Manchmal bleibt von einem historischen Ereignis nur eine Fake-Nachricht oder ein Kurzzeiler:

Ufoabsturz // in Aurora Texas am 17. April 1897: / es gab ein offizielles begräbnis für einen außerirdischen (Houston Chronicle) (63)

Viele Bedeutungen der Wörter nimmt man als Leser zuerst einmal als kosmische Währung, wie Raumpatrouille, Rocket oder Bibliothek der Kometen, ehe man doch auf irdische, gefühlsträchtige oder musikalische Vernetzungen verwiesen wird.

So kommen Filmpartikel neu geschnitten als Gedicht zur Uraufführung, Songs von David Bowie oder Nick Cave räumen den Kopf auf und möblieren ihn mit neuen Arrangements, und Prince läuft als lyrischer Hund durch die Seite.

Und immer wieder drehen Instruktionen die bisherigen Leseerfahrungen in eine günstige Windrichtung.

Instruktion #7 // den toten vögeln gedichte vorlesen / (rufst aus dem wald) / lege den schlaf zum schlafen. (46)

Augusta Laars Planet 9 ist ein offener, unendlicher und diskussionsanregender Raum, in dem die Lyrikpartikel mit physikalisch-musikalischen Gesetzmäßigkeiten aufeinandertreffen und sich permanent anregen.

Augusta Laar, Planet 9. Gedichte Fragmente Instruktionen
Horn: Berger Verlag 2017 (= Neue Lyrik aus Österreich. Band 20), 64 Seiten, 16,50 €, ISBN 978-3-85028-769-2

 

Weiterführende Links:
Berger Verlag: Augusta Laar, Planet 9
Wikipedia: Augusta Laar

 

Helmuth Schönauer, 07-11-2017

Bibliographie

AutorIn

Augusta Laar

Buchtitel

Planet 9. Gedichte Fragmente Instruktionen

Erscheinungsort

Horn

Erscheinungsjahr

2017

Verlag

Berger Verlag

Reihe

Neue Lyrik aus Österreich. Band 20

Seitenzahl

64

Preis in EUR

16,50

ISBN

978-3-85028-769-2

Kurzbiographie AutorIn

Augusta Laar, geb. 1955, lebt in München und Wien.