Lisa Mayer, funke zinte zepf ahschneide
Wem gehörst denn du? fragt gleich zu Beginn ein lyrischer Geist, so wie in alten Filmen der Tourist das in Tirol am Zaun aufgestellte Mädchen fragt. - Ja wem gehören diese Gedichte und wo gehören sie hin?
Lisa Mayer stellt ihre Gedichte mitten in die Welt des 21. Jahrhunderts, obwohl der Dialekt archaisch anmutet und es auf der beigefügten CD akustisch ziemlich rund geht.
Aber wie sich eben seltene Lebewesen in ihrem uralten Lebens-Dialekt oft wunderbar neben einer Transitroute halten können, halten diese Gedichte aus den Nischen einer tirolischen Gemeinde wunderbar mit dem großen Fluxus der Lyrik mit.
Da ist zum Beispiel eine Frau einmontiert in der Einbauküche. Jemand hat sie offensichtlich bei der Montage dieses häuslichen Kerkers gleich mit einbezogen und mit montiert. Jetzt reflektiert sie aus ihrem häuslichen Bunker heraus und kann nicht genau sagen, wo bei der Welt innen und außen ist.
Ähnlich ergeht es den Menschen, die in die Fabrik gehen, es ist ihnen letztlich nicht klar, wie sich die Welt jenseits der Fabrik abspult, der Weg führt bloß vom Haus ans Tor, und wer gebückt eine schwere Bürde trägt, hat keinen weiten Blick.
So gleicht denn auch die Feldprozession einem Umzug mit eingeschränktem Blick, alle tun es, alle gehen mit, da sind die Grenzen des Horizontes bald einmal erreicht.
Neben diesen gesellschaftspolitischen Bestandsaufnahmen kümmern sich die Gedichte auch um die seltsamen Erscheinungsformen des Alltags, ein Regentropfen taucht etwa als Naseputze auf und lässt sich nicht mehr hinaufziehen, ein Säugling schläft still in der Küche vor sich hin und pfeift auf seine noch junge Welt, die Zäune in der Landschaft sind verschwunden und haben dabei die alte Semantik gleich mitgenommen.
Gedichte in Mundart lassen sich nur in inhaltlichen Zusammenfassungen darstellen. Der Sound, das Ächzen und Stöhnen im Gebälk der hautnahen Sprache können am ehesten beim Abhören der CD so halbwegs zur Literatur erweckt werden.
Die Gedichte ?führen hinein in eine Sprachwelt, die eng begrenzt, aber keinesfalls engstirnig oder engherzig ist, sie verweisen auf ein Milieu, auf Figuren, die in ihrem Sprachraum gebunden und doch auch ihm verbunden sind, auf Denkweisen und Empfindungen ? manchmal können auch zwei Wörter lange Geschichten erzählen.
Johann Holzner, Vorwort
Lisa Mayer hat ohne Schminke mit handfesten Wörtern die Welt in die Hand genommen und ihr einen einzigartigen Sound gegeben. Die schrägsten Begriffe sind jeweils auf der Gegenseite des Buches abgedruckt, aber eigentlich sind alle Wörter schräg, so dass man alles übersetzen müsste, und dann wäre diese einmalige Lyrik hin.
Lisa Mayer: funke zinte zepf ahschneide. Gedichte.
Salzburg: edition eizenbergerhof 2008. 131 Seiten. 1 CD. EUR 19,90. ISBN 978-3-901243-29-5.
Weiterführender Link:
Wikipedia: Lisa Mayer