Heiner Flassbeck, Der begrenzte Planet und die unbegrenzte Wirtschaft

heiner flassbeck, der begrenzte planet„Vieles steht auf dem Spiel. Manche sagen, es gehen um alles. In der Tat geht es um die Frage, ob eine wachsende und nach Wohlstand gierende Menschheit in der Lage ist, sich auf einem begrenzten Planeten so einzurichten, dass auch die den Menschen umgebende und für sein eigenes Überleben unabdingbare Natur eine Chance hat.“ (S. 7)

Wie lässt sich die Einsicht der Naturwissenschaftler, dass auf einem begrenzten Planeten kein unbegrenztes Wachstum und kein unbegrenzter Ressourcenverbrauch möglich sind, auch politisch und auf demokratischen Weg umsetzen. Heiner Flassbeck geht dieser Frage systematisch nach und zeigt sich dabei kritisch gegenüber vermeintlich einfachen Lösungen.

Bereits in den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts wurde vor der Endlichkeit der Ressourcen auf der Erde ebenso gewarnt, wie seit den 90-iger Jahren die Klimaforschung ungeahnte Folgen für die Menschheit durch die Erwärmung der Atmosphäre prophezeit. Trotzdem ist es nicht nur äußerst schwierig einen geringeren Energieverbrauch zu erreichen, sondern selbst den derzeitigen Stand zu halten.

Der wirtschaftliche Schock der Corona-Krise zeigt, welche Folge ein vom Staat verordneter Stillstand oder Eingriff in die Wirtschaft zeitigen kann.

Arbeitslosigkeit, das ist die entscheidende Botschaft dieses Buches, ist sozusagen der natürliche Gegner der Umweltbewegung. (S. 11)

Zentral sei es daher, dass wer einen Strukturwandel in Wirtschaft und Gesellschaft fordert, imstande sein muss, verlorengehende Arbeitsplätze durch neue Arbeitsplätze zu ersetzen, um den Wandel für die Masse der Menschen akzeptabel zu machen. Damit ist die Politik in ganz spezifischer Weise gefordert, die Ökologie zu einem zentralen Teil der Wirtschaft zu machen. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn eine globale Staatengemeinschaft einerseits bereit ist, die ökologischen Umstrukturierung abgestimmt zu organisieren und die wirtschaftlichen Folgen gezielt abzufedern. Dabei müsste gezielt eine Wirtschafts- und Verteilungspolitik gefördert werden, die bei demokratischen Wahlen auch von Mehrheiten unterstützt wird.

Im Kapitel „Was auf dem Spiel steht“ werden die politischen Maßnahmen der Gegenwart untersucht, wie z.B. die hehre Erklärung des Pariser Abkommens im Jahr 2015 über die künftigen Umweltziele die durch die Ergebnisse der COP25 Konferenz der größten Erdöl- und Kohleproduzenten in Madrid 2019 konterkariert worden sind. Damit hat sich gezeigt, wie schwierig eine effektive globale Energiewende politisch umzusetzen sein wird.

Auf der anderen Seite vergessen wirtschaftspolitische Forderungen nach Bescheidenheit und einem schrumpfen der Wirtschaft auf die sozialen Folgen, vor allem für Menschen, die bereits jetzt in wirtschaftlich prekären Verhältnissen leben.

Zu den weiteren Themen des Buches zählen Fragen nach der Bedeutung von Robotern für die Arbeitsplätze, nach dem Wachstum als Maß des Wirtschaftens, der deutschen Umweltpolitik als Vorbild für den Klimawandel, dem Verhältnis zwischen Ökologie und Ökonomie, was Umweltschutz kostet und wie es gelingen kann, Preise für Öl zu steuern.

Im Kapitel „Was zu tun ist“ werden verschiedene politische Ansätze in Deutschland analysiert und vor allem die gegenwärtigen Probleme bei der Umstellung auf Wind- und Solarenergie kritisch betrachtet und als globales Vorbild für ineffizient und ungeeignet erachtet. Auch der „Grünenbewegung“ und „Fridays for Future“ wird zwar ein guter Wille bescheinigt, doch würden vergessen, dass nur konkreten und bewusst koordinierte Maßnahmen und Verhaltensänderungen auf globaler Ebene nachhaltige Veränderungen erzielen können. Der Ausblick „Wie es weitergehen könnte“ ist im Vergleich mit der Analyse der gegenwärtigen Situation leider ein wenig kurz gehalten.

Heiner Flassbeck gelingt es die gegenwärtigen Probleme der Umweltpolitik und der damit verbundenen ökonomischen und sozialen Herausforderungen klar und verständlich zu analysieren und als globales Problem zu definieren. Vor diesem Hintergrund erscheinen zahlreiche Versuche auf persönlicher aber auch staatlicher Ebene als wenig wirkungsvoll. Ebenso wichtig erscheint auch der bewusste Blick auf die demokratische Umsetzung einer ökologischen Umstrukturierung der Wirtschaft und die Berücksichtigung sozialer und gesellschaftspolitischer Auswirkungen.

Ein überaus informatives und lehrreiches Sachbuch, das einen kritischen Blick auf allzu oberflächliche ökologische Forderungen auf komplexe gesellschaftliche Herausforderungen wirft und den eigenen Blick auf die großen Zusammenhänge erweitern hilft.

Heiner Flassbeck, Der begrenzte Planet und die unbegrenzte Wirtschaft. Lassen sich Ökonomie und Ökologie versöhnen
Frankfurt a. Main: Westend Verlag 2020, 176 Seiten, 18,50 €, ISBN 978-3-86489-312-4

 

Weiterführende Links:
Westend Verlag: Heiner Flassbeck, Der begrenzte Planet und die unbegrenzte Wirtschaft
Wikipedia: Heiner Flassbeck
Makroskop

 

Andreas Markt-Huter, 21-09-2020

Bibliographie

AutorIn

Heiner Flassbeck

Buchtitel

Der begrenzte Planet und die unbegrenzte Wirtschaft. Lassen sich Ökonomie und Ökologie versöhnen

Erscheinungsort

Frankfurt a. Main

Erscheinungsjahr

2020

Verlag

Westend Verlag

Seitenzahl

176

Preis in EUR

18,50

ISBN

978-3-86489-312-4

Kurzbiographie AutorIn

Heiner Flassbeck war Direktor bei der UNO in Genf. Er ist Professor für Ökonomie an der Universität Hamburg und Mitherausgeber des Blogs Makroskop mit täglichen Analysen und Kommentaren zu Wirtschaft und Politik.