Erika Wimmer, Die dunklen Ränder der Jahre

Buch-Cover

Der Sinn des Lebens besteht unter anderem auch aus einem historischen Bewusstsein. Es nützt offensichtlich die beste Ausstattung nichts, wenn man nicht weiß, wer man ist.

In Erika Wimmers Roman suchen Vater und Tochter letztlich ihre wahre Identität.

In achtzehn Kapiteln strömen beide auf einander zu, einmal aus der Sicht der Tochter Theresa beschrieben, einmal aus der Sicht des Vaters Cornu. Mit jedem Herzschlag treiben die Figuren auf einander zu, aber dazwischen tun sich immer öfter die sogenannten dunklen Ränder der verflossenen Jahre auf.

Das Schicksal läuft äußerlich halbwegs kalkulierbar ab. Vater Cornu ist kurz nach dem Krieg untergetaucht und hat nur dünne Spuren hinterlassen. Die Tochter Theresa ist erfolgreich umschwärmte Stewardess geworden und hat vom Vater nur ein dunkles Bild, vielleicht ist er sogar Nazi gewesen.

Allmählich werden die Jahre auseinandergerollt und das Mark des Daseins kommt zum Vorschein. Cornu hat sich erfolgreich in seiner neuen Heimat Frankreich eingerichtet, er hat bloß eines im Sinn, möglichst nichts mit Österreich oder gar Tirol zu tun zu haben und vielleicht das Leben doch noch spektakulär zu beenden. Theresa hingegen denkt an ihre karge Kindheit, wie sie letztlich mit falschen Bildern groß geworden ist und jetzt nur eines im Sinn hat, den Vater zu sehen, vielleicht auch kurz zu berühren, damit alles seine Richtigkeit hat.

In den vergangenen dreißig Jahren hat sie nie aufgegeben, sie hat durchgehalten und ihre Sache mit Bravour gemeistert. Aber einmal muss Schluss sein damit. Sie will nicht viel, sie erwartet nichts Großartiges. Eine Umarmung, ein paar Tränen der Rührung, er wird sie lieben, und damit ist sie frei. (124)

Erika Wimmer erzählt auf der ersten Folie eine Geschichte von der persönlichen Gestaltung des Lebensglücks. Erst wenn die Dinge klar ausgesprochen, die Bilder zurechtgerückt und die Geburtsumarmung geschehen ist, kann Friede werden zwischen den Zerwühlnissen der Generationen.

In einer Metaebene kommen allerhand zeitgeschichtliche Komponenten zum Vorschein, wie kann man dunkle Ränder der Vorgeschichte kaschieren, kann man jemanden lieben und akzeptieren, auch wenn sein Verhalten nicht der offiziellen Political Correctness entspricht? Und drittens kommt im Roman diese Lebenssehnsucht zum Vorschein, erst wenn man jemanden ein Leben lang sucht, kann man ihn vielleicht eines Tages finden und ihm kurz zuwinken, mehr ist in diesem Leben nicht möglich. - Eine wunderbare, langsame Geschichte, die unauffällig die Helden umkreist.

Erika Wimmer, Die dunklen Ränder der Jahre. Roman.
Wien, Bozen: folio 2009. 268 Seiten. EUR 22,50. ISBN 978-3-85256-495-1.

 

Weiterführende Links:
Folio-Verlag: Erika Wimmer, Die dunklen Ränder der Jahre
Homepage: Erika Wimmer

 

Helmuth Schönauer, 09-12-2009

Bibliographie

AutorIn

Erika Wimmer

Buchtitel

Die dunklen Ränder der Jahre

Erscheinungsort

Bozen

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

folio

Seitenzahl

268

Preis in EUR

22,50

ISBN

978-3-85256-495-1

Kurzbiographie AutorIn

Erika Wimmer, geb. 1957 in Bozen, lebt in Innsbruck.