Margit Oberhammer (Hrsg.), Wortkörper

Buch-CoverJe besser ein Dichter umso schlechter sein Sex. - An diese blöde Volksweisheit mag man denken, wenn man sich der Sammlung Wortkörper zuwendet.

Unter dem Genre "Prosa der Sinne" hat Margit Oberhammer dreizehn Autorinnen und Autoren eingeladen, etwas über den Umgang mit dem Körper und dessen Fleischwerdung zum Wort zu schreiben.

Als Leser geht man diese Geschichten mit zweifachem Interesse an: Wer schreibt was, und entspricht das Thema der Erzählpotenz des Autors?

Höhepunkt ist sicher die Erzählung "Leo" von Stefanie Holzer. Ein wahnwitzig potenter Mann namens Leo schiebt zu Beginn seiner Aktionen immer seine Zunge überall hinein, wo selbst der abgeklärteste User staunt. Hingerissen von dieser archaisch-animalischen Erotik geht er sich gerne selbst auf den Leim, er verführt quasi sich selbst mit brutalen Mitteln, während seine Partnerinnen höchstens als Überraschungsgast auftreten dürfen. Voller Ironie und sarkastischem Einklang mit der tierischen Erotik stellt Leo eine immerwährende ländliche Liebe vor, der man als Leser nur mit großem Schmunzeln und Gelächter halbwegs gewachsen ist.

Konventionell brutal geht es hingegen in einer One-Night-Stand-Geschichte von Wolfgang Sebastian Baur zu. Kurz vor Sperrstunde reißt ein Ich-Erzähler noch eine Partnerin auf, es kommt zur üblichen Begegnung der literarisch-körperlichen Art, die Frau betont ständig ihre Unabhängigkeit und will geschlagen werden, der Erzähler ist zu Diensten und schlägt die Frau, that's ist.

Bettina Galvani lässt die Ich-Erzählerin an der Jugend leiden. Die Erzählerin ist Lehrerin, muss mit der Erotik naturgemäß im Dienst sehr vorsichtig umgehen und wird vom giftig grellen Haar einer Schülerin magisch angezogen. Nach einem Busenvergleich endet diese aufreizend vergiftete Atmosphäre mit Seufzen und Keuschheit.

Bei Erika Wimmer ist die Protagonistin so im erotischen Schwung, dass sie glaubt, auf einem Ozeandampfer zu sein. Alles schwankt, die Äste vom Baum im Garten wuchern ins Schlafzimmer hinein und Kreisbewegungen mischen den eigenen Kreislaufs auf, die Heldin wird offensichtlich hart genommen, sie kann es selbst nicht genau sagen, so wild geht es zu.

Irene Prugger lässt einen Aal durch die Geschichte zischen und löst bei den älteren Herrschaften und ihren Damen Kreischen und eine verkniffene Angst vor allzu glitschiger Erotik aus. Der Aal ist ja kein Hai, versucht jemand zu beruhigen, aber gerade das ist es ja, in der Sexualität ist der Aal ein Hai.

Neben diesen Sinneserweckungen der erotischen Art lässt sich der Körper natürlich auch auf andere Weise nutzen. Bei Walter Klier etwa geht der Körper so lange Bergsteigen, bis er letztlich beziehungslos wird. Und Margit von Elzenbaum schickt den schönen Körper einer Krankenschwester zum Fotographen, während ihr Pflegefall den Körper gerade dem Tod anvertraut.

Margit Oberhammer (Hg.), Wortkörper. Prosa der Sinne.
Bozen: Edition Raetia 2007. 159 Seiten. EUR 17,90. ISBN 978-88-7283-310-0.

 

Weiterführender Link:
Edition Raetia: Margit Oberhammer (Hg.), Wortkörper

 

Helmuth Schönauer, 18-01-2008

Bibliographie

AutorIn

Margit Oberhammer (Hrsg.)

Buchtitel

Wortkörper

Erscheinungsort

Bozen

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Edition Raetia

Herausgeber

Margit Oberhammer

Seitenzahl

159

Preis in EUR

17,90

ISBN

978-88-7283-310-0

Kurzbiographie AutorIn

Margit Oberhammer, geb. 1952 in Toblach, lebt in Bozen.